Die Geburt – unser schönstes ErlebnisIch nahm ihn ihr aus den Armen, und legte ihn in meinen Arm, da, wo er hingehörte.

Am Freitag, den 13. September 2001 (38.SSW) fiel mir auf, dass ich die Purzelbäume in meinem Bauch vermisste, machte mir jedoch keine Sorgen. Samstag mittag versuchte ich dann verzweifelt, mein Baby wachzurütteln – jedoch ohne Erfolg. Ich rief meine Hebamme an, die meinte, ich solle dann am Montag gleich zur Kontrolle zum Arzt gehen. Allerdings sagte sie, ich könne gern in die Klinik fahren, ein CTG schreiben lassen, um zu sehen, dass es dem Baby gut geht.

Also fuhr mich Pascals Papa, mit dem ich mich mittlerweile wieder ganz gut verstand, abends in die Klinik. Ich klingelte am Kreißsaal, und eine Hebamme brachte mich ins CTG-Zimmer. Aber es war zu spät. Mein kleiner Schatz hatte sich bereits auf den Weg zu den Sternen gemacht. Auf dem Ultraschall, der gemacht wuPascalmonirde, konnte ich mein Baby sehen, aber es bewegte sich nicht mehr. „Es tut mir leid“ sagte die Ärztin „aber ich fürchte, ihr Baby lebt nicht mehr.“

Das kleine Herz hatte aufgehört zu schlagen. Ich hatte meinen Sonnenschein verloren. Wie ich die nächsten Minuten (Stunden ? Tage ? ) überstanden habe, weiß ich nicht. Ich konnte nichts tun. Mich nicht bewegen, nicht reden, nicht weinen. Aber an die Decke starren – ja, das ging noch.

Ich wurde zu einer „normalen“ Geburt überredet und somit wurde sie am selben Abend noch eingeleitet. Abends kam meine Schwester, und wir unterhielten uns lange. Sie sollte bei der Geburt dabei sein. Auch der Papa durfte die ganze Zeit bei uns sein.

Am nächsten Morgen und auch mittags wurde mir noch einmal dieses wehenfördernde Mittel gegeben. Außerdem hing ich ständig am Antibiotika-Tropf. Und wenn ich mal nicht dran hing, schleppte mich meine Mutter über Gänge, Treppen und durch den Park. „Es soll doch endlich voran gehen“…..NEIN !!! Warum denn ?? Ich will mein Kind nicht hergeben….will es einfach nur behalten….

Irgendwann fingen die Wehen dann an, das Zeitgefühl hatte ich total verloren. Sie gaben mir Schmerzmittel. Jedoch meinten sie später, die Schmerzmittel halten nicht nur Schmerzen zurück, sondern auch die Wehen, und so hingen sie den Tropf dann ab.

Als die Wehen in wenigen Minutenabständen kamen, und sie mich in den Kreissaal brachten, war der Muttermund nur 2 Zentimeter geöffnet. Sie hingen mich wieder an den Tropf und ich war erleichtert, endlich wieder Schmerzmittel zu bekommen. Aber statt schmerzfrei zu werden kämpfte ich mit immer stärker werdenden Wehen. Sie hatten mir ein wehenförderndes Mittel gegeben, was auch sofort Erfog zeigte.

Schon eine Stunde später war mein Baby da. 23.36 Uhr, 49cm groß und 2300g schwer. Ich konnte es nicht gleich in den Arm nehmen, das ging alles viel zu schnell für mich. Die Hebamme wickelte es in ein Handtuch und fragte nach dem Namen. Lea-Celine, ja, das hatten wir für „sie“ ausgesucht, worauf die Hebamme uns dann sagte, dass er ein kleiner Junge sei….

Später fragte mich meine Hebamme noch einmal, ob ich meinen Kleinen jetzt in den Arm nehmen möchte, worauf ich antwortete, dass ich ihn erst mal nur sehen möchte. Als sie sich neben mich stellte, meinen kleinen Sohn auf dem Arm hatte, und ihn mir zeigte, nahm ich ihn ihr aus den Armen, und legte ihn in meinen Arm, da, wo er hingehörte. Das war ein unbeschreibliches Gefühl. Es war ein Gefühl, das jede Mutter auf dieser Welt wohl kennt. Viel Liebe, viel Freunde, viel Glück, Erleichterung und Wärme. Jedoch auch viel Traurigkeit, Unverständnis, Verzweiflung.

Aber in diesem Moment war mir nicht bewusst, dass das Baby, das ich da in den Armen hatte – MEIN Baby – tot ist. Für mich hat er einfach nur geschlafen. Sein Gesicht war so süß, und so friedlich. Er war warm, aber dass er nicht atmete, nahm ich nicht wahr. Ich war viel mehr damit beschäftigt, ihn mir genau anzusehen, die kleinen Hände zu streicheln, nachzudenken, wie schön alles hätte sein können.

Nur einen Namen hatte er noch nicht. Meine Schwester meinte, der Name, der mir als erstes einfällt. Ich sah mir meinen Kleinen an. Es war ohne Zweifel ein kleiner Pascal. Dass er doch kein Mädchen geworden war, interessierte niemanden mehr. Wir hatten uns alle auf Anhieb in ihn verliebt.

Zwei Stunden verbrachten wir alle noch gemeinsam im Kreißsaal, dann brachten sie mich wieder auf die Station, und Pascal wurde gebadet und angezogen.

PascalmonikorbchenNach ausdrücklichen Bitten meiner Mutter brachte die Hebamme mir Pascal später noch einmal ins Zimmer. Vor lauter Erschöpfung war ich eingeschlafen, wachte jedoch sofort auf, als sie die Türe aufmachte. Mittlerweile muss es ungefähr halb drei nachts gewesen sein. Sie hatten ihm den kleinen türkisfarbenen Strampler angezogen, den ich damals gekauft hatte (Meine Mutter muss wohl zwischendurch heimgefahren sein, und hat ihn und seinen Teddy geholt – Danke !!). Ich hätte nie gedacht, dass mein Baby jemals in dieses winzige Ding reinpassen würde. Und nun war er ihm viel zu groß. Er lag mit seinem Teddy in einem kleinen Körbchen. Ich nahm ihn wieder in den Arm und streichelte ihn. Eine viertel Stunde später ließen sie mich, Papa und Pascal alleine. Die nächste viertel Stunde verging wie im Fluge, und schon kam die Schwester, um Pascal wieder zu holen. Ich wollte ihn nicht hergeben, aber traute mich nicht, das zu sagen.

Sie brachte mir eine Mappe mit Unterlagen der „Initiative Regenbogen“, Pascals Armbändchen und eine Karte mit seinem Hand- und Fußabdruck. Darin standen noch mal seine ganz persönlichen Daten und der Spruch aus „Der kleine Prinz“.

„Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust,
wird es dir sein, als lachten alle Sterne.
Weil ich auf einem von ihnen wohne,
weil ich auf einem von ihnen lache.
Du allein wirst Sterne haben,
die lachen können !“

Was mich damals gequält hat, und mich heute immer noch belastet, ist das „WARUM ?“

Und vor allem: WARUM kann mir keiner eine Antwort auf die vielen Fragen geben ?

Dienstag, zwei Tage nach der Geburt von Pascal, kam Philip in die Klinik. Er war ein Kollege meiner Schwester, und nach anfänglichen Schwierigkeiten verstanden wir uns mittlerweile richtig gut. Er saß nur da, hielt meine Hand und verdrückte seine Tränen….

Von der Geburtsstation habe ich nach einem Zusammenbruch auch endlich ein Handtuch bekommen, das ich unbedingt haben wollte. Es ist wohl nur irgendein Handtuch, aber für mich ist es das, in das Pascal eingewickelt war. Ich brauchte einfach etwas zum festhalten, zum be-greifen. Auch heute liegt es immer bei uns im Bett.

Am Mittwoch durfte ich nach Hause. Es war ein komisches Gefühl. Mit Babybauch in die Klinik kommen und ohne irgendwas nach Hause zu gehen. Ohne Bauch. Ohne Baby. Ich hatte ihn zurückgelassen…. Nein !! Ich musste ihn zurücklassen ….

Moni
Diana30 (26.06.2003)