Folgeschwangerschaft – Florian

von Kathrin Demleitner

Er gehört zu uns

 

Allerheiligen. Die katholische Kirche gedenkt ihrer Verstorbenen. Gleichzeitig beginnt mit dem ersten November jene graue, trübe, nasskalte Zeit, die so auf das Gemüt schlägt – Totenmonat eben.

Ich stehe am Grab meines Sohnes. Ich bin schwanger, an meiner Hand unser gut einjähriges „Nachfolgebaby“. Der Herr gibt, der Herr nimmt – wer könnte die Worte des Pfarrers besser nachempfinden als ich? Maximilian ist gestorben, als er eigentlich anfangen sollte zu leben. In der 41. Schwangerschaftswoche, genau drei Tage nach dem errechneten Geburtstermin, war er tot. Keine Herztöne mehr, kein Zappeln mehr in meinem Bauch, nichts. Ausgerechnet die Nabelschnur, lebensnotwendig für den kleinen Mensch, hat dieses sein Leben beendet, zog sich zu um seinen Hals. Für meinen Mann und mich hat unser Kind gelebt, auch wenn es tot zur Welt kam. Er war diese 40 Wochen lang Teil unseres Lebens, unserer Gefühle und Gedanken. Er war unsere Hoffnung, unsere Zukunft. Mit ihm starb ein Teil dieser Hoffnung und Zukunft, vor allem starb das Vertrauen, das Gedankenlose, die vermeintliche „Es-wird-schon-gut-gehen“-Sicherheit. Wir haben um das Mäxchen getrauert, jeder auf seine Art. Wir haben den Schmerz gespürt und aushalten müssen, die Leere, die Sehnsucht, die Wut. Auch heute noch, nach fast drei Jahren – ist es wirklich schon so lange her? – gibt es Momente der unendlichen Trauer, manchmal völlig ohne jeden äußeren Anlaß. Das Mäxchen und sein Tod gehören zu unserem Leben dazu, er gehört zu uns.

Allerheiligen ist der Tag, den wir seinem Andenken gewidmet haben. Ein bisschen bunter und fröhlicher als üblich versuchen wir, das Grab zu gestalten – aber kann es ein kindgerechtes Grab überhaupt geben? Ich empfinde das einfach nur als eine Grausamkeit.

Letztes Jahr im Sommer, eineinhalb Jahre nachdem wir das Mäxchen verloren hatten, ist Florian geboren, gesund und munter, und doch hat auch er etwas von unserer, meiner Trauer mitbekommen. Er hat mit mir über dreißig Vorsorgeuntersuchungen mitgemacht, er hat meine Angst vor einer notwendigen Penicillinbehandlung in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten gespürt, er hat das permanente Hineinhorchen und Warten auf auch nur allerkleinste Bewegungen erlebt, er ist in einer dauernden Anspannung in meinem Bauch gewachsen. Als Florian dann endlich da war – wieder eine Woche zu spät! – ist zwar natürlich viel von dieser Angst, es könnte wieder etwas schief gehen, von mir abgefallen, aber die Angst um mein Kind ist mir geblieben. Was gibt es da schließlich nicht noch alles: Herzfehler, Lungenschäden, bislang noch unzureichend erforschte Enzym- und Stoffwechselkrankheiten, Gendefekte, plötzlicher Kindstod… Ich musste erst wieder zu mir selbst und dann zu meinem lebenden Kind finden, bevor ein weitgehend angstfreies, entspanntes und harmonisches Miteinander möglich war. Heute, bei der zweiten „Folgeschwangerschaft“, wird mir klar, wir sehr unter Druck alle Beteiligten von Anfang an bei Florians Entstehen und Wachsen waren. Alleine schon bis ich überhaupt wieder schwanger war, war eine unglaublich belastende Zeit, die Schwangerschaft selbst war neben dem psychischen Stress nach der Totgeburt alles andere als komplikationslos – ich bin froh, dass wir diese Zeit überstanden haben, dass wir sie letztendlich gut überstanden haben.

Jetzt bin ich das dritte Mal schwanger. Völlig ungeplant hat sich dieses Kind in unser Leben geschmuggelt. Zwar wollten wir noch ein drittes Kind, aber nicht so schnell. Ich wollte, nachdem Florian abgestillt war, erst wieder ein wenig Zeit für mich selber haben, vor allem auch körperlich hatte ich mich auf eine Ruhephase eingestellt. Florian war ein sehr anstrengendes Baby, erst nachdem ich krank geworden war, haben wir wirklich eingegriffen. Diese neue Situation, in der wir alle viel zufriedener waren und es nach wie vor sind, wollte ich erst einmal ein bisschen genießen, mit dem Florian zusammenwachsen und mich dann auf ein neues Kind einstellen. Da war ich dann schon wieder schwanger. Erst wollte ich es gar nicht wahrhaben, inzwischen freue ich mich so auf den Zwerg, dass ich mir gar nichts anderes mehr vorstellen kann. Und die Schwangerschaft selber war bisher auch so grundverschieden von den vorhergehenden, dass ich richtig zuversichtlich bin. Natürlich habe ich auch um dieses Kind Angst, je näher der Termin rückt, um desto mehr, aber zum einen lenkt der Florian so ab, fordert seine Rechte und Bedürfnisse ein, dass meine Schwangerschaft eher nebenbei und viel selbstverständlicher stattfindet, zum anderen ist der kleine Mann selbst ja das tagtägliche Beispiel für ein glückliches Ende. Komplikationen gab es bisher auch keine, ich nehme „nur“ die üblichen Vorsorgeuntersuchungen, allerdings immer mit Ultraschall, wahr – manchmal denke ich, dass das dicke Ende schon noch kommen wird, denn bei dem Mäxchen hatte ich auch eine vollkommen reibungslose Schwangerschaft hinter mir und nicht sozusagen schon etwas „abgeleistet“ wie bei dem Florian. An Solche mehr oder weniger idiotischen Gedanken lernt man, sich zu gewöhnen, weil sie einfach immer wieder kommen. Auch das gehört dazu.

Ich stehe an Mäxchens Grab. In mir ist eine merkwürdige Mischung aus Trauer, Schmerz, Angst, Hoffnung, Freude und sogar einem kleinen Stück Vertrauen. Ich weiß nicht, ob ich den Tod meines Kindes verarbeitet habe, ob ich darüber hinweg bin, wie man so sagt. Ich weiß nur, dass ich trotz der immer wiederkehrenden Trauer meinen Frieden damit gemacht habe, dass mein Sohn eben nicht neben mir steht und meine Hand hält, sondern wir ihn hier beerdigt haben. Geblieben ist meine Liebe und Sehnsucht nach ihm, ein Stück Leere und ein sehr großes Bewusstsein um das Geschenk des Lebens. Mein Leben ist ein anderes, ich bin eine Andere, seit ich meinen Sohn tot zur Welt gebracht habe – und seit ich meinen zweiten Sohn lebend geboren habe. Ich weiß auch nicht, warum das alles so passiert ist, wie es passiert ist, aber ich bin sicher, dass ein tieferer Sinn dahintersteckt, ohne dass ich in der Lage bin, ihn zu erkennen.

reude: endlich bist Du da
iebe
hne Angst geht es nicht
uhe ist ein Fremdwort
I    ch muß Dich und mich erst finden
nfang
ie vergesse ich das Mäxchen                                                                                             
November 2000

 

reude wächst
hne Überhand zu gewinnen
iebe fängt an
rösser zu werden
rinnerungen werden wach:
o war`s beim Mäxchen auch
ourage manchmal
offnung immer
issen
bsolute Sicherheit gibt es nicht
ie verzweifeln
lück gibt es auch für uns
in Kind, eine
ichtige Familie
cheint Wirklichkeit werden zu können, die
hancen stehen gut, sagen die Ärzte
elfen mit eindeutigen Untersuchungsergebnissen
ber das Aber bleibt
ingerzeige immer noch auf den
od                                                                                                    
              26.01.1999

Folgeschwangerschaft – Lena

von Monika Günther

Für die, die mich nicht kennen: ich habe 1/98 meine Tochter Lara tot zur Welt gebracht. 14 Monate später entschied ich mich für ein neues Kind.

Wie Du weißt, habe ich mich sehr bewußt für Lena entschieden; trotzdem habe ich mir während der Schwangerschaft oft die Frage gestellt, ob ich schon bereit bin für dieses neue Leben. Wie oft habe ich mir nachts die Frage gestellt, was wohl wäre, wenn dieses Kind in meinem Bauch auch wieder stürbe.

Als ich gerade anfing zu vertrauen, begannen die Komplikationen. (Und davon hatte ich reichlich in dieser Schwangerschaft.) Bis Lena eben 10 Wochen zu früh auf die Welt kam.

Und da lag ich nun. Wieder allein und mit leeren Armen. Ich besuchte sie. Eigentlich tat ich den ganzen Tag nichts anderes, als sie besuchen, abpumpen und beten. Die Ärzte sagten, es gäbe nichts zu befürchten, aber ich glaubte ihnen nicht. Ich hoffte, daß sie Recht hätten; und sie hatten Recht. Mir half damals unser kleines Abschiedsritual  für Lara, denn es machte dem Gefühl der Wiederholung ein Ende. Vielleicht war es aber auch Zufall, daß ich plötzlich vertrauen konnte.

Mutterschutz

Diese rechtlichen Informationen gelten nur für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. In der Schweiz und in Österreich gibt es andere Gesetze, die gerade diesen Bereich anders regeln.

1. Definition der rechtlichen Begriffe

§ 29 PSTGAVO (Ausführungsverordnung zum Personenstandsgesetz)

    (1) Eine Lebendgeburt, für die die allgemeinen Bestimmungen über die Anzeige und die Eintragung von Geburten gelten, liegt vor, wenn bei einem Kinde nach der Scheidung vom Mutterleib entweder

    das Herz geschlagen oder die Nabelschnur pulsiert oder die
    natürliche Lungenatmung eingesetzt hat.

    (2) Hat sich keines der in Absatz 1 genannten Merkmale des Lebens gezeigt, beträgt das Gewicht der Leibesfrucht jedoch mindestens 500 Gramm, so gilt sie im Sinne des § 24 des Gesetzes als ein totgeborenes oder in der Geburt verstorbenes Kind.

    (3) Hat sich keines der in Absatz 1 genannten Merkmale des Lebens gezeigt und beträgt das Gewicht der Leibesfrucht weniger als 500 Gramm, so ist die Frucht eine Fehlgeburt. Sie wird in den Personenstandsbüchern nicht beurkundet.

    a) Lebendgeburt

Die Geburt ist gemäß § 29 Abs. 1 AVO-PStG (Ausführungsordnung zum Personenstandsgesetz) eine Lebendgeburt,
wenn bei einem Kinde nach der Scheidung vom Mutterleib entweder

  •         das Herz geschlagen oder
  •         die Nabelschnur pulsiert oder
  •         die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat.

Es wird nicht unterschieden, ob das lebend geboren Kind lebensfähig oder lebensunfähig ist, welches Geburtsgewicht oder welche Geburtslänge es und wie lange es gelebt hat.

    b) Totgeburt

Bei einer Totgeburt im rechtlichen Sinne handelt es sich, wenn ein Kind totgeboren wurde oder in der Geburt verstorben ist, d.h. sich keines der in § 29 Abs. 1 AVO-PStG (siehe oben unter Lebendgeburt) genannten Merkmale des Lebens gezeigt hat, das Gewicht des Kindes aber mindestens 500g beträgt.

    c) Fehlgeburt

Eine Fehlgeburt liegt vor, wenn das Gewicht des Kindes bei der Geburt weniger als 500g beträgt und sich keines der in § 29 Abs. 1 AVO-PStG (siehe oben unter Lebendgeburt) genannten Merkmale des Lebens gezeigt hat.

    e) Frühgeburt

Um eine Frühgeburt handelt es sich, wenn das Kind, bei Mehrlingsgeburten das schwerste der Kinder, ein Geburtsgewicht unter 2500 g hat. Gleichzusetzen sind solche Geburten, bei denen  das Kind trotz höheren Geburtsgewichts wegen noch nicht voll ausgebildeter Reifezeichen ( an Rumpf, Haut, Fettpolster, Nägeln, Haaren und äußeren Geschlechtsorganen) oder wegen verfrühter Beendigung der Schwangerschaft einer wesentlichen Pflege bedarf. Die Feststellung dieser Voraussetzungen obliegt der Hebamme oder dem Arzt.

Eine Frühgeburt kann auch eine Totgeburt sein, wenn das Gewicht des Kindes mindestens 500g und höchstens 2500 g betragen hat BSG (Bundessozialgericht) 15.5.1974 BSGE 37 S. 216.

2. Mutterschutz

§ 6 MuSchG Beschäftigungsverbote nach der Entbindung

Gesetzesänderung seit Juni 2000

(1) Mütter dürfen bis zum Ablauf von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbindungen verlängern sich die Fristen nach Satz 1 zusätzlich um den Zeitraum der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 , der nicht in Anspruch genommen werden konnte. Beim Tod ihres Kindes kann die Mutter auf ihr ausdrückliches Verlangen ausnahmsweise schon vor Ablauf dieser Fristen, aber noch nicht in den ersten zwei Wochen nach der Entbindung, wieder beschäftigt werden, wenn nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht. Sie kann ihre Erklärung jederzeit widerrufen. (1

    Altes Recht bis Juni 2000

  (1) Wöchnerinnen dürfen bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindungnicht beschäftigt werden. Für Mütter nach Früh- und Mehrlingsgeburtenverlängert sich diese Frist auf zwölf Wochen, bei Frühgeburten zusätzlich umden Zeitraum, der nach § 3 Abs. 2 nicht in Anspruch genommen werden konnte. Beim Tode ihres Kindes kann die Mutter auf ihr ausdrückliches Verlangenschon vor Ablauf dieser Fristen wieder beschäftigt werden, wenn nachärztlichem Zeugnis nicht dagegen spricht. Sie kann ihre Erklärung jederzeitwiderrufen.

    § 3 MuSchG Beschäftigungsverbote für werdende Mütter

    (2) Werdende Mütter dürfen in den letzten sechs Wochen vor der Entbindungnicht beschäftigt werden, es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistungausdrücklich bereit erklären; die Erklärung kann jederzeit widerrufen werden.
Mit der Geburt des Kindes beginnt die zweite Mutterschaftsschutzfrist , die bei einer normalen Geburt und einer Totgeburt acht Wochen andauert, bei einer Mehrlingsgeburt oder einer Frühgeburt zwölf Wochen. Für Mütter nach Frühgeburten wird die 12-wöchige Schutzfrist nach der Entbindung und gleichzeitig die Anspruchsdauer auf Mutterschaftsgeld um den Zeitraum verlängert, um den die Schutzfrist vor der Entbindung nicht in Anspruch genommen werden konnte.

Seit einer Gesetzesänderung im Juni 2002 wird auch bei Geburten, die keine Frühgeburten sind, bei denen das Kind aber vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommt , die zweite, mit der Geburt des Kindes beginnende Mutterschaftsschutzfrist um den Zeitraum verlängert, um den die Schutzfrist vor der Entbindung nicht in Anspruch genommen werden konnte.

    a) Lebendgeburt und Tot des Kindes nach der Geburt

Normalerweise hat jeder Mutter gemäß § 6 MuSchG (Mutterschutzgesetz) nach der Entbindung einen Anspruch auf 8 Wochen Mutterschutz, in dem die Mutter nicht beschäftigt werden darf. Dieser Schutz erhöht sich bei Früh- (siehe dort) und Mehrlingsgeburten auf 12 Wochen. Die Dauer der Schutzfrist von 8 Wochen bei Normalgeburten und von 12 Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten ist für alle Frauen gleich. Eine Verlängerung oder Verkürzung ist auch nicht in Ausnahmefällen zugelassen.

Wie bereits oben beschrieben, wird hierbei nicht unterschieden, ob das lebend geboren Kind lebensfähig oder lebensunfähig ist, welches Geburtsgewicht oder welche Geburtslänge es und wie lange es gelebt hat. Auch wenn das Kind während des Mutterschutzes stirbt, hat die Mutter Anspruch auf den vollen weiteren Mutterschutz Zmarzlik/Zipper/Viethen, MuSchG, 8. Auflage 1999, § 6 MuSchG Rdz. 18 .

In § 6 Abs. 1 S. 3 MuSchG ist vorgesehen, daß die Mutter beim Tode ihres Kindes auf ihr ausdrückliches Verlangen schon vor Ablauf dieser Fristen wieder beschäftigt werden kann, wenn nach ärztlichem Zeugnis nicht dagegen spricht. Dies Bedeutet, sofern die Mutter es möchte, sie schon vor Ablauf der Schutzfrist wieder arbeiten darf. Der Arbeitgeber muß sie allerdings nicht in dieser Zeit beschäftigen, d.h. die Mutter hat keinen Anspruch auf Beschäftigung. Auf der anderen Seite kann der Arbeitgeber aber auch eine Wiederaufnahme der Arbeit nicht verlangen.

Sie kann ihre Erklärung gemäß § 6 Abs. 1 S. 4 MuSchG Vorzeit wieder arbeiten zu wollen jederzeit widerrufen, wobei dieser Widerruf weder an Fristen noch an eine Form gebunden ist.

     b) Frühgeburt

Nach einer Frühgeburt erhöht sich der normale Mutterschutz von 8 Wochen auf 12 Wochen. Darüber hinaus steht der Mutter – bereits nach dem altem Recht – zusätzlich der Zeitraum zu, der nach § 3 Abs. 2 MuSchG (6 wöchiges Beschäftigungsverbot vor der Entbindung) nicht in Anspruch genommen werden konnte, so daß einer Mutter bis zu 18 Wochen Mutterschutz zustehen kann.

    c) Totgeburt

Das es sich bei einer Totgeburt auch um eine Entbindung im Sinne von § 6 MuSchG handelt, stehen solchen Müttern auch ein entsprechender Mutterschutz zu, d.h. zumindest die normalen 8 Wochen. Da eine Totgeburt auch eine Frühgeburt sein kann, sofern das Gewicht des Kindes mindestens 500g und höchsten 2500g betragen hat, verlängert sich im diesen Fall die Schutzfrist auf 12 Wochen. Nach neuem Recht wird der Mutterschutz unabhängig davon, ob es sich um eine Frühgeburt handelt auch um den Zeitraum verlängert, um den die Schutzfrist vor der Entbindung nicht in Anspruch genommen werden konnte, d.h. bis zu 6 Wochen also insgesamt können der Mutter bis zu 18 Wochen zustehen.

    d) Fehlgeburt

Die Fehlgeburt wird rechtlich nicht als Entbindung angesehen mit der Folge, daß einer Mutter kein entsprechender Mutterschutz zusteht BAG (Bundesarbeitsgericht) 16.2.1973, AP Nr. 2 zu § 9 MuSchG 1968. Mit der Fehlgeburt scheidet die Mutter aus dem Geltungsbereich des MuSchG ganz aus. Sie haben lediglich den normalen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle.

    e) Schwangerschaftsabbruch

Bis zum Urteil des BAG (Bundesarbeitsgerichts vom 15.12.2005 2 AZR 462/04) wurde der Schwangerschaftsabbruch ebenfalls nicht einer Entbindung gleichgestellt mit der Folge, das Mutterschutzrecht keine Anwendung fand. Begründet wurde dies damit, daß der Schwangerschaftsabbruch im Gegensatz zur Entbindung nicht auf Leben, sondern auf den Tod des Kindes gerichtet sei (vgl. Zmarzlik/Zipper/Viethen, MuSchG, 8. Auflage 1999, § 6 MuSchG Rdz. 18, ebenso Buchner/Becker, MuSchG, BErzGG, 6. Auflage1998, § 1Rdz. 140.)

Nach dem BAG (Bundesarbeitsgerichts vom 15.12.2005 2 AZR 462/04, BAG MDR 2006 R 15) besteht auch Mutterschutz nach einer medizinisch indizierten Einleitung der Geburt, sofern das Kind ein Gewicht von mindestens 500 g hat. Auszug aus der Pressestelle des BAG hier.

Graphische Übersicht über den MutterschutzMutterschutzgraphneu

Pressemitteilung Nr. 80/05

Mutterschutzrechtlicher Sonderkündigungsschutz nach medizinisch-indizierter Einleitung der Geburt

Die schwangere Klägerin arbeitete seit dem 15. September 2002 in der Rechtsabteilung der Beklagten. Der voraussichtliche Entbindungstermin sollte der 1. Mai 2003 sein. Anlässlich einer Vorsorgeuntersuchung im Dezember 2002 wurde eine Funktionsstörung der Nieren des ungeborenen Kindes festgestellt (sog. Potter-Syndrom), die zum sicheren Tod des Kindes noch während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt geführt hätte. Auf ärztlichen Rat wurden am 26. Dezember die Wehen medikamentös eingeleitet. Am 28. Dezember brachte die Klägerin einen toten Jungen mit einem Gewicht von 600 Gramm zur Welt. In der Todesbescheinigung ist angegeben, dass das Kind in der Geburt verstorben ist. Die Klägerin teilte am 30. Dezember 2002 der Beklagten mit, die Schwangerschaft sei abgebrochen worden und das Kind gestorben. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 5. März 2003 das Arbeitsverhältnis der Klägerin fristgemäß. Mit ihrer Klage hat sich die Klägerin gegen diese Kündigung mit dem Hinweis gewandt, diese sei nach § 9 Abs. 1 MuSchG unzulässig. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Sonderkündigungsschutz für Mütter finde vorliegend keine Anwendung, weil auch ein medizinisch indizierter Schwangerschaftsabbruch keine „Entbindung“ im Sinne des Gesetzes sei.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesarbeitsgericht der Klage stattgegeben.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während einer Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig. Eine Entbindung im Sinne der Norm ist ua. in Anlehnung an entsprechende personenstandsrechtliche Bestimmungen (§ 21 Abs. 2 PStG iVm. § 29 Abs. 2 PStV) dann anzunehmen, wenn die Leibesfrucht ein Gewicht von mindestens 500 Gramm hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kind lebend oder tot geboren wird. Das gilt auch bei einer medizinisch indizierten vorzeitigen Beendigung der Schwangerschaft. Dies entspricht dem Sinn und Zweck von § 9 Abs. 1 MuSchG, ua. einen Schutz für die durch die Schwangerschaft und den Geburtsvorgang entstehenden Belastungen der Frau zu gewähren.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 2 AZR 462/04 –

Vorinstanz: LAG München, Urteil vom 14. Juli 2004 – 5 Sa 241/04 

Hinter dem Vorhang

Zwischenhaltgottesdienst
der St.Paulus Gemeinde Buchholz i.d.N.
vom 16. November 2008

Zwischenhalt0811Gestern war der besondere Gottesdienst zum Thema „Hinter dem Vorhang“, in dem ich interviewt werden sollte. Am Nachmittag war ich dann doch schon recht aufgeregt, auch wenn die Fragen vorher in einem sehr netten Gespräch mit dem Pastor abgesprochen waren. Aber es ist lange her, dass ich so öffentlich Tobias Geschichte erzählte habe und über meine Trauer berichtete.

Ich war etwas früher da und Michael und die anderen aus dem Team begrüßten mich ganz herzlich. Der Gottesdienst begann wie immer mit einem Lied der Band.

Gestern: „Über den Horizont“ von Udo Lindenberg mit der Zeile

Hinterm Horizont geht´s weiter
ein neuer Tag
hinterm Horizont ,immer weiter
zusammen sind wir stark

Dann gab es eine Begrüßung und Einführung ins Thema.

Und das erste gemeinsame Lied wurde gesungen: „Meine Zeit steht in Deinen Händen

Die Zwischenhaltband

Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir.
Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden.
Gibt mir ein festes Herz, mach es fest in dir.

Sorgen quälen und werden mir zu groß.
Mutlos frag ich: Was wird morgen sein?
Doch du liebst mich, du lässt mich nicht los.
Vater, du wirst bei mir sein.

Hast und Eile, Zeitnot und Betrieb
nehmen mich gefangen, jagen mich.
Herr, ich rufe: Komm und mach mich frei!
Führe du mich Schritt für Schritt.

Es gibt Tage, die bleiben ohne Sinn.
Hilflos seh ich, wie die Zeit verrinnt.
Stunden, Tage, Jahre gehen hin,
und ich frag, wo sie geblieben sind.

Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir.
Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden.
Gibt mir ein festes Herz, mach es fest in dir.

Danach war ich dann schon dran. Interviewt hat mich mein Lieblingspastor Michael Wabbel. Wir standen vorne zusammen an so einem Bistrotisch. Ich versuche jetzt mal das Interview so aus meinem Gedächtnis widerzugeben:

Michael: Vielen Dank Pirko, dass heute Abend hier her gekommen bist. Bitte erzählen, was vor 11 Jahren Euch geschehen ist.

Pirko: Vor 11 Jahren war ich 30, hatte zwei Jahre zuvor mein Studium und Ausbildung beendet und wir beschlossen, dass es schön wäre, wenn wir jetzt ein Kind bekämen. Ich wurde auch sofort schwanger und war so überglücklich. Ende der 23 Schwangerschaftswoche bekam ich dann allerdings einen Infekt mit Streptokokken, wie sich später herausstellte. Dieser führte zu Vorzeitigen Wehen. Ich bin dann noch vom Mariahilf ganz spektakulär mit Blaulicht ins Krankenhaus Altona gebracht worden. Sie hofften noch, sie würden die Wehen zum Stillstand bekommen, leider nicht. Es kam zur Geburt und unter der Geburt starb mein Sohn Tobias. Er wurde also still geboren. Für mich brach eine Welt zusammen. Ich hätte nie gedacht, dass mich etwas mal so umhauen würde, mir so den Boden unter den Füssen entziehen. Ich habe wochenlang nur geweint. Ich bin mit Tränen morgens aufgewacht und abends ins Bett gegangen.

Michael: Was hat dich nach all dem Geschehen bewogen, an die Öffentlichkeit zu gehen?

Pirko: Tod ist ein Tabuthema, aber ein noch größeres Tabu ist der Tod von Kindern, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben. Diesen Eltern wird oft nicht erlaubt von ihren Kinder zu sprechen. Es fällt den anderen schwer die Trauer zu verstehen, denn sie haben das Kind ja nicht gekannt. Es erwartet, dass sie schnell darüber hinwegkommen. Damals wurde von mir erwartet, dass ich das einfach wegstecke und funktioniere, ich müsse einfach wieder schwanger werden und dann sei alles in Ordnung.

Michael: Du bist sehr engagiert… Wie äußert sich heute dein Engagement?

Pirko: Relativ kurz nach den Tod von Tobias habe ich mich bei den Verwaisten Eltern engagiert, deren Website aufgebaut, für Interviews zur Verfügung gestanden, also Öffentlichkeitsarbeit gemacht,  und im Vorstand mitgearbeitet. Das mache ich heute nicht mehr. Aber ich berate betroffene Eltern in rechtlicher Hinsicht zu Themen wie Mutterschutz und Namensrecht, weil es da immer wieder Schwierigkeiten gibt und  ich begleite betroffene Mütter – meistens per Mailkontakt oder auch in einem Forum für Betroffene. Eine ganze Zeit, bis zur Geburt meines jüngsten Sohnes habe ich einmal die Woche mit betroffenen Müttern gechattet.

Es kommt auch vor, dass ich betroffene Mütter persönlich – per Telefon oder auch in direkten Gesprächen begleite. Eins hat mich besonders berührt: Vor zwei Jahren habe ich eine Mutter begleitet, deren Sohn die Diagnose bekam, maximal zwei Jahre alt zu werden. Er ist dann vier Monate später mit neun Monaten gestorben. Sie habe ich vor und nach dem Tod ihres Sohnes begleitet und zu ihr habe ich heute noch Kontakt, denn sie ist wieder schwanger.

Michael: Was hat damals geholfen, das Geschehene zu bewältigen?

Pirko: Das wichtigste war eine Selbsthilfegruppe der Verwaisten Eltern und ein Trauerseminar, das ich zusammen mit meinem Mann besucht habe. Dort hatte ich erstmals die Möglichkeit, mich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Ich habe dort erfahren, dass andere genauso wie ich trauern. Das es ein ganz normaler Trauerverlauf war, was mein Umfeld mir deutlich anders zu verstehen gab. Ich erfuhr, dass ich über mein totes Baby ganz genauso trauern darf, wie andere Eltern über jedes andere Kind. Das tat mir unglaublich gut.

Gerade die erste Zeit hat es mir auch gut getan zu schreiben. All meine Gefühle, meinen Schmerz und meine ganze Trauer aufzuschreiben. Erst habe ich nur Texte geschrieben und später dann auch Gedichte. Gerade wenn es mir schlecht ging, war das  ein unglaubliches Ventil für mich.

Michael: Pirko Lehmitz hat übrigens eine sehr beeindruckende Website gemacht, auf der man vielen dieser Texte auch lesen kann. Sie ist leicht zu merken stillgeboren.de. Es lohnt sich, da mal raufzuschauen.  Du hast auch Texte und Gedichte verfasst und Dich bereit erklärt uns heute auch ein Gedicht vorzulesen.

Pirko: Ich habe etwas überlegt, welche meiner Gedichte ich vorlesen könnte – ich habe so viele geschrieben –  und dann habe ich mich entschieden, ich werde zwei lesen. Eines, was relativ kurz nach dem Tod von Tobias entstanden ist und ein zweites, das ich zwei Jahre später geschrieben habe

Plötzlich wurde es Nacht
mitten an einem schönen Sommertag
das Licht erlosch
Dunkelheit und Kälte
wo eben noch Glück und Leben
in mir
um mich herum
nur Lähmung und Schweigen
ohne Dich wage ich keinen Schritt
um nicht noch tiefer
in der Dunkelheit zu versinken
bitte führe mich aus der Finsternis
zurück ins Leben
zeige mir den Weg
damit die Sonne wieder aufgeht
ich wieder wage zu leben
ganz neu
 

Tränen des Herzens
sie waschen es aus
machen es rein
für die Gefühle
die wir aufheben wollen
die uns wärmen
die uns Licht geben
rein und klar

Herausgespült wird
die Wut
die Schuld
und die Angst

die Tränen schaffen Platz
für die Dankbarkeit
für die Erinnerung
und für die Liebe
Liebe in unseren Herzen

Michael: Vielen Dank Pirko.

Pirko: Darf ich noch etwas in diesem Zusammenhang ankündigen?

Michael: Ja, gerne.

Pirko: Am 14 Dezember ist der Weltgedenktag für verstorbene Kinder. An jedem zweiten Sonntag im Dezember. Dieser Tag wird auf der ganzen Welt begangen. Um 19 Uhr zündeten die Eltern für ihre verstorbenen Kinder eine Kerze an und stellen sie ins Fenster. Wenn die Lichter in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so dass eine Lichterwelle rund um die Welt geht. Auch ich werde das am 14. Dezember mit meinen Jungs machen.

Ich erhielt Applaus und setzte mich.

Michael kündigte das nächste Lied an – ich wusste es schon und hatte im Vorgespräch vorsichtig gefragt, ob es nach dem Interviews käme: Tears in Heaven.

Das nächste Lied ist von Eric Clapton, dessen fünfjähriger Sohn auf sehr tragische Weise ums Leben gekommen ist. Er fiel aus dem Fenster des 35 Stockes eines Hauses in Manhattan. Er hat seine Trauer in diesem Lied verarbeitet. Er stellte sich vor, wenn er ihn im Himmel wiedersehe. Eine Zeile heißt:

Ich muss stark sein und weitermachen.
Denn ich weiß,
ich gehöre (noch)  nicht in den Himmel
Jenseits der Türe, da ist Frieden,
und ich weiß ganz sicher,
dass es im Himmel keine Tränen gibt

Dann spielte die Band Tears in Heaven. Total schön.

Dann gab es die „Mitmachaktion“…in dem Gottesdienst wird immer etwas vorne aufgebaut und man muss dann nach vorne gehen und kann sich dort was abholen. Wir hatten am Eingang eine kleine Träne mit Anhänger bekommen. Die sollten wir nach vorne bringen. Im Taufständer war eine Glasschüssel, die wurde von unten beleuchtet.

In der dunklen Kirche leuchtet die total schön. Da sollten wir unsere Träne hineintun und uns in mehreren großen Kreisen da herum stellen. Obwohl die Kirche voll war, war es ganz ruhig dabei. Als alle Tränen gesammelt waren, erklang ein Ton von einer Klangschale. Reimer sprach denn die Worte: „Und Gott wird alle Tränen abwischen“. Wieder erklang die Klangschale. Dies wiederholte sich dreimal. dann wurden wir

Altar
Der von hinten beleuchtet Altar mit der Schüssel voller Tränen

aufgefordert, uns eine Träne aus der Schale zu holen und die Träne eines anderen mitzunehmen.

 

Tranen
Tränen in der Schüssel

Ich hoffe, es werden wieder Bilder ins Internet gestellt. Das sah total schön aus. Normalerweise wird in diesen Gottesdiensten fotografiert, auch die Interviews, doch diesmal nicht, weil sie aufgrund des Themas das nicht angebracht fanden. Aber die Tränen sind im Anschluss fotografiert worden.

© Pirko Lehmitz, www.Stillgeboren.de November 2008

Sternstunden

Zwischenhaltgottesdienst
der St.Paulus Gemeinde Buchholz i.d.N.
vom 16. Dezember 2007

Meine persönliche Sternstunde

Heute Abend war ich mal wieder zu einem der besonderen Abendgottesdienste in unserer Gemeinde – ich hatte glaube ich schon mal hier davon berichtet. Es spielt dort immer eine Band, es gibt Interviews und eine besondere Aktion. Eigentlich hatte ich ja gar keine Zeit…Elias wird morgen 4 Jahre alt: Geschenke muss ich noch einpacken, zwei Kuchen für den Kiga backen, eine Torte für morgen zum Kindergeburtstag, den Geburtstagskerzenzug aufbauen und die Spiele für morgen noch raussuchen…Kai erinnert mich: „ Du wolltest noch zur Kirche, oder?“. Ja, genau, da wollte ich hin, auch wenn ich wenig Zeit habe, aber das brauche ich heute Abend. Dieses Mal stecke ich nicht zurück. Ziehe mich an, setze mich auf mein Fahrrad und fahre zur Kirche…

Das Thema der Predigt war „Sternstunden“. Der Pastor fragte:“Haben auch sie eine persönliche Sternstunde in ihrem Leben gehabt, einen Augenblick in dem sie ganz eins mit sich selbst waren?“. Er erzählte weiter und meine Gedanke schweiften ab. In mir kamen sofort die Bilder nach der stillen Geburt von Tobias hoch. Ja, da war ich total eins mit mir. Ich hatte ihn im Arm und bewunderte ihn. So einen hübschen, perfekten kleinen Jungen. Das ist mein Sohn, so was wunderbares. Ich traute ihn kaum anzufassen, so berührt war ich. Der war die ganze Zeit in meinen Bauch, hat mich getreten und seine Turnübungen gemacht. Ich hatte mich auf der Stelle in ihn verliebt. Ich weiß heute nicht mehr wie lange ich ihn im Arm gehabt hatte, ich hatte alles um mich herum vergessen nichts wahrgenommen. Ja, Kai muss neben mir gesessen haben, ehrlich gesagt, ich weiß es nicht mehr. Ich erinnre mich nur an Tobias und mich. „Einen Augenblick, in dem ihr Herz ganz zärtlich berührt wurde…“ höre ich wieder den Pastor. Ja, genau, Tobias hat ganz zärtlichmein Herz berührt, genauso war es…Ich schweife wieder ab, bis ich ihn zum Schluss höre:“Für die letzte Adventswoche wünsche ich ihnen eine solche Sternstunde..“. Nein, ich schüttel heftig den Kopf, nein, noch so eine Sternstunde möchte ich nicht, darauf würde ich lieber verzichten. Ich bin wieder ganz da und denke nur, hoffentlich hat mich niemand beobachtet…und lächle.

Am Ausgang schüttel ich seine Hand und sage mit einem breitem Lachen:“Tschüss Michael, eine schöne dritte Adventswoche wünsche ich Dir..:“ und fahre ganz beschwingt nach Hause.

Bis auf die Torte, die noch im Ofen ist, habe ich alles geschafft…

© Pirko Lehmitz, www.Stillgeboren.de Dezember 2007

DurchKREUTZEWege

Zwischenhaltgottesdienst
der St.Paulus Gemeinde Buchholz i.d.N.
vom März 2008

ZwischenhaltdwegeAm Sonntag war ich mal wieder in einer unsere Abendgottesdienste. Von einigen habe ich schon einmal berichtet. Sie sind immer etwas ganz besonderes. Er steht immer unter einem Thema,dieses Mal „DurchKREUTZEWege“. Es spielt eine Band, es werden Interviews geführt, man muss etwas machen und es gibt neben der Predigt auch immer eine Geschichte zum Nachdenken. Dieser Gottesdienst löst ganz oft, viele Gedanken in mir aus und deshalb möchte ich Euch heute davon erzählen:

Es wurde die folgende Geschichte erzählt:

„Meine Last ist zu schwer

Ein Mann war mit seinem Los unzufrieden und fand seine Lebenslast zu schwer.

Er ging zu Gott und beklagte sich darüber, dass sein Kreuz nicht zu bewältigen sei

Gott schenkte ihm einen Traum:

Der Mann kam in einen Raum, wo verschiedene Kreuze herumlagen. Eine Stimme befahl ihm, er möchte sich das Kreuz aussuchen, das seiner Meinung nach für ihn passend und erträglich wäre.

Der Mann ging suchend und prüfend umher. Er versuchte ein Kreuz nach dem anderen. Einige waren zu schwer, andere zu kantig und unbequem, ein goldenes leuchtete zwar, war aber untragbar. Er hob dieses und probierte jenes Kreuz. Keines wollte ihm passen.

Schließlich untersuchte er noch einmal alle Kreuze und fand eines, das ihm passend und von allen das erträglichste schien. Er nahm es und ging damit zu Gott. Da erkannte er, dass es genau sein Lebenskreuz war, das er bisher so unzufrieden abgelehnt hatte. –

Als er wieder erwacht war, nahm er dankbar seine Lebenslast auf sich und klagte nie mehr darüber, dass sein Kreuz zu schwer für ihn sei. „

Als die Band danach spielte, kam mir sofort die Erinnerung hoch. Nach Tobias Tod habe ich oft gedacht,warum muss ich das ertragen bzw. das kann ich nicht länger ertragen, das stehe ich nicht durch. Es gab auch immer wieder Punkte, da wollte ich auch einfach nicht mehr. Drei Jahre später als ich im Vorstand der Verwaisten Eltern saß und wir uns zum besseren kennen lernen, erzählten was uns verband, da dachte ich nur: Nein, ich möchte mit niemanden hier tauschen:

Die Mutter, deren vier Monate alter Säugling an einer Lungenentzündung starb, weil ihre Mutter, die Oma, trotz Hinweises nicht ins Krankenhaus gefahren war. Hätte ich das jemals meiner Mutter verzeihen können? Hätte ich überhaupt je wieder mit ihr gesprochen? Aber genau das „Nicht-verzeihen-können“ hätte mich auf der anderen Seite selber aufgefressen.

Oder hätte ich mit meinen Schuldgefühlen weiterleben können, wenn mein vier jährigen Sohn an einem Badesee mit dem ich dort war, ertrunken wäre? Nein, ich glaube, das hätte ich nie geschafft.

Oder wie muss sich eine Mutter fühlen, deren fast erwachsener Sohn sich selber tötet? Als Mutter feststellen zu müssen, ihm nicht helfen, keine Geborgenheit geben zu können. Für mich fast das Grauenhafteste, was eine Mutter ertragen muss.

Keines der anderen Schicksale hätte ich ertragen können, mit niemanden hätte ich tauschen mögen…doch mit meinem hatte ich mich inzwischen arrangiert.

Diese Gedanken gingen mir wieder durch den Kopf und ich war froh, dass ich nur dieses Kreuz zu tragen hatte.

© Pirko Lehmitz, www.Stillgeboren.de März 2008

Der Segen der Trauernden

Marie-Luise Wölfing

Gesegnet seien alle,
die mir jetzt nicht ausweichen.
dankbar bin ich für jeden,
der mir einmal zulächelt
und mir seine Hand reicht,
wenn ich mich verlassen fühle.

Gesegnet seien die,
die mich immer noch besuchen,
obwohl sie Angst haben,
etwas Falsches zu sagen.

Gesegnet seien alle,
die mir erlauben
von dem Verstorbenen zu sprechen.
Ich möchte meine Erinnerungen
nicht totschweigen .
Ich suche Menschen,
denen ich mitteilen kann,
was mich bewegt.

Gesegnet seien alle,
die mir zuhören,
auch wenn das,
was ich zu sagen habe,
sehr schwer zu ertragen ist.

Gesegnet seien alle,
die mich nicht ändern wollen,
sondern geduldig so annehmen,
wie ich jetzt bin.

Gesegnet seien alle,
die mich trösten
und mir zusichern,
daß Gott mich nicht verlassen hat.

Oh Herr, berge Du uns alle
in deiner Hand,
nimm Du Dich unser an.
Bei Dir bleiben wir
im Leben wie im Tod!

Walter Trout – Sweet Butterfly (Sophie’s Song)}vom Album „Livin‘ Every Day“

 Sweet Butterfly (Sophie’s Song)

I can see you when you fly to me
I see you floating high and free
Just a butterfly with painted wings
Who never understood the joy she brings
And when you’ve flown away l can still see your face
Covered in beauty, full of grace
So fly, fly away, Sweet Butterfly
And l can see you floating in the light
I see your image every day and night
And l reach out for you but you’re not there
So l ask God to hear my prayer
And when you’ve flown away you remained inside of
me                 “
In a hidden place no one else can see
So fly, fly away, Sweet Butterfly
l can see you flying next to me
l watch you fly so high and free
In a frozen moment that knows no time
l stand and watch you leave me far behind
So use your painted wings and fly the way you do
And when my day is done I’ll be flying next to you
So fly, fly away, Sweet Butterfly

Ich kann Dich sehen, wenn du zu mir fliegst
Ich seh Dich flattern, so hoch oben und so frei
Nur ein Schmetterling mit bunten Flügeln
Die nie verstanden hat, welche Freude sie bringt
Und ich kann noch Dein Gesicht sehen, als Du davon
geflogen bist
Eingehüllt in Schönheit, voller Grazie
Drum flieg, flieg davon, süßer Schmetterling
Und ich seh, wie Du im Licht flatterst
Ich seh dich jeden Tag und jede Nacht
Und ich strecke meine Hand nach Dir aus, doch Du bist
nicht da
Drum bitte ich Gott, mein Gebet zu erhören
Und als Du davon geflogen bist, bliebst Du in mir drin
An einem versteckten Ort, den niemand sonst sehen
kann
Drum flieg, flieg davon, süßer Schmetterling
Ich kann Dich sehen, wie Du um mich herum fliegst
Ich betrachte Dich so hoch‘ und frei
In einem eingefrorenen Moment, der keine Zeit kennt
stehe ich und betrachte, wie Du mich hinter Dir zurück
lässt
Drum benutze Deine bunten Flügel und flieg wie Du es
tun musst      ‚
Und wenn mein Tag gekommen ist, fliege ich ganz näh
bei Dir
Drum flieg, flieg davon, süßer Schmetterling

Ein Brief an ein Kind mit Krebs

 Elisabeth Kübler-Ross

Dies ist eine Geschichte über das Leben, über Windstürme und über Samen, die wir im Frühling in die Erde legen, über Blumen im Sommer und Früchte im Herbst. Dies ist aber auch eine Geschichte über den Tod. Er kann ganz früh im Leben kommen aber auch sehr spät zu manchen Menschen

Um was geht es im Grunde? Stell dir vor wie das Leben angefangen hat, ganz am Anfang wie Gott alles schuf- die Sonne die über der Welt scheint, uns wärmt, die Blumen wachsen lässt, deren  strahlen die Erde berühren, auch wenn Wolken sie verdecken. Gott sieht uns immer. Seine Liebe leuchtet stets über uns, gleichgültig wie klein oder wie groß wir sind. Nichts kann die Strahlen von Gottes Liebe aufhalten.

Wenn Menschen geboren werden, beginnen sie wie winzige Samen. Die Samen des Löwenzahns bläst der Wind auf die Wiese – ein paar landen am Straßenrand, einige auf keinen grünen Rasen – wo sie unerwünscht sind; andere in einem Blumenbeet und so ist es auch mit uns. Wir beginnen unser Dasein in einer reichen oder armen Familie, in einem Waisenhaus, vielleicht auch hungrig, vielleicht auch sterbend als kleine Sünder. Es kann aber geschehen, daß uns Eltern lieben, die uns sehr sehnlich wünschen, die uns vielleicht adoptieren und uns selber aussuchen. Manche Leute nennen dies vielleicht das Glücksspiel des Lebens, doch denke daran: Gott trägt auch die Verantwortung für den Wind. Um die Samen des Löwenzahns kümmert er sich ebenso wie um alles Leben überhaupt, vor allem um die Kinder! Es gibt keinen Zufall im Leben. Gott macht keinen Unterschied zwischen den Menschen. Wir sind alle seine Kinder. Seine Liebe kennt keine Bedingungen! Er versteht alles, verurteilt nie – es ist bedingungslose Liebe.

Du und Gott, ihr habt zusammen deine Eltern ausgesucht aus einer Billion Menschen. Du wähltest sie, um ihnen zu helfen, beim Wachsen und Lernen und sie sind auch deine Lehrer. Unser Leben ist eine Schule, in der wir manches lernen können, mit anderen Menschen auszukommen ihre Gefühle zu verstehen, aufrichtig zu sein mit uns und anderen, Liebe zu geben und zu empfangen. Wenn wir unsere Prüfungen bestanden haben, dann dürfen wir die Schule abschließen. Das bedeutet: Wir dürfen heimkehren in unser wirkliches Zuhause – zu Gott, von dem wir kamen. Dort treffen wir alle Menschen wieder, die wir je geliebt haben. Es ist wie eine Familienzusammenkunft nach einem Examen. Das ist der Augenblick des Sterbens, wenn wir den Körper ablegen, genauso wie wir etwas anderes tun dürfen wenn wir unsere Hausarbeiten gemacht haben. Im Winter kannst du kein Leben in einem Baum sehen, aber im Frühling kommen kleine grüne Blätter heraus eins nach dem anderen. Im Spätsommer ist der Baum voller Früchte, er hat sein Versprechen gehalten. Im Herbst fallen die Blätter ab, eines nach dem anderen. Für den Baum ist das die Vorbereitung für die Winterruhe. Einige Blumen blühen nur wenige Tage – jedermann bewundert sie als Zeichen des Frühlings und der Hoffnung. Und dann sterben sie – aber sie haben getan was sie tun mußten. Andere Blumen blühen lange – viele betrachten ihr dasein als selbstverständlich und beachten sie kaum mehr. So verhalten sich viele mit alten Menschen. Sie sehen sie im Park sitzen bis sie eines Tages für immer gegangen sind.

Alles im Leben ist ein Kreislauf: Der Tag folgt auf die Nacht – der Frühling auf den Winter; verschwindet das Boot hinter dem Horizont, so ist es nicht einfach weg – aber wir sehen es nicht mehr wie wir die Sonne nicht mehr sehen während der Nacht. Gott wacht über alles, was er geschaffen hat: Erde, Sonne, Bäume, Blumen und Menschen die durch die Schule des Lebens gehen müssen, bevor ihre Lehre abgeschlossen werden kann. Erst wenn alle Arbeit getan ist, wofür wir auf die Erde kamen, dürfen wir unseren Körper ablegen. Er umschließt die Seele, wie die Puppe den künftigen schönen Schmetterling. Dann werden wir frei sein von Schmerzen, Angst und allem Kummer – frei sein , wie ein freier schöner Schmetterling – und dürfen heimkehren zu Gott. Bei ihm werden wir nie mehr allein sein. Dort werden wir weiterleben, werden wachsen, tanzen, spielen und fröhlich sein. Wir werden auch zusammen sein mit allen Menschen die wir liebten. Dort sind wir von mehr Liebe umgeben als wir uns je vorstellen können!