Renate Salzbrenner

1992 nahm sich der Sohn Christian mit 27 Jahren das Leben. Nach dem Tod ihres Sohnes fand Renate Salzbrenner Hilfe in eine Selbsthilfegruppe, für Eltern, die ihr Kind durch Suizid verloren. Später leistete sie eigenen Einsatz in der Bamberger Gruppe “Trauer nach Suizid” und bietet heute noch Seminare und Einkehrtage für trauernde Eltern nach dem Suizid ihres Kindes an. Seit 1995 hat sie mehrere Bücher, sowohl Gedichte als auch Berichte veröffentlicht, darunter auch “Auf einen Regenbogen” Gedichte zur Trauer und Hoffnung, woraus diese Gedichte stammen.

Im Land der Trauer

Im Land der Trauer
will die Nacht
nicht mehr aufwachen.
Mond und Sterne haben
längst ihr Leuchten
eingestellt.
Selbst die Schatten
gingen in der Finsternis
verloren.
Schwarze Gräser
säumen unseren Weg,
den wir nicht sehen.

Doch jede Hand,
die man uns entgegenstreckt,
verwandelt
sich in Licht.

Was ich verlor


Als du starbst,
verlor ich meine Neugier.
Jemanden wie du
wird mir nicht mehr begegnen.
Auf wen sollte ich warten?

Als du starbst,
verlor ich meine Unbefangenheit,
diesen Glauben an:
Es wird schon wieder.
Schrieb sich in meine Haut:
Nie wird es wieder!
Als du starbst,
verlor ich miene Jugend.
Beugte sich mein Körper,
wuchs der Erde entgegen,
zu der er mal wird.

Als du starbst,
verlor ich meine Ängste.
Jeden Tag nehme ich
wie meinen letzten
Schlafe abends ein
mit meinen kargen Träumen

Meine beiden Gesichter


Meine beiden Gesichter
Geht es dir gut,
werde ich gefragt
im Vorübergehen.
Doch, gut, sage ich
und zeige
das passende Gesicht:
mein gutgehendes Gesicht.

Mein anderes Gesicht
verberge ich liebevoll
unter meiner Kleidung.
Zuhause ziehe ich
mich aus.
Dann darf es
seine Trauer tragen.