Abschiednehmen

Zwischenhaltgottesdienst
der St.Paulus Gemeinde Buchholz i.d.N.
vom 19.11.2006

Gestern am Volkstrauertag war wieder einmal ein ganz besonderer Gottesdienst „Zwischenhalt“, den es in unserer Gemeinde einmal im Monat abends um 18 Uhr am Sonntag gibt: immer mit einer Band, Interviews mit Gästen zu einem bestimmten Thema, einer Geschichte, einer besonderen Aktion in der alle Gottesdienstteilnehmer mitmachen und natürlich auch Predigt, Gebete und Segen.

Der Gottesdienst begann zur Einstimmung mit dem Lied von Karat Schwanenkönig:

Es neigte ein Schwanenkönig
seinen Hals auf das Wasser hinab.
Sein Gefieder war weiß wie am ersten Tag,
rein wie Sirenenton.
Und im Glitzern der Morgensonne
sieht er in den Spiegel der Wellen hinein,
und mit brechenden Augen weiß er:
Das wird sein Abschied sein.
Wenn ein Schwan singt, schweigen die Tiere.
Wenn ein Schwan singt, lauschen die Tiere.
Und sie raunen sich leise zu, raunen sich leise zu :
Es ist ein Schwanenkönig, der in Liebe stirbt.
Und es begann der Schwanenkönig
zu singen sein erstes Lied,
unter der Trauerweide,
wo er sein Leben geliebt.
Und er singt in den schönsten Tönen,
die man je auf Erden gehört,
von der Schönheit dieser Erde,
die ihn unsterblich betört.
Und es singt der Schwanenkönig
seinen ganzen letzten Tag,
bis sich die Abendsonne
still ins Dunkelrot flieht.
Lautlos die Trauerweide
senkt ihre Blätter wie Lanzen hinab.
Leiser und leiser die Töne,
bis das letzte Licht im Gesang verglüht.
Wenn ein Schwan singt, lauschen die Tiere.
Wenn ein Schwan singt, schweigen die Tiere.
Und sie neigen sich tief hinab, raunen sich leise zu:
Abschiednehmen05Es ist ein Schwanenkönig, der in Liebe stirbt

Zwei Gäste wurden interviewt. Eine junge Frau (rechts), die eine Ausbildung zur Bürokauffrau bei einem Bestatter macht und eine Pflegedienstleiterin (links) des Buchholzer Hospizes.
Abschiednehmen04
Danach wurde die Geschichte von der traurigen Traurigkeit erzählt

Auch die Lieder zum Mitsingen wurden sehr passend ausgesucht.

   Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht
    und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt,
    Kehrvers dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
    dann wohnt er schon in unserer Welt.
    Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht
    //: in der Liebe, die alles umfängt.://
    Wenn das Leid jedes Armen uns Christus zeigt
    und die Not, die wir lindern, zur Freude wird,
    Wenn die Hand, die wir halten, uns selber hält
    und das Kleid, das wir schenken, auch uns bedeckt,
    Wenn der Trost, den wir geben, uns weiter trägt
    und der Schmerz, den wir teilen, zur Hoffnung wird,
    Wenn das Leid, das wir tragen, den Weg uns weist
    und der Tod, den wir sterben, vom Leben singt,
     

    Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht;
    es hat Hoffnung und Zukunft gebracht;
    es gibt Trost, es gibt Halt in Bedrängnis, Not und Ängsten,
    ist wie ein Stern in der Dunkelheit.

    Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand,
    die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.
    Es münden alle Pfade durch Schicksal, Schuld und Tod
    doch ein in Gottes Gnade trotz aller unserer Not.
    Wir sind von Gott umgeben auch hier in Raum und Zeit
    und werden in ihm leben und sein in Ewigkeit.

    Fürchte dich nicht, gefangen in deiner Angst, mit der du lebst.
    Fürchte dich nicht, gefangen in deiner Angst, mit der lebst du
    Fürchte dich nicht, getragen von seinem Wort, von dem du lebst.
    Fürchte dich nicht, getragen von seinem Wort, von ihm lebst du.
    Fürchte dich nicht, gesandt in den neuen Tag, für den du lebst.
    Fürchte dich nicht, gesandt in den neuen Tag, Für ihn lebst du.

Abschiednehmen01
(Ganz rechts mit dem grünen Pullover bin ich zu sehen 🙂 )

Es wurde an jeden eine rote Rose verteilt und die Gemeinde wurde aufgefordert, diese Rose für einen verstorbenen Menschen, den man vermißt vor dem Altar niederzulegen.

Als ich die Rose in der Hand hielt, liefen mir auch schon die Tränen, aber ich merkte wie meine Nachbarin zu rechten Seite ebenfalls in ein Taschentuch schniefte und mir die Frauenbeauftragte des Kirchenkreises mit Tränen in den Augen entgegenkam. Es gab viele Tränen… Bis alle Rosen vor dem Altar niedergelegt wurden, spielte die Band „My hart will go on“.

Es war zum Schluß ein wunderschönes Bild, die vielen roten Rosen vor dem Altar auf einem blauen Tuch.
Abschiednehmen02
Sie werden noch die ganze nächste Woche dort liegen und ich will versuchen, ob ich es schaffe in dieser Zeit noch einmal ganz für mich in die Kirche zu gehen.

Dann folgte die Predigt, die mir wirklich gut gefallen hat. Vorher erklärte die Pastorin, daß viele ihre Tränen oft nach innen weinen, aber sie eben viele Tränen gesehen habe: Dies sei völlig in Ordnung, denn wenn nicht hier in der Kirche, wo dürfe man sonst in der Öffentlichkeit weinen.

Pastorin Christiana Bürig
Pastorin Christiana Bürig

In der Predigt sprach sie über das Tabuthema Tod. Über das Sterben im Krankenhaus, über anonymen Bestattungen, daß Kinder auch ein Recht zur Trauer hätten und nicht einfach von Beerdigungen ausgeschlossen werden dürften und noch einiges Mehr. Nach dem Gottesdienst habe ich sie angesprochen und sie will mir eine Kopie der Predigt zur Veröffentlichung geben. Hier der Predigttext.
Nach den Fürbitten, wurde dann das Lied von Eric Clapton „Tears in Heaven“ gespielt. Dabei sammelte ich – ich hatte Kollektendienst als Kirchenvorstandsmitglied – die Kollekte ein. Ich hatte inzwischen meine Tränen getrocknet und war auch vorbereitet, daß das Lied noch kommt, dennoch für mich eine echte Herausforderung. Innerlich dachte ich an die Zeit kurz nach Tobias Tod, wo ich es jeden Abend hörte, bevor ich ins Bett ging, äußerlich reichte ich den Klingelbeutel von Bank zur Bank und wurde mit Anspielung auf meinen dicken Bauch angelacht. Irgendwie eine sehr zwiegespaltende, fast unwirkliche Situation.

Aber dennoch ein wirklich gelungener wunderschöner Gottesdienst.

© Pirko Lehmitz, www.Stillgeboren.de November 2006