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Mein Engel!

Wie oft habe ich zu meinen Kindern gesagt:

„Mein Engel!“

Was bewegte mich eigentlich dazu, „mein Engel“ zu sagen?

Hier sitze ich und stelle mir diese Frage und lausche auf eine Antwort. LEERE!

Ich merke, dass ich es nicht d e n k e n kann. Ich kann es nur fühlend ertasten. „Mein Engel!“

Es ist Reinheit und Demut, es ist Sehnsucht und Liebe. Da ist etwas Unverlierbares, etwas Unvergängliches, etwas Immerwährendes. ENGEL!

Bote zwischen der dieseitigen und der jenseitigen Welt.

Nicht an Zeit und Raum gebunden. Fürsprecher und Schutz-Geber. SCHUTZ-ENGEL!

Es tauchen kindliche Gedanken und Gefühle auf. Textteile aus einem Nachtgebet. ENGEL, die ich mir zur Rechten und zur Linken, zu meinen Füssen und zum Haupte stellte. Eingehüllt in diese undruchdringliche Himmelsmacht, geschützt und gefeit gegen alles, was mir Böses zufügen könnte, konnte ich mich, in einem tiefen Gefühl von Geborgenheit, dem Schlaf hingeben.

Da ist es, dieses Kindliche, diese reine Gefühl der Gewissheit und des Behütetseins in Gott. Dieser Gott, der mich trägt und der mich hält.

Der, den ich angefleht und vor dem ich mich nieder geworfen hatte. Wie oft waren wir zu zweit und zu dritt in seinem Namen zusammen und haben ihn angerufen. Ich mußte auf graumsame Art lernen, dass weder die Anzahl noch die Intensität der Gebete eine Garantie zur Erfüllung unserer Wünsche sind.

Es ist auch der Gott, der selbst mich aushält!

Dieser Gott, der sich von mir anklagen und beklagen lässt.

Es ist dieser gleiche Gott, den ich nach dem Sterben meines Sohnes davon gejagt hatte. Der, von dem ich mich im Stich gelassen und verhöhnt gefühlt hatte.

Es ist aber auch der Gott, der geduldig vor der Tür meines Herzens stehen blieb und wartete, bis ich ihn wieder hinein ließ.

Heute weiß ich, ich kann nicht tiefer fallen als in seine Hand!

Danke mein Engel, dass Du mich heute berührt hast.

© Dieter Steuer, gehört am 23.3.203, Jahrestagung VEID

Elisabeth Kübler-Ross “Über den Tod und das Leben danach”

UberdentodDas Sterbeerlebnis ist fast identisch mit der Geburt. Es ist eine Geburt in eine andere Existenz. Im Moment des Todes gibt es drei Stufen. Der körperliche Tod ist mit dem Geschehen identisch, wie wir es bei dem Heraustreten des Schmetterlings aus dem Kokon sehen können. Der Kokon samt seiner Larve ist der vorübergehende menschliche Körper. Diese sind aber nicht identisch mit Ihnen, sie sind nur ein vorübergehendes Haus, wenn Sie sich das so vorstellen können. Sterben ist nur ein Umziehen in ein schöneres Haus, wenn ich das symbolisch so sagen kann.

Sobald der Kokon, sei es durch Selbstmord, Mord, Herzschlag oder durch eine chronische Krankheit, also ganz egal wie, irreparabel beschädigt ist, wird es den Schmetterling, also ihre Seele, freigeben. Auf dieser zweiten Stufe, nachdem – symbolisch gesprochen – Ihr Schmetterling den irdischen Körper verlassen hat, werden sie wichtige Dinge erleben, die sie einfach wissen müssen, damit Sie überhaupt nie mehr Angst vor dem Tode haben.

Mit dem verlassen des Kokons gelangen sie in die zweite Stufe, die von der psychischen Energie getragen wird. Psychische und körperliche Energie sind die einzigen zwei Energien, die der Mensch manipulieren kann. Sobald Sie ein freier Schmetterling sind, das heißt, sobald ihre Seele aus dem Körper ausgetreten ist, werden Sie zuallererst merken, daß Sie alles wahrnehmen, was an dem Ort ihres Todes, im Krankenzimmer, an der Unfallstelle oder wo Sie eben diesen Körper verlassen haben, passiert.

In der zweiten Stufe merken Sie auch, daß kein einziger Mensch alleine sterben kann. Wenn man aus dem Körper tritt, befindet man sich in einem Sein, in welchem es keinen Zeit mehr gibt, wo also die Zeit einfach nicht existiert, ebenso wie man dort auch nicht mehr von Raum und Distanzen in unserem Sinne sprechen kann, da diese ja irdische Phänomene sind.

Was die Kirche den kleinen Kindern hinsichtlich ihrer Schutzengel erzählt, beruht auch auf Tatsachen, denn es ist ebenfalls bewiesen, daß jeder Mensch von seiner Geburt bis zu seinem Tod von Geisteswesen begleitet wird. Jeder Mensch hat solche Begleiter, ob Sie daran glauben oder nicht, ob Sie Jude oder Katholik oder ohne Religion sind, spielt überhaupt keinen Rolle. Denn jene Liebe ist bedingungslos, weshalb ein jeder Mensch diese Geschenk eines Begleiters erhält.

Ist man sich auf dieser zweiten Stufe seines wiederhergestellten Körpers gewahr geworden und durfte man seinen Geliebten begegnen, so wird einem bewußt, daß das Sterben nur ein Übergang ist in eine andere Form des Lebens. Die irdischen körperlichen Formen hat man zurückgelassen, weil man diese nicht mehr braucht. Und bevor Sie Ihren Körper ablegen und daraufhin die Form annehmen, die man in der Wirklichkeit besitzt, geht man durch ein Übergangsphase, die ganz und gar von irdisch-kulturellen Faktoren geprägt ist.

Und dann, sobald Sie diesen Durchgang oder Übergang durch- oder überschritten haben, strahlt Ihnen an dessen Ende ein Licht entgegen. Und dieses Licht ist weißer als weiß, ganz hell. Und je jäher Sie sich auf diese Licht zu bewegen, desto mehr werden Sie total gefüllt mit der größten, unbeschreiblichsten bedingungslosen Liebe, die Sie sich überhaupt nicht vorstellen können. Es gibt keine Worte dafür.

Manch einer fragt: “ Warum müssen so wunderschöne Kinder sterben?” Die Antwort lautet ganz einfach, daß diese Kinder in ganz kurzer Zeit gelernt haben, was man lernen muß. Und das sind für verschiedene Menschen ganz verschiedene Dinge. Eines muß jeder lernen, bevor er zurückgehen kann, woher er kommt, und das ist bedingungslose Liebe. Wenn Sie das gelernt und praktiziert haben, dann haben Sie die größte Prüfung bestanden.

In diesem Licht, in der Gegenwart von Gott, von Christus, oder wie immer Sie das nennen mögen, müssen Sie Ihr ganzes Erdenleben nochmals betrachten, und zwar vom ersten Tag bis zum Tage des Todes. Mit der Betrachtung Ihres eigenen Erdenlebens befinden Sie sich nun auf der dritten Stufe.

Gott ist bedingungslose Liebe. Bei der “Revision” Ihres Lebens werden Sie nicht ihm die Schuld an Ihrem Schicksal zuschieben, sondern Sei erkenne, daß Sie Ihr eigener schlimmster Feind waren, da Sie sich jetzt vorwerfen müssen, so viele Gelegenheiten zum Wachsten ungenützt gelassen zu haben. Jetzt wissen Sie daß damals, als Ihr Haus Abbrannte oder als Ihr Kind verstarb, Ihr Mann verletzt wurde oder Sie selbst einen Schlaganfall erlitte, daß es sich bei all Ihren Schicksalsschlägen um unzählige Möglichkeiten zum Wachsten handelte, zum Wachsen an allen Dingen, die wir noch zu lernen haben. “Und statt die sich mir dargebotene Chancen zu nutzen”, so bereuen Sie jetzt, “ habe ich mich mit jedem Mal mehr und mehr der Verbitterung hingegeben, so daß meine Wut und auch meine Negativität zunahmen…”.

Die meisten Menschen sehen all ihre schwersten Lebensbedingungen, ihr Geprüftwerden, ihre Drangsale, ihre Schrecknisse und alle Verluste als einen Fluch an, als eine Strafe Gottes, als etwas Negatives. Wenn man doch nur begreifen würde, daß nichts, was einem begegnet, negativ ist, ich betone, ganz und gar nichts! Alle Schicksalsschläge, Leidenserfahrungen und selbst die größten Verluste, die man durch zumachen hat, auch alle Dinge, von denen man im nachherein sagt, “Wenn ich vorher davon gewußt hätte, würde ich nicht geglaubt haben, sie durchstehen zu können”, sind alles Geschenke. Wir können unser Schicksalsweh und Leid mit dem Schieden des glühenden Eisens vergleichen. Es ist eine Gelegenheit, die einem gegeben wird, um seelisch zu wachsen. Die ist der alleinige Grund  unser Existenz auf Erden. Man kann nicht seelisch wachsen, wenn man in einem wunderbaren Blumengarten sitzt und sich von jemandem auf einen silbernen Tablett das großartigste Essen servieren läßt. Aber man wächst, wenn man krank ist, wenn man Schmerzen hat, wenn man einen schmerzlichen Verlust entgegennehmen muß. Man wächst, wenn man nicht seinen Kopf in den Sand steckt, sondern wenn man den Schmerz annimmt und ihn zu begreifen sucht, und zwar nicht als einen Fluch oder eine Bestrafung, sondern als Geschenk für sich, um damit einen ganz bestimmten Zweck zu erfüllen.