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Hinweis im Gottesdienst auf Weltgedenktag

Inzwischen versuche ich fast jede Möglichkeit zu nutzten, auf den Weltgedenktag hinzuweisen. Wie Ihr sehen könnt, habe ich schon zweimal Interviews anläßlich des Gedenktages für Zeitungen gegeben. Aber auch in meiner Gemeinde habe ich letztes Jahr (2002) erfolgreich auf den Weltgedenktag im Gottesdienst hinweisen dürfen. Ich schrieb einfach an unseren „diensthabenden“ Pastor mit der entsprechenden Brief.

Gottesdienst am 08.12.2002

Lieber Pastor Hohensee,

am Sonntag, dem 08.12.2002 ist der weltweite Gedenktag für alle verstorbenen Kinder. Damit ihr Licht für immer leuchte, stellen an diesem Tag um 19:00 Betroffene rund um die ganze Welt im Gedenken an ihre verstorbenen Söhne, Töchter, Brüder und Schwestern brennende Kerzen in die Fenster.

Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so daß eine Lichterwelle die ganze Welt umringt.

Begleitet wird dieses „Candle Lighting“ weltweit von Aktionen wie Gedenkgottesdiensten, Lesungen, Zeitungsberichten, ….

Die Initiative dieser Aktion geht von den „Compassionate Friends“, USA aus. Diese Organisation entspricht in Deutschland der Bewegung „Verwaiste Eltern“.

Als selbst betroffene Mutter, weiß ich wie wichtig, gerade in dieser für uns nicht ganz leichten Adventszeit, dieser Tag ist. Ich möchte Sie daher bitten, ob Sie in Ihrem Gottesdienst auf diesen Tag hinweisen würden. Gerne würde ich auch selbst die Gelegenheit nutzen, im Gottesdienst dies „Candle Lighting“ vorzustellen.

Anbei finden Sie ein Flugblatt zu dem Gedenktag.

Ich werde versuchen, Sie in den nächsten Tagen telefonisch zu erreichen.

Herzliche Grüße

Pirko Lehmitz

Er meldete sich daraufhin prompt per Telefon und einen Tag später besuchte ich ihn und wir besprachen alles. Er ermutigte mich, dann auch selbst im Gottesdienst den Weltgedenktag vorzustellen und hatte selber die Idee, daß wir im Gottesdienst Kerzen verteilen an jeden, die er am Abend anzünden sollte. Er erklärte, daß er in der Predigt das Thema „Advent, warten auf was…“ habe und bat mich dann, seine Predigt zu beenden.

 

Es war ein wunderschöner Gottesdienst, denn er hatte zusammen mit dem Gospelchor extra Lieder herausgesucht, die zum Thema „Licht“ paßten. Wie zum Beispiel das Lied „Little light of mine“.

THIS LITTLE LIGHT

This little light of mine
I’m gonna let it shine.
Oh, this little light of mine
I’m gonna let it shine.
This little light of mine
I’m gonna let it shine.
Let it shine
Let it shine
Let it shine

Wie besprochen setzte ich dann seine Predigt mit fort (Text).

Text für den Gottesdienst am 08.12.2002

Auch ich habe gewartet.

Vor 5 Jahren war ich zum ersten Mal schwanger. Mein Baby sollte am 22. Dezember, d.h. so um Weihnachten herum kommen. Viele bedauerten mich : „Da wirst Du Heilig Abend wohl im Krankenhaus verbringen müssen“ Ich antwortete immer darauf: „ Was kann der liebe Gott mir schöneres zu Weihnachten schenken, als ein Baby!“

Doch dann kam alles ganz anderes. Mein Sohn kam zu Früh und starb während der Geburt. Für mich brach eine Welt zusammen. Statt zu sehen, wie er aufwächst, mußte ich ihn beerdigen. Ich zweifelte an allem, ganz besonders an mir. Ich habe dann lange auf den ersten Tag ohne Tränen warten müssen. Der Verein Verwaiste Eltern hat mir dabei unglaublich geholfen. Die ersten Weihnachten waren kaum auszuhalten: Ein leerer Bauch und leere Arme, nur ein Grab. Auch heute noch empfinde ich die Advents- und Weihnachtszeit als ganz schwierig, wie für alle Eltern, die ein Kind verloren haben. Das Fest der Familie, aber es fehlt einer.

Doch gerade in dieser für uns Verwaiste Eltern so dunklen Zeit gibt es einen Lichtblick – im wahrsten Sinne des Wortes : Heute – wie an jedem 2. Sonntag im Dezember – ist der weltweite Gedenktag für verstorbene Kinder und Geschwister.

Damit ihr Licht für immer leuchte, stellen heute um 19:00 Betroffene rund um die ganze Welt im Gedenken an ihre verstorbenen Söhne, Töchter, Brüder und Schwestern brennende Kerzen in die Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so daß eine Lichterwelle die ganze Welt umringt. Begleitet wird dieses „Candle Lighting“ weltweit von Aktionen wie Gedenkgottesdiensten, Lesungen, Zeitungsberichten, … Allein in der Bundesrepublik sind uns mehr als 60 Gedenkgottesdienste bekannt.

Ihnen wurden gerade Kerzen ausgeteilt. Wir möchten Sie einladen heute um 19 Uhr für jeden, der dieses Jahr nicht mehr bei Ihnen Weihnachten feiern kann, eine Kerze anzuzünden. Und ich wünsche Ihnen, daß Sie, wie ich spüren, sie sind nicht allein.

Nach dem Gottesdienst wurde vor der Kirche Glühwein verteilt und so bleiben viele Besucher noch eine Weile zusammen stehen. Ich bekam viele positive Rückmeldungen und eine Anfrage einer anderen Pastorin, die selber einen Gottesdienst plante und noch Texte suchte, der ich weiterhelfen konnte.

Text für den Gottesdienst am 12.12.2002

So einen Engel des Lichtes hat eine Mutter gemalt, die ihr Baby so wie ich still geboren hat. Als sie mir diesen Engel schickte, schrieb sie dazu, er soll Mut machen und sein Licht streuen.

Der Engel des Schopfungsengel2klLichts ist für Trauernde etwas ganz besonderes: Er zeigt ihnen, daß um sie herum nicht nur Dunkelheit herrscht und führt sie mit seinem Licht aus der Einsamkeit heraus. Aus diesem Grund ist auch das Anzünden einer Kerze für Trauernde ein ganz wichtiges Ritual. Mein Mann und ich haben in den ersten Monaten nach dem Tod unseres Sohnen Tobias immer, wenn wir unser Wohnzimmer betraten eine Kerze angezündet.

Ein ganz besonderer Tag für uns ist daher auch der heutige Weltgedenktag für verstorbene Kinder. Jedes Jahr am 2. Sonntag im Dezember stellen Betroffene rund um die ganze Welt um 19.00 Uhr brennende Kerzen in die Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so daß eine Lichterwelle 24 Stunden die ganze Welt umringt. Diese Lichterwelle zeigt den Eltern, daß sie nicht alleine sind.

Zusammen mit meinen anderen Söhnen werde ich heute Abend um 19 Uhr diese Kerze für Tobias anzünden und ins Fenster stellen. Vielleicht zünden auch sie heute Abend eine Kerze für ein verstorbenes Kind an und stelle sie ins Fenster.

Auch die anderen Jahre habe ich wieder in der Gemeinde auf den Weltgedenktag hinweisen dürfen (Text 2004).

Gemeindebrief03

Vielleicht habt Ihr ja auch guten Kontakt zu Euer Gemeinde und fragt einmal, ob nicht am Sonntag im Gottesdienst auf das Candlelighting hingewiesen werden könnte. Dieses Jahr ist es mir gelungen, schon vorher im Gemeindeblatt einen Hinweis mit einem eigenem Text unterzubringen.

Als wir vor ein paar Monaten nach Buchholz gezogen sind, habe ich dennoch mir ein Herz gefaßt und beim Pastor angerufen, ob ich in seinem Gottesdienst am 11.12.05 auf den Gedenktag hinweisen dürfte. Er war erst etwas unsicher, sagte es mir aber zu. Da ich gleich beim Gemeindebrief mitmachte, war es auch nicht schwer dort einen entsprechenden Artikel zu plazieren. Die Pastorin, die dort mitmacht, meldete mir sehr postive Rückmeldungen auf meinen Artikel und erklärte auch gleich, sie übernehme den Gottsdienst am 11.12.05 worüber ich mich freute. Heute also saß ich mit ihr zusammem im Gottesdienst. Da es eine neue Gemeinde ist – in meiner alten hatte ich das schon zweimal gemacht – war ich aufgeregter als sonst. Als ich an der Reihe war, ging ich nach vorne und sprach folgenden Text:

Text für den Gottesdienst am 11.12.2005

Haben Sie schon einmal beobachtet, welche Wirkung das Anzünden einer Kerze auf Sie hat? (Ich ging nach vorne zum Altar und zündete eine Kerze an) Es hat etwas ungemein beruhigendes, fast friedliches. Zur Zeit zündet jeder von uns tagtäglich eine oder auch mehrere Kerzen an. Kerzen des Adventskranzes, Kerzen der Weihnachtspyramide und am Heiligen Abend Kerzen des Weihnachtsbaumes.

Auch ich werde heute Abend wieder eine Kerze anzünden. Eine ganz besondere Kerze, die allerdings nichts mit der Adventszeit zu tun hat. Eine Kerze, die für meinen ersten Sohn Tobias brennen wird, der bei der Geburt starb. So wie viele verwaiste Eltern, denn heute ist der Weltgedenktag für verstorbene Kinder und Geschwister. Es ist sicher nicht zufällig, daß dieser Tag im Advent liegt, denn die Weihnachtszeit ist für uns verwaiste Eltern eine nicht ganz einfache Zeit: Das Fest der Familie, aber einer fehlt und wird immer fehlen. Daher ist dieser Weltgedenktag für uns so wichtig:

Jedes Jahr am 2. Sonntag im Dezember stellen Betroffene rund um die ganze Welt um 19.00 Uhr brennende Kerzen in die Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so daß eine Lichterwelle 24 Stunden die ganze Welt umringt. Diese Lichterwelle zeigt den Eltern, daß sie nicht alleine sind.

Zusammen mit meinen anderen Söhnen werde ich daher heute Abend um 19 Uhr diese Kerze für Tobias anzünden und ins Fenster stellen. Vielleicht gibt es auch in Ihrer Familie oder Bekanntenkreis ein verstorbenes Kind, für das sie heute Abend eine Kerze anzünden.

Als der Gottesdienst zu Ende war, hörte ich hinter mir auf der Bank eine ältere Dame sagen:“Ich habe drei Kinder verloren, aber von so einem Tag habe ich noch nie gehört:“ Die andere Dame drückte ihre Hände. Im Ausgang wurde ich von einer Frau aus dem Kirchenvorstand angesprochen. Sie hätte das sehr bewegt und würde gerne nächsten Samstag (dort sehen wir uns in der Kinderkirche) mit mir näher sprechen. Ich glaube, heute haben in Buchholz zumindest vier Kerzen mehr gebrannt als sonst. Und im Gedenkgottesdienst in Adendorf habe ich für die drei Kinder der älteren Dame auch drei Kerzen angezündet.

Pirko Silke Lehmitz Dezember 2005

Weltgedenktag
für alle verstorbenen Kinder,
Sonntag, 14. Dezember 2008

Manchmal ist einem gar nicht Bewusst, wie wichtig einen Dinge sind.

Tobiasgrab06Mein Sohn Tobias, den ich vor 11 Jahren still geboren haben, ist in Großhansdorf begraben, also fast 100 km von uns entfernt. Deshalb fahren wir nicht so oft zum Grab. Aber wir fahren jedes Jahr auf dem Rückweg aus unserem Urlaub, den wir ja schon seit vielen Jahren an der Ostsee verbringen, bei ihm vorbei. Im Urlaub kaufe ich dann immer etwas für das Grab, wie eine kleine Figur oder so was. Dies sowie einige von seinen Brüdern gesammelte Muscheln, bringen wir ihm dann mit. Natürlich zünden wir auch immer einen Kerze an. Dies Jahr leider nicht. Durch meinen Achillessehnenriss konnte ich nicht Auto fahren und da wir keinen 7-Sitzer mehr haben, musste ich mit der Bahnfahren. Erst als wir in Scharbeutz waren, wurde mir auf einmal klar, was das eigentlich bedeutet – ich werde nicht zum Grab können. Ich hatte noch nicht mal Lust, etwas dort für’s Grab zu kaufen. Ich hatte total unterschätzt, wie mir das fehlt und es ging mir nicht besonders damit.

Mir war einfach nicht bewusst gewesen, wie wichtig mir in den letzten 11 Jahren bestimmte Rituale geworden waren. Aber ein Ritual ist mir  ganz besonders wichtig: Jedes Jahr am zweiten Sonntag im Dezember, dem Weltgedenktag für verstorbene Kinder, zünde ich um 19 Uhr eine Kerze an für Tobias und stelle sie ins Fenster. So wie Betroffene in der ganzen Welt.  Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so dass eine Lichterwelle 24 Stunden die ganze Welt umringt. Für mich ist diese Lichterkette rund um die Welt eine schöne Vorstellung.

Pirko Silke Lehmitz
(Paulusbrief 2008)

Tipps zur Gestaltung von Gedenkgottesdiensten

Aus meinen Erfahrungen als Teilnehmer von vier Gedenkgottesdiensten in den letzen 5 Jahren, habe ich ganz persönliche Wünsche oder auch Tips zur Gestaltung von Gedenkgottesdiensten:

1. Schön ist immer ein „Motto“ unter dem der Gedenkgottesdienst steht

Besonders schön empfinde ich es immer, wenn der Gottesdienst unter einem Motte Symboleoder einem Thema steht wie z.B. der von Martina aus Schmalkalden das Thema „Schmetterlinge“ hatte oder der in der Tübinger Stiftskirche das Thema “Ich sehe deine Tränen”. Auf meinen Kalenderblättern habe ich auch immer versucht, ein Thema in den Vordergrund zu stellen, wie z.B. Thema Taube, Strand und Meer, Wüste. Wer mag kann sich hier einige Anregungen holen. Auch unter der Rubrik Meditation könnt Ihr noch einen Reihe von Texten, Gedichten und Geschichten finden

2. Texte von Betroffenen, möglichst mehrere

Auf einem Gedenkgottesdienst wurde nur ein einziger Text vorgelesen und dies war noch nicht einmal ein Text einer bzw. eines Trauernden, sondern aus dem Kinderbuch „Kleine Raupe“. Auch hier fühlte ich mich überhaupt nicht angesprochen und es wird vielen Eltern ebenso gegangen sein. Sicher, einige fanden den Text sehr schön, aber ich fand es schade, daß es so einseitig war. Daher meine Bitte: Möglichst mehrere Texte, am berührendsten finde ich immer Texte von Betroffenen Eltern oder Geschwister. Wünschenswert wäre darüber hinaus nicht nur, wenn auch Texte von Betroffenen dabei sind, deren Verlust relativ frisch ist, sondern auch von denjenigen, die schon einen längeren Weg hinter sich haben.

3. Kirchliche Rituale so wenige wie möglich

Bei meinem letzten Gedenkgottesdienst, der wie immer ein ökomenischer war, leitete der katholische Priester den Gottesdienst – offenbar ganz nach katholischer Sitte ( ich muß gestehen, ich bin evangelisch) mit einem „Sing-Sang“ zwischen Priester und Gemeinde ein. Ich hatte keinen Schimmer, was das Bedeutet, geschweige denn, daß ich mitmachen konnte. So wir mir ging es den meisten, mit der Folge, daß der Priester von dem Rest der Gemeinde kaum ein Echo erhielt. Ich empfand es alle völlig fehl am Platz.
Daher meine Bitte: Kirchliche Rituale so wenig wie möglich und wenn, einfach und für alle verständliche, wie z.B.: Predigt, „Vater unser“ und Segen.

4.  Predigt nicht abstrakt, analytisch, sondern ganz konkret und berührend

Bei dem gleichen Gedenkgottesdienst hielt dann die Pastorin eine mindestens 25 minütige Predigt über Maria und ihren Verlust. Doch so analytisch, als wenn sie vor Theologiestudenten sprechen würde. Auch da fühlte ich mich völlig fehl am Platz und das meiste der Predigt ging an mir vorbei. Von Christiane Voll habe ich zwei – wie ich finde, sehr ansprechende Predigten bzw. eine Ansprache zum Kirchentag veröffentlicht.

5. Lieder möglichst einfache, die man kennt oder leicht mitsingen kann.

Ein Gedenkgottesdienst begann mSimon_Garfunkelit einer Einspielung von Simon & Garfunkel „Bridge over Troubled Water“, dann wurde die deutsch Übersetzung vorgetragen. Für mich ein sehr gelungener Einstieg. Einige von solchen „Trauerliedern“ habe ich mit dem Text und zum Teil der deutschen Übersetzung hier gesammelt. Wenn Lieder gesungen werden, dann wäre es zum einen am bestem, wenn es bekannte Lieder sind, die man kennt und/oder wenn ein Chor zur Verstärkung dabei ist. Schön sind auch musikalische Vorträge. Einige Lieder zum Mitsingen findet Ihr mit Text und Noten im Gottesdienst von Schmalkalden.

6.   Namen aller Kinder möglichst während des Gottesdienst für alle sichtbar sein, Namen vorlesen und selbst ein Licht anzünden

Für mich und viele anderer Eltern und Geschwister hat auch der Name unserer Kindern eine ganz besondere BedGottesschmaldkalschmettereutung. Nicht ohne Grund habe ich diesem Thema eine eigenen Rubrik auf der Themenseite gewidmet. Daher empfinde ich es als unverzichtbaren Teil, daß die Namen aller Kinder für alle während des gesamten Gottesdienstes sichtbar sind. Sie sollen zeigen, wir sind nicht alleine, es gibt viele Eltern, deren Kinder gestorben sind. In dem Beispielsgottesdienst aus Schmalkalden ist dies so wunderschön gemacht worden, denn dort durften die Eltern den Namen ihres Kindes auf einen Schmetterling schreiben, der für alle sichtbar an ein blaues Tuch gehängt wurde. Der unbestrittene Höhepunkt aber jedes Gottesdienstes ist für mich das Vorlesen der Namen der Kinder und das Anzünden einer Kerze. Ein Gottesdienst ohne diesen Teil könnte ich mir überhaupt nicht vorstellen.

 7.   Etwas mit nach Hause nehmen

Ganz wichtig war es für mich immer, wenn ich vom Gottesdienst etwas mit nach Hause nehmTobiassternen kann, was ich bei uns im weihnachtlich geschmückten Haus aufstellen oder anhängen kann. So bekommt Tobias auch in dieser Adventszeit seinen Platz und der Gottesdienst begleitet mich bis einschließlich Weihnachten. Den silbernen Stern, den ich vom ersten Gedenkgottesdienst mitgenommen habe, hängt immer noch bei uns im Eßzimmer an der Lampe.

© Pirko Lehmitz, www.Stillgeboren.de 08.10.03

Gedenkgottesdienst der Selbsthilfegruppen Verwaiste Eltern Schmalkalden zum Thema Schmetterlinge

Martina Freitag aus Schmalkalden hat mir den Bericht für ihren Gedenkgottedienst 2001 zur Verfügung gestellt:

Unsere Gedenkgottesdienst am 09.12.2001 haben wir unter das Thema Schmetterlinge gestellt. Wir haben uns bemüht, für alle etwas dabei zu haben, da viele aus der Gruppe und auch aus der Region keiner Kirche angehören.

Die Schmetterlinge mit den Namen der verstorbenen Kinder wurden gut sichtbar an ein großes blaues Samttuch gehängt

Statt einer Einladung erschien ein Presseartikel “Wenn der Platz am Tisch für immer leer bleibt”, der auf unseren Gottesdienst hinwies.

Teelichter in Form eines Schmetterlings

GottesschmaldkalschmetterAm Eingang hatten wir Körbchen aufgestellt die mit bunten Schmetterlingen aus Regenbogenpapier gefüllt waren. Darauf sollten die Eltern Namen und Alter der Kinder schreiben. Beim Verlesen der Namen baten wir die Eltern, eine Kerze anzuzünden.

Gottesschmaldkalteelret06Wir haben Teelichter in Form eines Schmetterlings auf den Boden gelegt und diese wurden dann brennend auf eine ,,Kerzentreppe“ gestellt. Die Schmetterlinge mit den Namen haben wir dann gut sichtbar an ein großes blaues Samttuch gehangen.

Gottesschmaldkaltrep07Nach dem Gottesdienst an dem etwa 60-70 Menschen teilnahmen, haben wir noch zu Kaffee und Kuchen eingeladen und auch gute Gespräche geführt. Im Ganzen war der Gottesdienst etwas zu lang (war eben unser erster Versuch) aber ich denke trotzdem gelungen.

In diesem Jahr steht das Thema Liebe und wir wollen auch einen Büchertisch anbieten. Außerdem haben wir vor jedem noch eine Kerze mit nach Hause zu geben für das Candle Lighting um 19.00 Uhr.

Wir lassen auch jedes Jahr ein Video von dem Gottesdienst aufzeichnen.

Inhalt

Ablaufplan mit Texten, Liedern und Gedichten sowie Zeitungsbericht.

Ablaufplan

Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder
           am 09.12.2001 um 15.00 Uhr
Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde in Schmalkalden

1.   Musikeinspielung aus Tarzan
Phil Collins                Zwei Welten, Dir gehört mein Herz
2.   Begrüßung, Gebet
3. Giaconda Belli: Die Werkstatt der Schmetterlinge,
Kurzfassung des Märchens
4.  Verlesen der Namen der verstorbenen Kinder und Anzünden der Kerzen
Hintergrundmusik Butterfly Kisses
5. Lied : Meine engen Grenzen (alle)
6. Text
Blühende Wiesen
Vorwort von Dr. Gottfried Siebel (Theologe und Krankenseelsorger) aus
dem Buch ,,Jedes Ende ist ein strahlender Beginn“ von Elisabeth
Kübler-Ross
 7. Lied: Keiner ist wie du (Jugend)
8. Predigttext
Musikstück: Linda Richter
9.  Gedicht: Alles in dir hat Flügel
10.Lieder: Wie auf dunklem Weg ein Licht
11.  Manches Ende ist ein Anfang (Jugend)
12. ,,Brief an einen krebskranken Jungen“ aus ,,Kinder und Tod“ von Elisabeth Kübler-Ross
13.Lied: Wie ein Fest nach lange Trauer (alle)
14. Text – Walter Trout Bänd: Sweet Butterfly Walter Trout – Sweet Butterfly (Sophie’s Song)}vom Album „Livin‘ Every Day“

15.  Marie-Luise Wolfing: Der Segen der Trauemden
16.Abschlußsegen
17. Musikeinspielung:
Manus Müller-Westemhagen – Durch deine Liebe

 

Hat dort drüben im Nachbarhaus auch gerade jemand eine Kerze ins Fenster gestellt?

In einer großen Stadt wie unserer geht man seinen Weg. Stress und Hektik an jeder Ecke. Keine Zeit, sich um die Nächsten zu kümmern. Was interessiert es schon, was der Nachbar macht, wie es ihm geht oder wie er heißt. Man kommt nach der Arbeit nach Hause und will nur eins: seine Ruhe. Man schließt die Tür und alle anderen sind vergessen.

Ob ich lache oder weine, keiner hört es, keinen interessiert es.

Gestern war das *Worldwide Candle Lighting*. Ein Meer aus Kerzen sollte sich seinen Weg rund um die Erde suchen, wie eine riesen Welle. Es war kurz vor neunzehn Uhr. Ich machte die Kerzen bereit, eine für jedes meiner beiden Sternchen, eine für das Sternchen einer ganz lieben Freundin und eine für all die anderen Sternchen.

Unaufhörlich rückte der Zeiger weiter auf der Uhr. Noch drei Minuten, noch zwei, noch eine… …und dann zündete ich alle vier Kerzen an. Es sah wunderschön aus. Ich schaute zum Himmel, der sternenklar erschien. Die schmale Sichel des Mondes lugte um die Hausecke. ‚Wunderbar‘, dachte ich, ‚Petrus meint es gut und hat die Wolken verscheucht, damit unsere Sternchen all diese vielen wunderschönen Lichter sehen können.‘

Doch was ist das???

Hat dort drüben im Nachbarhaus auch gerade jemand eine Kerze ins Fenster gestellt? Ich löschte die Deckenlampe im Wohnzimmer und starrte wie gebannt zum Haus gegenüber. Tatsächlich! Im Schein der Kerze erkannte ich jemanden, dessen Blick sich, so wie meiner, zum Sternenhimmel erhob. Mir stockt der Atem. Tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf: wer ist das? wie fühlt sie/er sich? An wen denkt sie/er? wieviele Sternchen hat sie/er? Eins oder sogar mehr? Wann musste sie/er es/sie gehen lassen? Wie ist es passiert?… Mein Kopf fing an zu schwirren. Ich hatte das Gefühl kurz vor einer Ohnmacht zu stehen. Noch nie hatte ich einen Gedanken an die Menschen im Haus gegenüber verschwendet. Nie habe ich mich für sie und ihre Probleme interessiert. Doch auf einmal ist alles anders. In diesem Verwirrspiel der Gefühle hatte ich plötzlich das Bedürfnis aus dem Haus zu laufen, zum Haus gegenüber, und diesen mir völlig unbekannten Menschen in die Arme zu schließen und die Trauer mit ihm zu teilen. Denn wir sind uns näher, als ich je vermutet hätte.

Sabine mit Anna-Julia und Sven ganz tief in meinem Herzen

Weltgedenktag – dieser Tag im Jahr gehört Tobias, ganz offiziell

Ein Tag im Jahr gehört Tobias, ganz offiziell. Sonst bleibt oft wenig Raum für unseren ersten Sohn, der bei der Geburt starb. Wir haben inzwischen noch zwei weitere Jungen, Pascal (4 Jahre) und Gideon (2Jahre), die natürlich unsere volle AufmerksamCidi01keit fordern und das ist auch gut so. Aber an jedem zweiten Dezember im Jahr, am Weltgedenktag für alle verstorbenen Kinder, da nehme ich mir den Raum für Tobias und meine Erinnerungen an ihn. Alle anderen Termine an diesem Adventssonntag lehne ich ab mit dem Hinweis auf den Gedenktag und den Gedenkgottesdienst, den ich jedes Jahr in Adendorf bei Lüneburg besuche.

Gerade in dieser für verwaiste Eltern so schwierigen Weihnachtszeit ist ein solcher Tag wichtig. Weihnachten, das Fest der Familien, doch einer wird an diesem Tag fehlen. Vor 6 Jahren war ich zum ersten Mal schwanger. Tobias sollte am 22. Dezember, d.h. so um Weihnachten herum kommen. Viele bedauerten mich : „Da wirst du Heilig Abend wohl im Krankenhaus verbringen müssen“ Ich antwortete immer darauf: „ Was kann der liebe Gott mir schöneres zu Weihnachten schenken, als ein Baby!“

Durch diesen Gedenkgottesdienst hat Tobias einen Platz im Advent und inzwischen auch am Heiligen Abend. Mit meinen beiden anderen Jungs zünde ich wie viel verwaiste Eltern auf der Welt um 19 Uhr eine Kerze für unseren verstorbene Sohn an und auch Pascal und Gideon spüren, daß diese Kerze etwas ganz besonderes ist.

Auch im Gedenkgottesdienst hat für mich das Anzünden einer Kerze , die dann vorne vor dem Altar mit den Kerzen der anderen steht, eine große Bedeutung. So viele Kerzen für so viele Kinder, die nicht mehr bei uns sind und doch in diesem Augenblick uns so nah, wie sonst kaum. Jede Kerze steht für so viele Erinnerungen, Liebe und Sehnsucht.

Ein ganz wichtiges Ritual ist es auch im Gottesdienst, daß die Namen der Kinder vorgelesen werden, gerade für uns Eltern von Kindern, die bei der Geburt starben. Denn die Eltern von totgeborenen Kindern werden fast nie nach deren Namen gefragt, aber auch sonst wird der Name totgeschwiegen, aus Angst, man könnte Wunden aufreißen. Und so ist es für mich eben etwas besonderes, daß Tobias Name vorgelesen wird.

Ob ich diese Jahr auch wieder zum Gottesdienst fahren kann, daß weiß ich nicht so genau, denn ich bin wieder schwanger und unser Baby ist für den 12. Dezember angekündigt, wieder ein Adventskind. Aber auf jeden Fall werde ich am Abend eine Kerze anzünden und an meinen Tobias denken.

© Pirko Lehmitz, www.Stillgeboren.de 2003