Narben bleiben ein Leben lang

 SCHWABACHER TAGBLATT 12/2001

Gedenken an viel zu früh verstorbene Kinder bei Gottesdienst im Eichwasen

Cornelia Hübschmann und Katja Böttner haben den Gottesdienst am zweiten Adventssonntag mit vorbereitet.

SCHWABACH (ukb) – Es ist wohl das Schlimmste, was einer Frau widerfahren kann, wenn sie ihr Kind verliert. Die Narben bleiben bei ihr ein Leben lang. Deshalb haben sich Frauen rund um den Globus über das Internet zusammengetan und veranstalten immer am Abend des zweiten Adventssontags, um 19 Uhr, einen Gedenkgottesdienst für alle Kinder, die während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder in jungen Jahren verstorben sind.

Auch in Schwabach findet ein solcher Gottesdienst in der evangelischen Kirche Sankt Matthäus im Eichwasen statt. Unter der einladenden Überschrift „Ich zünde eine Kerze für dich an!“ bereitet ihn Pfarrer Werner Strekies zusammen mit Cornelia Hübschmann und Katja Böttner.

Beide Frauen sind selbst betroffen. Ihre Kinder starben bereits während der Schwangerschaft. Für beide war dies ein so nachhaltiges Erleben, das sie nur durch die Hilfe der „Sternenkinder-Eltern im Netz“ (www.schmetterlingskinder.de) verarbeiten konnten. „Wenn man sich an den Chatroom dieser Internetadresse wendet, erhält man umgehend Antwort. Gleichgültig zu welcher Tages- und Nachtzeit, immer reagiert eine Frau, die Vergleichbares durchgemacht hat“, beschreibt Cornelia Hübschmann ihre Erfahrungen. Ihr haben die stundenlangen Telefonate, die sie in den Nächten des Krankenhaus-Aufenthaltes geführt hatte, geholfen, Trost zu finden, als ihr Sohn Florian nach einem vorzeitigen Blasensprung in der 19. Woche gestorben war. Zwar war es Cornelia Hübschmann schon klar, dass ihr Sohn keine Überlebenschancen besaß, aber nachdem dies schon der zweite Abschied von einem ungeborenen Kind war, waren die Trauer, das Leid und die quälende Belastung über die anscheinende Unfähigkeit, Kinder zu bekommen, riesengroß. „Ich habe mich so getragen gefühlt, einfach angenommen in meiner Trauer“, umreißt die junge Frau. Doch man spürt sehr wohl, dass die Narben noch frisch und die Spuren nur durch die Alltäglichkeit überdeckt sind.

Auch Katja Böttner fand im Internet Trost und seelischen Beistand, als in ihr ungeborenes Leben starb. Diese Augenblicke bleiben ein ganzes Leben im Gedächtnis haften, sie war vor allem über die Kälte von Medizinern und auch von ihrer Umgebung entsetzt.  „Es wird einem einfach das Recht zu trauern genommen“, klagt sie an. Sicher ahnte sie, dass jenes Kind nicht zur Welt kommen würde, doch habe sie sich mit dem Kind verbunden gefühlt, auch wenn es für die Behörden nur „eine Sache“ sei.

Viele Frauen müssen eine solche Erfahrung durchleben. Für all jene wollen die beiden Frauen Ansprechpartnerinnen sein, weil sie wissen, wie wichtig die Zuwendung, das verständnisvolle Gespräch sind. Außerdem sind sie gerne bereit ,ihr Wissen, ihre Erfahrungen im Umgang mit Ärzten, Kliniken und Behörden weiterzugeben. Was sie Gutes in ihrem Leid erfahren durften, wollen sie nun gerne weitergeben. Gelegenheit dazu bietet der Gottesdienst am Sonntag, 9. Dezember, der musikalisch von den beiden Harfenistinnen Angela Glückert-Hammer und Angela Hammer musikalisch untermalt wird.

Nachdem es sich bewährt hat, dem verstorbenen Kind einen Namen zu geben – sofern es nicht sowieso schon einen erhalten hatte -, wird gebeten, wenn möglich eine selbst gestaltete Kerze mit dem Namen des Kindes mitzubringen. Dass diese große Internet-Gemeinschaft viel Segen bringt, zeigt sich sicher auch darin, dass beide Initiatorinnen Mut fassen konnten und sich entweder auf ein weiteres Kind freuen oder schon freuen konnten.

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