In dem Fernsehbericht „Die Totenwäscherin“ wurde gezeigt, wie eine Bestatterin Eltern, Familien hilft, den Abschied von ihrem kleinen Kind würdig zu gestalten.
Immer wieder stehen junge Eltern, deren Kind vorzeitig geboren und gestorben ist, vor der Frage, wie sie diesem kleinen Wesen, das sie mit Freude erwartet hatten, nun eine angemessene Bestattung geben können.
Den üblichen Satz von Krankenhauspersonal und Bestattern: „Tun Sie sich das lieber nicht mehr an, das kleine Würmchen anzusehen !“ sollten junge, verwaiste Eltern weit von sich weisen !
Ganz im Gegenteil, Sie als Eltern sollten darauf bestehen, dass Sie ihr gestorbenes Kind sehen können, es im Arm halten können, es im Krankenhaus ans Wochenbett gebracht bekommen. Es ist für Sie ebenso wichtig, angemessen Abschied zu nehmen von Ihrem Kind wie für die Angehörigen, deren Vater oder Mutter gestorben ist. Denn das Herz versteht das Geschehene erst, „wenn es sehen konnte“!
Wenn die verwaiste Mutter noch im Krankenhaus ist, sollte mit der Beisetzung des Kindes bis zu ihrer Entlassung abgewartet werden. In der Regel bleibt das Kind solange ebenfalls im Krankenhaus (in der Kühlkammer).
Der Bestattungstermin könnte auf den Nachmittag des Entlassungstages der Mutter gelegt werden. So könnten am Morgen dieses Tages beide – Mutter und Kind – vom Vater und der Bestatterin (*) im Krankenhaus abgeholt werden – am besten und schönsten nach Hause !
Wenn es die Eltern aushalten, können sie ihr Kind während der Fahrt in einem Kissen auf dem Schoß (**) halten und es für einige Stunden nach Hause gebracht bekommen.
So können sie dabei sein, wenn der winzige Körper – wenn möglich – im warmen Wasser gebadet, in weiche Tücher gehüllt und behutsam mit einem Babyöl betupft wird. Ein größeres Kind wird mit Erstlingskleidung und Mützchen bekleidet, ein sehr kleines Kind wird eingehüllt in ein weiches Tuch (in eine Mullwindel) und in das kleine Särglein eingebettet.
Wie schön, wenn das alles Zuhause passiert, in diesem geborgenen und geschützten Raum !
Oder: Sie können diese Handlungen bei ihrem Kind selber vornehmen, wenn sie seelisch dazu in der Lage sind. Größere Geschwisterkinder können währenddessen ebenfalls in schöner Weise Abschied nehmen von ihrem gestorbenen Geschwisterchen. Sie dürfen das Baby berühren, streicheln (***), ihm ein Spielzeug von sich selbst in den Sarg legen. Die Bestatterin ist die ganze Zeit über dabei und leistet Hilfestellung.
Das offene Särglein mit dem Baby darf nun ruhig bis kurz vor der Beerdigung bei seiner Familie aufgebahrt bleiben, z. B. auf einem kleinen Tisch stehend, auf dem Kerzen angezündet werden und Blumen stehen. Seine Familie kann es beweinen, betrauern und bei ihm sein.
Die Bestatterin kommt rechtzeitig, um das Baby im Sarg und seine Familie zur Beisetzung abzuholen.
Wenn all dieses Eltern nicht bewältigen können, versorgt die Bestatterin das Kind in der beschriebenen Weise im Krankenhaus und bringt den kleine Sarg in den vorgesehenen Friedhof. Auch dort können die Eltern sich am offenen Sarg von ihrem Kleinen entsprechend verabschieden.
Was kann geschehen, wenn Eltern ihr Kind nicht mehr sehen wollen ?
(…)
Wenn Eltern keine Beerdigung wünschen für ihr gestorbenes Frühgeborenes, ist die Einäscherung möglich. Das Särglein wird ins Krematorium gebracht und es wird dort mit einem erwachsenen Gestorbenen zusammen eingeäschert. So gibt es keine Bestattungs- und Grabkosten für die Eltern, lediglich für die Einäscherung fällt eine Gebühr an.
An dieser Stelle appelliere ich an verwaiste Eltern Frühgeborener, sich in angemessener und würdiger Weise von ihrem Kind zu verabschieden. Ein kleiner Mensch, der nicht leben darf, muß wieder hergegeben werden. Und er hat alle Liebe und alles Mitgefühl, dessen wir fähig sind, sehr nötig.
Erläuterungen
(*) Eine „Bestattungsfrau“ halte ich persönlich für besser geeignet als einen Mann. Es sollte gewährleistet sein, daß sie selbst sich um das Kind kümmert, nicht einer ihrer männlichen Helfer. Oder vielleicht hat sie eine einfühlsame Frau in ihrem Team !?
(**) Das Bestattungsgesetz sagt: „Leichen“ dürfen nur in dafür zugelassenen Fahrzeu- gen transportiert werden. Das winzige Särglein steht also in einem riesigen Bestattungsfahrzeug hinten drin. Einfühlsame und gewissenhafte Bestattungsfrauen lassen sich etwas einfallen, damit es für die Eltern erträglicher wird ! Zumindest lässt sie die Eltern das Kind während der Fahrt mit begleiten. Was Eltern brau- chen in solch einer schwierigen Situation, sollte ihnen ermöglicht werden ! Da sind Paragraphen und Klauseln absolut zweitrangig !
(***) Vergessen Sie alles, was Sie jemals über „Leichengift“ gehört haben ! Es gehört in die Mottenkiste des Mittelalters ! Ein Gestorbener wird erst zur Gefahr für die Gesundheit Lebender, wenn der Leichnam in Verwesung übergegangen ist, nie- mals nach drei bis sieben Tagen nach Eintritt des Todes !
Bericht aus den Erfahrungen einer Bestattungsfrau – von:
„Antigone“ – Anita Märtin
Bestattungen & Trauerbegleitung in Frauenhänden
Tätigkeitsbereich: Raum Stuttgart
Der nachfolgende Beitrage wurden im Forum der Schmetterlingskinder gepostet
„Das war eine Reportage über eine Bestatterin aus ?? weiß nicht mehr. Sie kam am Dienstag abend um 22.15 Uhr auf ZDF und hat mich nachhaltig beeindruckt. Sie haben auch ein Sternenkind gezeigt, was sie zur Beerdigung fertig gemacht hat, liebevoll gewaschen, die Haut rosig gemacht, dann angezogen mit Windel und ein Kopfkissen drunter. Es war wohl ein fast ausgetragenen großes Baby. Dann hat sie es der Mutter nach Hause gebracht und sie konnte es noch mal verabschieden und in das vorgesehene Bettchen legen und auch die Schwester konnte sich verabschieden. Dann auf der Beerdigung waren nur der Pfarrer und die Eltern und die Bestatterin.
Sie (Bestatterin) näht auch Sachen für Kleinstkinder selbst und ermutigt die Eltern, sich auch von ganz kleinen Kindern zu verabschieden und sie zu beerdigen. Das hat mich sehr beeindruckt. Sie hatte einen solchen Respekt und einen solch natürlichen Umgang mit dem Tod am Anfang des Lebens. Eine tolle Frau. Sie hieß Anita Märtin.
Ich weiss aber nicht, wo sie tätig ist. So etwas müsste es öfter geben.
Hat jemand das gesehen und ähnlich empfunden ?
Aufgewühlte Grüße von Anja !!! „
„Liebe Anja,
(…)
Ja, ich habe diesen Bericht gesehen und er hat mich ähnlich beeindruckt wie dich. Es geht mir schon seit Tagen nicht aus dem Kopf. Mein Mann fand es etwas morbide, sich diese Reportage anzusehen. Aber na ja.
Es hat mich völlig fasziniert, wie diese Frau mit dem Tod und mit den Toten umgeht. Mir kam es so vor, als sei es für sie mehr Berufung denn Beruf, den Verstorbenen auf diese Art und Weise die letzte Ehre zu erweisen.
Als die Szene mit dem toten Baby kam, war ich zuerst total erschrocken, habe dann aber weitergeschaut. Sie hat das Baby in ein Tuch eingewickelt, abgeholt, genauso wie wir unsere Johanna damals in einem Handtuch eingewickelt aus der Pathologie des KH geholt haben, um uns zu verabschieden.
Sie hat sich so liebevoll um das Kind gekümmert, als würde es leben, sogar mit ihm gesprochen. Ich war ganz benommen in dem Moment. Und dass sie den Eltern angeboten hat, es vor der Beerdigung zu ihnen nach Hause zu bringen… es war das einzig Richtige.
Ich werde es mein Leben lang bereuen, dass wir Johanna nicht nach Hause geholt haben. Es wäre nur dieses einzige Mal für den Rest unseres Lebens gewesen. So hätten wir sie im Kreis der Familie haben können, nur ein einziges Mal. Ich könnte heulen. Wir haben damals ganz einfach nicht gewusst, dass dies möglich ist.
Solche Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, müsste es viel, viel mehr geben. Und ich bin traurig, dass es nicht so ist(…)
Liebe Grüße
Gudrun“
„… wie sie (die „Totenwäscherin“) mit dem kleinen Mädchen umgegangen ist, so, als würde es leben und jeden Moment aufwachen. Sehr würdevoll.
Eigentlich müsste dies der Normalfall sein, nicht? Ich denke, es würde einem den Abschied von seinem Kind um vieles leichter machen, wenn das totgeborene Kind auch als Mensch, der da war, behandelt wird, so wie es da gezeigt wurde.
Bei mir hat diese Sendung die Frage aufgeworfen: Was hat Simon in seinem kleinen Sarg jetzt an?
Liebe Grüße,
Anke „