Die ersten Wochen – Zeit einer vorsichtigen Begrüßung
Ja, und dann – bereits kurz vor Tobias Geburtstag – kam es schneller als erwartet:
Im März hatte ich das erste Mal wieder gemerkt, daß der Gedanke an eine neue Schwangerschaft mir nicht mehr weh tut. Bis dahin war ich immer in Tränen ausgebrochen, allein bei dem Gedanken. Um so erleichtert war ich dann, daß die OP so gut verlaufen war. Und kaum hatten die Ärzte grünes Licht gegeben, da war ich auch so gleich schwanger.
Kai hat sich gefreut wie ein Schneekönig, doch ich kam am Anfang so gar nicht damit klar. Als ich überfällig war und mir wie nebenbei einen Test kaufen wollte, da ging es nicht. Ich habe vor der Apotheke umgedreht, mich mitten in der Fußgängerzone auf eine Bank gesetzt und geheult. Dann dachte ich, warum quälst du dich eigentliche, dann laß es doch. Ich ging dann erst einmal zu Budni, um ein paar Grabkerzen für Tobias zu kaufen. Vor mir an der Kasse stand eine Mutter, die stöhnte, sie müsse soviel schleppen für ihr Kind, die Gläschen und die Teeflaschen seien so schwer. Ich muß niemanden erzählen, wie ich mich gefühlt habe. Ich hätte ihr am liebsten die Kerzen in die Hand gedrückt und gefragt, ob sie tauschen wolle, die Kerzen seien sehr leicht. Was für ein Gesicht sie dann wohl gemacht hätte?
Auf den Weg nach Hause kam ich dann aber an einer kleinen Apotheke vorbei, deren Tür offenstand und dort bin ich dann hineingegangen, habe meine Grabkerzen, die ich gerade für Tobias gekauft hatte, auf den Tresen gelegt und mit völlig verheulten Gesicht gesagt, daß ich gerne einen Schwangerschaftstest hätte. Die arme Apothekerin guckte mich nur mitleidig an und gab mir den Test.
Ich brauchte einige Wochen, um überhaupt das neue kleine Wesen in mir aufzunehmen. Vom Kopf her war ich schwanger, aber vom Herzen hat es fast vier Monate gedauert. Besonders die Tiefs, die zwischendurch kamen, machten mir zu schaffen. Ich trauerte um Tobias, und der kleine Fratz in mir gab mir kaum Trost und ich hatte noch ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber.
Reaktionen in unsere Babygruppe
Gerade in einer Folgeschwangerschaft braucht man die Unterstützung von anderen, die die Sorge, Ängste und Trauer nachempfinden können. Als ich im August in der Gruppe meine Schwangerschaft bekannt gab, war ich die dritte, die wieder schwanger war. Der Abend war vernichtend. Eine Mutter erklärte, daß sie nicht länger in der Gruppe bleiben könne und verließ uns sofort (Auch sie hat vor wenigen Tagen ihr Folgebaby bekommen). Zwei andere Mütter, die wie ich wußte, sich seit einigen Monaten eine neue Schwangerschaft wünschten, erklärten, daß sie wohl auch aussteigen würden ( Beide wurden kurz danach selber schwanger – blieben in der Gruppe. Lars wurde sogar drei Wochen vor Pascal geboren).
Ich hatte das Gefühl, ich würde “spießrutenlaufen”. Unsere Begleiterin, die sehr viel Erfahrung hat und sehr routiniert ist, machte das Thema Folgeschwangerschaft sofort an dem Abend zum Thema. Sie ging mit beiden Seiten sehr hart ins Gericht. Nach dem Motto, beide Seiten hätten doch hier die Chance zu lernen, wie man damit umgehe, denn “draußen” gäbe es schließlich auch Schwangere bzw. werde man als Folgeschwangere verletzt.
Die Tage danach war ich völlig fertig, da die ersten beiden Schwangerschaften sehr positiv aufgenommen worden waren. Nach diesem Abend wollte ich nicht mehr in die Gruppe gehen. Erst nach längerem guten Zureden einer anderen Mutter, entschloß ich mich doch anders. Als die beiden anderen auch schwanger waren, war es kein Thema mehr. Inzwischen sind alle 9 Folgebabies auf der Welt, ein kleines Mädchen allerdings 10 Wochen zu früh, hat sich aber zwischenzeitlich prächtig entwickelt. So fand ich sowohl in der Gruppe zu den Abenden, als auch privat sehr viel Unterstützung, ohne die ich diese Schwangerschaft nicht so gut durchgestanden hätte.
Angst in der neuen Schwangerschaft
So um die 8 Woche herum bekam ich dann doch wieder Streptokken. Die Arzthelferin hatte mir nur eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen, daß mein Abstrich nicht in Ordnung sei und ich mir ein Rezept herausholen solle. Toll, ich hörte dies abends um kurz vor 8 Uhr ab, als ich von der Arbeit kam. Niemand war jetzt mehr zu erreichen, ich war allein zu Hause und bekam Panik. Doch was sollte ich machen. Ich war froh, als ich endlich Ulrike aus unserer Babygruppe erreichte, die auch gerade mit Paul schwanger war. Sie redete mindestens eine Stunde auf mich ein und konnte mich dann endlich wieder beruhigen. Gleich morgens ging ich dann zu meinem Gyn und blieb auch den Tag zu Hause. Die Firma war mir einfach völlig egal. Die Streptokokken erwischten mich noch zwei mal. Da aber jetzt bei jeder Untersuchung, d.h. alle 14 Tage ein Abstrich gemacht wurde, behielten wir sie im Griff.
Zerrissenheit in meinen Gefühlen für meinen Söhne
Da ich aufgrund der schlechten Erfahrungen in der Firma nicht so schnell etwas sagen wollte, habe ich es erst mitgeteilt, als es sich nicht mehr verheimlichen ließ und es selbst den Partnern schon aufgefallen war. Ich habe daher bis November voll durchgepauert und bin abends, nachdem mir Kai etwas zu essen eingetrichtert hat, nur noch ins Bett gefallen. So ausgepumpt, habe ich auch nichts mehr geschrieben, weder an Tobias, noch Gedichte und schon gar keine Briefe. Vielleicht suchte in der Arbeiten auch nur die Möglichkeit, mich abzulenken. Bloß nicht wieder so viel grübeln. Ich hatte keine Ahnung wie ich alles unter einen Hut kriegen sollte: Die neue Schwangerschaft, meine Ängste, die Trauer, das schlechte Gewissen Tobias und auch dem Kleinen in mir gegenüber und natürlich auch die Reaktionen im Büro.
Bis auf die letzten 8 Wochen vor der Geburt bin ich ganz gut auf diese Weise damit klar gekommen. Meine Angst, es könnte wieder etwas passieren, hat sich in Grenzen gehalten und auch die Tiefs waren erträglich. Aber als ich mit dem Geburtsvorbereitungskurs angefangen habe – bei Tobias hatte ich ja noch keinen gemacht – da kam doch einiges wieder hoch. Ich hatte aber Glück, eine sehr sensible Vorbereiterin ( Ulrike hatte sie bereits getestet und für gut befunden) und ein ganz tolle Gruppe erwischt zu haben. Schon bei der Anmeldung erzählte ich von Tobias. Diana nahm es gut auf und erklärte, daß gerade solche Eltern eine Gruppe mit ihren Erfahrungen bereichern können. Natürlich habe ich auch gleich bei der Vorstellungsrunde erzählt, was uns passiert war. Ich hätte mir einfach nicht vorstellen können, daß ich – noch dazu war ich in diesem Kurs die einzige Zweitgebärende – meine erste Schwangerschaft, die Erfahrungen und die Geburt von Tobias hätte verschweigen können. Es wurde von der Gruppe sehr gut aufgenommen. An späteren Abenden wurde ich auch ganz konkret zu Tobias gefragt. Ehrlich gesagt, habe ich es dann genossen, daß ich von meinen Geburtserfahrungen mal erzählen durfte, denn sonst verstand keiner, daß ich ja bereits eine Geburt hinter mir hatte. Auf Fragen von Freunden oder aus der Familie, ob ich nicht Angst vor der Geburt und den Schmerzen hätte, antwortete ich: “Nein, ich weiß ja was auf mich zukommt und nach Tobias Geburt, kann es doch eigentlich nur besser werden.”.
Noch dazu kam, daß es wieder Ärger in der Firma gab, Zusagen, die mir gemacht wurden, als meinen Schwangerschaft noch nicht bekannt war, wurden plötzlich nicht mehr eingehalten ohne jede Begründung, mir wurde es noch nicht einmal gesagt. Ich habe meinen Bestand an Akten seit November abgebaut und so mich nach und nach aus der Arbeit zurückgezogen. Ob ich nach der Geburt dort noch weiter arbeite, wußte ich noch nicht, hatte aber zu diesem Zeitpunkt das Gefühl, nein, es reicht.
Auch als ich nun anfing, Babysachen von Freundinnen zu bekommen, denn für Tobias hatte ich noch nichts, nicht einmal einen Strampler für die Beerdigung, da merkte ich, daß noch einmal einiges an Trauer hochkam. Ich hatte alles in mir aufgestaut und an einem Abend in unserer Gruppe, wo ich gerade sagen wollte, es ginge mir sehr gut, da schossen mir Tränen in die Augen. Meine Strategie des Abschirmens, um meinen kleinen Pascal in mir und mich zu schützen, zerbrach. Es hat es eine Weile gedauert, bis ich mir bewußt wurde, daß es nicht einfach nur die alte Trauer war und die Sehnsucht nach Tobias, die hochkam, sondern insbesondere auch meine Gefühle: Wird weiterhin auch für Tobias in meinen Herzen Platz sein, wenn erst Pascal auf der Welt ist? Ich fing also wieder an “zu arbeiten”, ich schrieb wieder, dachte viel an ihn, gestattete mir meine Tränen und erklärte Pascal, daß ich so traurig sei, weil ich seinen Bruder so vermisse. Tatsächlich ging es mir dann wieder besser, der Druck war raus und ich schaffte es, mir für beide Zeit zu nehmen. So konnte ich die letzten Wochen der Schwangerschaft so richtig genießen.
Alte Enttäuschung über die Familie brach wieder auf
Das einzige, was mich noch wütend machte, war der Gedanke, wenn Pascal da sein wird, wird meine Familie Sonnenschein – ich habe irgendwann angefangen, meine und Kais Familie so zu nennen, da sie seit sie von meiner Schwangerschaft wußte wieder an mir interessiert waren, eben nur für die schönen Seiten im Leben – mich unbedingt sofort besuchen kommen will. Nach Tobias Geburt hatte mich keiner von ihnen besucht. Dabei hätte ich gerade zu dieser Zeit mich über jeden Besuch gefreut. Niemand von ihnen wollte mich damals sehen. Ich hatte damals das Gefühl, wer will denn schon so eine Versagerin sehen. Meine Schwiegermutter, die mindestens einmal die Woche anrief, meldete sich über sieben Wochen nicht bei uns! Bereits aus diesem Grund hatte ich gleich zu Beginn der Schwangerschaft überhaupt keine Lust, ihnen davon zu erzählen. Letztendlich waren sie es auch, die fast die letzten waren, die von meiner Schwangerschaft erfuhren. Ich ließ sie alle so wenig wie möglich an unserer zweiten Schwangerschaft teilhaben. Fragen, “wie geht es dir?”, die auf einen Mal wieder gestellt wurden, beantwortete ich nur kurz und knapp: “Gut, es ist alles okay.” Auch wenn es nicht so war. Sie hatte mir ja alle deutlichste zu verstehen gegeben, daß ich sie mit meinen Problemen nicht zu belästigen habe. Außerdem fühlte ich, daß ich gerade in dieser Zeit wieder besonders empfindlich war und ich wollte mir einfach Verletzungen von Ihnen ersparen.
Damit ich nicht genervt werde, hatte wir den richtigen Entbindungstermin nicht genannt und nur gesagt, etwa Mitte Mai (also tatsächlich 3 Wochen später). Meine Mutter machte bei meinem Gyn einen riesen Trubel, erfuhr aber trotzdem nichts. Alle dort hatten aber danach verstanden, warum ich nichts sagte. Als meine Mutter dann immer aufdringlicher wurde und ich sie fragte, was denn daran so wichtig sei, erklärte sie, sie müsse doch dann in Hamburg sein, worauf ich nur erwiderte, ich wolle sowieso keinen Besuch von ihr im Krankenhaus haben, sie könne daher ruhig verreisen. Da sie dies offenbar nicht verstehen wollte, habe ich dies bei beiden Müttern so eindringlich und oft wiederholt, bis sie es endlich verstanden hatten. Ich hatte Sorge, daß nach der Geburt von Pascal auch die alten Erinnerungen von der Geburt von Tobias hochkämen und es mir nicht gutgehen würde. Ich wollte mir dieses Mal alle dummen Sprüche und herablassenden Bemerkungen ersparen. Doch es ging mir sehr gut und als sie zwei Tage danach ganz vorsichtig fragte, ob sie kommen dürfe, sagte ich ja. Sie war dann ganz friedlich.
Pascals Geburt und die Erinnerungen
Die Geburt von Pascal war einfach rund um schön. Wir hatten einfach Glück. Am Donnerstag, dem Stichtag, war ich beim Arzt und lag am CTG. Wie immer um diese Zeit hatte ich leichte Wehen. Mein Arzt guckte sich ganz aufgeregt das CTG an und erklärte: ”Sie haben ja Wehen!”. “Ja, drei Stück hatte ich.”, antwortete ich ihm. “Die sind ja schon ziemlich heftig und kommen alle 10 Minuten.”, erklärte er weiter, “Es geht jetzt los. Sie fahren sofort ins Mariahilf!”. “Nein, es geht noch nicht los.” versuchte ich ihn ganz ruhig zu überzeugen. Doch er ließ nicht locker und wurde richtig etwas böse, daß ich ihn nicht ernst nahm. Er wollte mich gar nicht weiter untersuchen und ich mußte ihm versprechen, daß ich sofort ins Mariahilf fahre.
Hätte er gewußt, daß ich selbst mit dem Auto in Jenfeld war und natürlich auch alleine wieder nach Harburg fuhr, hätte er mir bestimmt den Schlüssel weggenommen. Ich fuhr natürlich erst einmal nach Hause und rief Kai auf der Hannovermesse an und erklärte ihm die Situation. Er war dankbar, einen Grund zu bekommen, um nach Hause fahren zu dürfen.
Ich fuhr dann wie versprochen ins Mariahilf. Die Hebamme, die mich dort empfing, lachte nur und meinte zu mir, ich solle jetzt mal Klartext sprechen und ich sagte ihr, nein es ginge jetzt noch nicht los. Sie meinte, dann würden wir ein CTG machen und sie würde mich dann wieder nach Hause schicken. Ich war einverstanden. Als ich dort im Kreissaal lag, ich war während meiner Schwangerschaft schon häufiger zu Routineuntersuchungen dort – da fiel mir auf, daß es der selbe war, bei dem ich auch am 22.08.1997 – auf den Tag genau vor 20 Monaten – mit Tobias lag. Ich glaube nicht mehr so recht an Zufälle und so hatte ich das Gefühl, Tobias ist bei mir und ich war mir ganz sicher, daß es dieses Mal alles gut geht. Ein ganz liebe Hebamme, erklärte mir, daß sie eben mit dem Chef telefoniert habe und es sei in Ordnung, wenn ich wieder nach Hause gehe, er wolle mich aber morgen um 8 Uhr sehen. Dann druckste sie etwas rum und erzählte, er wolle dann mit mir etwas besprechen. Sie wollte zu erst nicht so recht mit der Sprache heraus und meinte, er habe wegen meiner Vorgeschichte so etwas von Geburtseinleitung gesprochen. Er hatte wohl Sorge, daß ich ängstlich und ungeduldig sei. Ich sah sie nur kopfschüttelnd an und sage, sofern das nicht medizinisch zwingend notwendig sei, käme das überhaupt nicht in Frage. Sie sagte, ja bei meiner Gelassenheit, wie ich hier hereinspaziert sei, hätte sie sich das schon gedacht, aber ich solle dies dem Chef auch deutlich sagen.
Als ich zu Hause ankam, kam auch gerade Kai und parallel auch Babsy, die während der Woche bei mir geblieben war. Wir beschlossen kurzer Hand, die Chance zu nutzen und gingen noch einmal beim Griechen Essen. Danach trank ich eine Kanne “Himberblättertee”, er soll wehenfördernd sein, nähte den Schlafsack für Pascal zu ende und ging so gegen 24 Uhr ins Bett, da die Wehen zwischenzeitlich aufgehört hatten. Ja um 4.07 Uhr wachte ich dann mit Wehen auf und wußte sofort, dies sind die richtigen Wehen. ( Nach Tobias Geburt wußte ich ja, was richtige Wehen sind. Komisch, daß Ärzte einer Frau nicht vertrauen, wenn sie ihm erklärt, nein, es geht noch nicht los!). 4.17 Uhr kam dann die nächste Wehe und gegen 4.45 Uhr bin ich aufgestanden und habe erst einmal geduscht. Danach weckte ich Kai und sagte ihm, er müsse jetzt aufstehen, wenn er auch noch duschen wolle. Der erklärte aber nur, er wolle noch einen Kaffee und ein Brötchen, bevor er losgehe. Dann habe ich ihm Frühstück gemacht. Gegen 6.20 Uhr sind wir losgefahren, als die Wehen alle 4-5 Minuten kamen und Kai leider sein Brötchen nicht mehr aufessen durfte. Um 6.50 Uhr waren wir im Mariahilf und ich meinte noch, wir seien 1 Stunde zu früh für den Chef. Aber um 9.20 Uhr kam er dann – zur Entbindung.
Die Hebamme vom Vortag – sie hatte an dem Tag Frühdienst – lachte nur, als sie mich im Kreissaal sah und ich ihr bestätigte, daß ich jetzt unter der Geburt sei – “Na, dann hat sich da ja sowieso erledigt.”. Es war dann wirklich eine Bilderbuchgeburt. Der Hebamme, die mich betreute, erklärte ich nur: ”Ich habe mir eine schöne Geburt bestellt.” Nach der von Tobias, dachte ich mir, daß ich das verdient hätte. Sie lachte nur und fragte: ”Das kann man sich bestelle?”. Nach 2 ½ Stunden war dann der kleine Fratz da und die Hebamme lachte mich an und bestätigte, daß es tatsächlich eine schöne Geburt gewesen sei. Das Gefühl, als Pascal bei mir auf dem Bauch lag, ich ihn das erste Mal stillte, war unbegreiflich schön. Ich habe um mich herum alles vergessen.
Wenn mich jemand fragen würde, was das schönste im Leben war, so würde ich ohne lange zu überleben sagen, daß schönste Gefühl, war, als ich meinen ersten Sohn Tobias nach der Geburt in den Armen hielt und das schönste Erlebnis, die Geburt von Pascal.
Mit der Geburtsanzeige von Pascal habe ich mir Zeit gelassen. Ich wollte etwas ganz bestimmtes damit ausdrücken und wartete, bis mir die passenden Worte kamen. Anderen betroffenen Eltern haben mir später erzählt, daß sie die Karte aufgestellt haben und sodann die Gelegenheit nutzten, über Trauer und insbesondere ihre neue Schwangerschaft zu sprechen. Das hat mich besonders gefreut. Obwohl wir sehr viele von diesen Karten verschickt hatten, habe ich dagegen direkt keine Reaktionen – mit Ausnahme von Betroffenen – darauf erhalten. Auch wenn man es so direkt anspricht, bleibt es doch ein Tabu.
In den ersten Wochen, als Pascal dann da war, kam noch einmal vieles hoch und ich habe ihn, insbesondere beim letzten Stillen vor dem Schlafen, oft mit meinem Tränen vollgetropft. Schon während der Schwangerschaft habe ich feststellen müssen, wie zerrissen man ist, wenn man noch ein weiteres Kind hat und man nun noch ein schlechtes Gewissen wegen seiner Trauer diesem Kind gegenüber hat. Ich versuchte dann, besonders lieb zu Pascal zu sein und erkläre ihm, warum ich traurig bin und daß ich ihn liebhabe. Auch wenn er es noch nicht wörtlich versteht, so bin ich mir sicher, er spürt dies. Für mich ist klar, daß ich weder meine Trauer, noch Tobias vor Pascal verstecken werde. Ich hoffe, daß Pascal dort möglichst unbefangen hineinwächst und für ihn es nichts besonderes ist, einen großen Bruder zu haben, der im Himmel ist.
© Pirko Lehmitz