Bestattungskultur im Wandel

InesBauschkekl
Ines Bauschke

aus dem Gemeindebrief der St. Paulus Gemeinde Buchholz i.d.N.
Oktober/November 2004

Die Erwartungen an eine Bestattung wandeln sich. Vor allem das in Nordrhein-Westfalen im Juni 2003 neu verabschiedete Bestattungsgesetz hat eine Fülle von Diskussionen und Veröffentlichungen zur Folge gehabt. Nordrhein-Westfalen hatte  als erstes deutsches Bundesland die Sargpflicht aufgehoben. Die Evangelische Kirche  in Deutschland (EKD) hat als Reaktion ein Diskussionspapier mit dem Titel „Herausforderungen evangelischer Bestattungskultur“ veröffentlicht. Auch der Lüneburger   Superintendent Hans-Hermann Jantzen machte in diesem Jahr das Thema „Bestattungskultur im Wandel“ zum Schwerpunktthema seiner Reise durch seinen Sprengel.

Der kirchliche Auftrag, die Toten zu bestatten, sei nicht an eine bestimmte Bestattungsform gebunden, sofern die Toten an einem öffentlich zugänglichen und gekennzeichneten Ort beerdigt würden, erläutert Jantzen in einem Interview mit der Evangelischen Zeitung. Auch das  Diskussionspapier der EKD konstatiert, dass sich aus der Bibel keine bestimmte Begräbnisform zwingend ableiten lasse. Wichtig an einer christlichen Bestattung sei, die Totenwürde zu achten und zu wahren. Darüber hinaus sei zu erkennen, daß die zunehmende Individualisierung sich auch auf die Friedhofskultur auswirke: „Es gibt eine zunehmende Enttabuisierung und Entkrampfung der Gesellschaft im Umgang mit dem Tod. Immer mehr Menschen wollen eine ganzheitliche Begleitung des Sterbens. Alte Formen wie Aufbahrung und Aussegnung, gemeinsames Waschen und Bekleiden der Leiche sind zunehmend erwünscht.“ Das Diskussionspapier ermutigt die Kirchen, die Wünsche von Hinterbliebenen positiv aufzunehmen, wenn diese an der Gestaltung der Trauerfeier mitwirken und sie nach ihren Bedürfnissen mitgestalten möchten.

Gleichzeitig äußert sich das EKD-Papier kritisch gegenüber der zunehmenden Zahl anonymer Beerdigungen: „Je stärker sich die demographische Entwicklung in Richtung Vergreisung verschiebt und je kräftiger die Individualisierung die Einpersonenhaushalte fördert, desto häufiger enden Menschen in der ‚anonymen Trinität des Alters‘: einsames Leben, sang- und klang- loses Sterben und unkenntliches Grab.“

Einerseits seien anonyme Beerdigungen besonders kostengünstig, weil sie keine Grabpflege nötig machten; andererseits wollten alte Menschen den Jungen keine Last sein und ihnen keine Grabpflegeverpflichtungen auferlegen. Allerdings sei es seelsorgerlich und psychologisch nachgewiesen, daß Hinterbliebene, die einer anonymen Beerdigung zugestimmt hätten, später erhebliche Probleme mit der ‚Ortlosigkeit der Trauer‘ bekämen. Ein konkreter Erinnerungsort, ein Grabstein habe für viele Menschen helfende Bedeutung. Vorsichtig positiv äußert sich das Diskussionspapier auch gegenüber der Friedwald-Konzeption, nach der die Urne eines Verstorbenen unter einem Baum in einem solchen Friedwald beerdigt werden könne – solange die Bäume öffentlich zugänglich und durch eine Namensplakette identifizierbar seien. Eine prinzipielle Unvereinbarkeit zwischen christlichen Einsichten über die Würde des Menschen im Tod und einer Bestattungsform im Friedwald erkennt die EKD-Studie nicht. Auch Hans-Hermann Jantzen gibt zu, daß sich die Kirchen und die Friedwald GmbH, die demnächst in Bispingen einen Friedwald einrichten will, nach anfänglichem Misstrauen angenähert haben. An der Attraktivität dieser neu eingerichteten Friedwälder zeige sich, daß die weithin übliche strenge Reglementierung der Gestaltungsrichtlinien auf den Friedhöfen überwunden werden müsse. Auch auf ihren Friedhöfen müsse die Kirche mehr „Kundenfreundlichkeit“ zeigen, um auf dem „Markt“ zu bestehen, so der Landessuperintendent.

© Pastorin Ines Bauschke,
St. Paulus Gemeinde Buchholz i.d.N