Bis wir uns im Himmel wiedersehen

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Frühere Generationen haben für die Trauerzeit Rituale entwickelt, die ihnen helfen sollten, ihre Trauer auszudrücken und durch die Trauer zu neuer Lebensfreude zu finden. Heute tun wir uns schwer mit solchen Ritualen. Aber vielleicht kannst du dir selbst Rituale ausdenken, die dir in deiner Trauer gut tun. Es könnte ein Abschiedsritual sein, ein Versöhnungsritual oder ein Vergebungsritual. Du könntest auf verschiedene Blätter schreiben, an welche Begegnungen und Erlebnisse mit dem Verstorbenen du dich gerne erinnerst, was dir Schuldgefühle macht, wo du dich über den Verstorbenen geärgert hast, wo er dich verletzt und wo du ihn verletzt hast und was du ihm heute gerne sagen möchtest. Du kannst aufschreiben, für welche Erfahrungen mit ihm du Gott danken willst. Und dann kannst du dir überlegen, was du mit den Papierblättern machen möchtest. Du kannst sie aufbewahren und in die Gebetsecke legen, in der du meditierst. Dann wird das Gebet alles verwandeln, was du da aufgeschrieben hast. Du kannst die Zette! auch verbrennen und so den Abschied zelebrieren von allem, was war. Und dann kannst du ein Gebet formulieren, in dem du Gott darum bittest, das Vergangene zu lassen und offen zu sein für das, was Gott dir beute durch den Verstorbenen sagen möchte, in dem du Gott dankst für alles, was er dir durch ihn geschenkt bat.

Für mich gehört es zum persönlichen Trauerritual, dass ich jedes Mai, wenn ein lieber Mitbruder aus unserer klösterlichen Gemeinschaft stirbt, die Arie aus Händels Messias höre: ,,Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und dass er erscheint am letzten Tage dieser Erd‘. Wenn Verwesung mir gleich drohet, wird dies mein Auge Gott doch sehn.“ Vielleicht hast du auch solche persönlichen Trauerrituale. Der eine geht immer wieder den Weg, den der geliebte Verstorbene mit ihm oft gegangen ist. Ein anderer hört die Kantate oder die Symphonie, die der Verstorbene so geliebt bat. Und indem er sie hört, fühlt er sich eins mit ihm. Solche Trauerrituale sind nicht dazu da, den Toten festzuhalten, sondern die Trauer auf eine Weise auszudrücken, die in eine neue Beziehung führt. Für mich ist die Musik ein Fenster zum Himmel. Ich lasse mich hineinfallen und ahne, dass diese Musik jetzt bei Gott auf neue und unerhörte Weise erklingt. So verbindet mich mein Hören mit den Toten, die im Himmel Gottes Wort nicht nur mit ihren Ohren, sondern mit ihrem ganzen Wesen hören und für die ihr Horchen Seligkeit ist.

Suche dir das Musikstück aus, das dem Verstorbenen am liebsten war, horche dich in die Musik hinein und lass dich von ihr zu Gott tragen, den der Verstorbene nun mit unverhülltem Auge schaut.