Therapeutische Aspekte der Trauer

aus Eltern trauern über den Tod ihres Kindes
Erstveröffentlichung: Heiliger Dienst, Jahrgang 55 (2001)
Christine Fleck-Bohaumilitzky

  • Therapeutische Hilfen für Trauernde sind vor dem Hintergrund der neuzeitlichen Entwicklung zu sehen, dass Trauernde heute von Seiten der Gesellschaft kaum noch angemessene Hilfen erhalten. Der Trauernde ist weitgehend auf sich gestellt, ohne durch Trauerrituale bei der Bewältigung von Verlusterlebnissen unterstützt zu werden.
    Der Tod des anderen führt unausweichlich zur Erfahrung der eigenen existentiellen Bedrohtheit.
  • Trauerrituale ermöglichen die Kontrolle von Emotionen, das heißt, sie schaffen Raum, Gefühle auszuleben ohne dass der Trauernde befürchten muss, diesen Gefühlen völlig ausgeliefert zu sein. Sie erleichtern, die auftretenden Gefühle wahrzunehmen, sie anzunehmen, ihnen Gestalt zu geben und sie gesellschaftlich akzeptiert auszudrücken. [z.B. Kleidung, religiös-liturgische Riten,…]
  • Ebenso bewirken Trauerrituale eine Reduzierung von Angst: Sie helfen den Hinterbliebenen, sich ihrer bisher gesellschaftlich definierten Position, die nun nicht mehr existiert, bewusst zu werden. Ebenso sind sie ein Schritt hin auf eine neue, bisher im eigenen Erleben noch nicht vollzogene Orientierung.
  • Der Verlauf des Trauerprozesses wird wesentlich beeinflusst von der Reaktion der Angehörigen, der professionellen Helfer und anderer Personen, wenn die Hinterbliebenen ihre Gefühle der Trauer zum Ausdruck bringen. Als ungünstig erweisen sich normalerweise Ratschläge, besonders, wenn sie durch Unverständnis und das Fehlen von Mitgefühl geprägt sind. Ebenso hinderlich für den Trauerprozess sind Erwartungen an Hinterbliebene, aufbrechende Gefühle doch tunlichst unter Kontrolle zu halten, sich zu beherrschen. Die Aufforderung: „Lass doch das Vergangene und wende dich endlich der Zukunft zu!“, ist häufig zu hören. Sie ist wenig hilfreich, behindert den Trauerprozess, besonders dann, wenn Gefühle der Trauer nicht zum Ausdruck gebracht werden können und das Entwickeln und Realisieren von Plänen und Aktivitäten für die Zukunft noch nicht möglich ist.