Mein kleiner Schmetterling

Zur Geburt unseres zweiten Sohnes Pascal haben wir von einer Freundin einen Schmetterlingsflieder mit dem Hinweis geschenkt bekommen:“Er wird, wenn er blüht, viele Schmetterlinge anlocken.“ Inzwischen sind drei Jahre vergangen und seit gestern blüht er wieder.Schmetterling

Über ein Duzend Schmetterlinge zähle ich darauf. Ein wunderbares Bild.

Es war kein Zufall, daß wir einen Schmetterlingsflieder bekommen haben. Genau vor 5 Jahren war ich so glücklich: Schwanger in der 20 Woche und dann wenige Wochen später, der Alptraum: Meinen ersten Sohn Tobias habe ich still geboren.

Während der zweiten Schwangerschaft, gut ein Jahr später, begleitete mich das Bild vom Schmetterling immer wieder. So beschreibt Elisabeth Kübler-Ross das Sterbeerlebnis:

Kann man es fassen
das Glück
intensiv
so stark
als wäre es unwirklich
kaum zu glauben
und doch
es ist da
es nimmt viel Platz ein
aber es ist noch Raum
für die Sehnsucht
und die einsamen stillen Tränen

aus der Geburtsanzeige von Pascal 03.05.1999

Das Sterbeerlebnis ist fast identisch mit der Geburt. Es ist eine Geburt in eine andere Existenz. Im Moment des Todes gibt es drei Stufen. Der körperliche Tod ist mit dem Geschehen identisch, wie wir es bei dem Heraustreten des Schmetterlings aus dem Kokon sehen können. Der Kokon samt seiner Larve ist der vorübergehende menschliche Körper. Diese sind aber nicht identisch mit Ihnen, sie sind nur ein vorübergehendes Haus, wenn Sie sich das so vorstellen können. Sterben ist nur ein Umziehen in ein schöneres Haus, wenn ich das symbolisch so sagen kann.

Elisabeth Kübler-Ross “Über den  Tod und das Leben danach”

Inzwischen habe ich bereits den dritten Sohn. Pascal und Gideon toben wie die Irren hier im Garten herum und Pascal begrüßt jeden Schmetterling voller Freude: „Eins, zwei, sieben, neun … ganz viele Metterlinge, Mama!“. Ich sitze hier, die Tränen laufen und denke doch glücklich: „Mein kleiner Schmetterling!“.

© Pirko Lehmitz, www.Stillgeboren.de 29.07.2002