Mein Glaube

eborgenheit in Deiner Hand mein Gott
iebe gist du bedingungslos
nnehmen tust du mich so wie ich bin
rvertrauen ist ganz tief in mir
und an den mich der Regenbogen erinnert
nergie die niemals versigt

Gleich nachdem ich aus dem Krankenhaus kam, bin ich in mein Zimmer gegangen, habe mir das Vornamensbuch genommen und erst einmal nachgeguckt, was der Name Tobias bedeutet.

Dein Vati hatte den Namen Tobias ausgesucht und einfach beschlossen, daß Du ein Junge wirst und Tobias heißt. Ich merkte sehr schnell, daß ich mit ein wenig Glück noch einen zweiten Namen aussuchen dürfte, aber gegen Tobias nichts hätte machen können. Im Kreissaal fragte ich ihn dann auch nur ganz kurz, ob es denn jetzt auch bei Tobias bleibe. Er nickte nur stumm.

Als ich dann im Vornamensbuch las: Tobias, hebr. von tobijahu = gut (ist) Jahwe (Gott), hat mich das beeindruckt und ich war froh, daß wir uns auf Tobias geeinigt hatten. Ich wußte zwar, daß Tobias eine Figur aus der Bibel war, doch ich hatte nie weiter darüber nachgedacht.  Merkwürdig, daß ich nicht früher nachgeguckt habe, wo ich doch in dem Buch so viel herumgeblättert hatte.

In der Woche, nach der ich Dich geboren hatte, und in der es mir so gut ging, die so unwirklich war, hatte ich eine unbestimmte Angst. Die Angst, meinen Glauben, der mich bisher durch mein Leben begleitet hat und der mir für vieles so viel Kraft gegeben hatte, zu verlieren. Ich dachte nur, daß was mir passiert ist, werde ich niemals fassen können. Mein Glauben muß daran einfach zerbrechen. Ich versuchte in der Bibel zu lesen, was ich vorher ab und zu ganz gerne gemacht habe, aber ich fand nichts tröstliches und nichts was mich ansprach. Da fand ich auf einmal das kleine Buch, daß wir von unserem Pastor zur Hochzeit bekommen hatten. Ich schlug es auf und der folgende Spruch sprach mich sofort an:

 “Es ist gut zu spüren, du da ist eine Hand, die dich hält.
Es ist gut zu spüren, du bist nicht alleine mit deinem Leben.
Es ist gut zu spüren, wenn keine Menschenhand mich mehr hält, bleibe ich geborgen in deiner Hand mein Gott.”

Als ich den ersten Tag im Büro war, habe ich den letzten Satz gleich als Bildschirmschoner eingegeben, der immer auftauchte, wenn ich kurze Zeit pausierte. Bis heute begleitet er mich durch den Tag.

Du erinnerst Dich sicherlich noch daran, es muß wenige Monate nach Deinem Tod gewesen sein, als ich mal wieder weinend mit dem Auto fuhr. Ich sehe sie genau vor mir ,die Kurve. Ich dachte nicht viel, sondern gab einfach Vollgas. Was soll’s. Doch kurz vor der Kurve bremste ich und fuhr ganz langsam herum. Weinend blieb ich dann am Straßenrand stehe. Als ich wieder aufschaute, da sah ich ihn, den Regenbogen. Ich schämte mich so, da ich sofort an den Bibeltext denken mußte: “Der Bogen über den Wolken ist das Zeichen des Bundes zwischen mir und den Menschen” Aber Du weißt, daß ich seitdem ganz vorsichtig gefahren bin.

Auch wenn mir so vieles verloren gegangen ist, tatsächlich ist mir mein Glaube nicht verloren gegangen, sondern hat diese Zeit nicht nur unbeschadet überstanden, sondern ist auch gestärkt daraus hervor gegangen. Ich weiß nicht was für einen Sinn Dein Tod für mich haben soll. Sicher, für mich hat sich vieles danach geändert, ich habe vieles von Dir geschenkt bekommen, aber ob das der Sinn war? Nein, ich kann es nicht glauben, weil für mich der Schmerz viel zu groß ist. Doch ich weiß heute, alles hat einen Sinn, auch dann, wenn wir ihn nicht erkennen. Ich vertraue Gott, daß auch dieses nicht einfach so geschehen ist. Vielleicht müssen wir nicht immer in allem einen Sinn sehen, vielleicht verstehen wir es einfach auch nicht, weil es über unsere Vorstellung geht. Aber vielleicht reicht es schon einfach aus, ihm zu vertrauen. Dabei fällt mir die Geschichte von Abraham ein, der sich solange nach einem Sohn gesehnt hat und Isaak dann selbst als Opfer für Gott töten sollte. In der Bibel steht, daß der Engel ihn anrief: “Tu ihm nicht zu leide, ich weiß jetzt, daß Du Gott fürchtest”. Doch so wie die Geschichte erzählt wurde, spüren ich keine Furcht Abrahams vor Gott. Er tut alles mit einer Selbstverständlichkeit, einer Gelassenheit, keine Spur von Angst. Spüren tut man nur sein vollkommenes Vertrauen in Gott. Wenn er verlangt, daß Abraham ihm das liebste auf der Welt gibt, was er hat, dann wird es einen Sinn haben, auch wenn er ihn nicht versteht. Um dieses vollkommene Vertrauen beneide ich Abraham unendlich.

© Pirko Lehmitz, www.Stillgeboren.de August 1998