Hinweis im Gottesdienst auf Weltgedenktag

Inzwischen versuche ich fast jede Möglichkeit zu nutzten, auf den Weltgedenktag hinzuweisen. Wie Ihr sehen könnt, habe ich schon zweimal Interviews anläßlich des Gedenktages für Zeitungen gegeben. Aber auch in meiner Gemeinde habe ich letztes Jahr (2002) erfolgreich auf den Weltgedenktag im Gottesdienst hinweisen dürfen. Ich schrieb einfach an unseren „diensthabenden“ Pastor mit der entsprechenden Brief.

Gottesdienst am 08.12.2002

Lieber Pastor Hohensee,

am Sonntag, dem 08.12.2002 ist der weltweite Gedenktag für alle verstorbenen Kinder. Damit ihr Licht für immer leuchte, stellen an diesem Tag um 19:00 Betroffene rund um die ganze Welt im Gedenken an ihre verstorbenen Söhne, Töchter, Brüder und Schwestern brennende Kerzen in die Fenster.

Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so daß eine Lichterwelle die ganze Welt umringt.

Begleitet wird dieses „Candle Lighting“ weltweit von Aktionen wie Gedenkgottesdiensten, Lesungen, Zeitungsberichten, ….

Die Initiative dieser Aktion geht von den „Compassionate Friends“, USA aus. Diese Organisation entspricht in Deutschland der Bewegung „Verwaiste Eltern“.

Als selbst betroffene Mutter, weiß ich wie wichtig, gerade in dieser für uns nicht ganz leichten Adventszeit, dieser Tag ist. Ich möchte Sie daher bitten, ob Sie in Ihrem Gottesdienst auf diesen Tag hinweisen würden. Gerne würde ich auch selbst die Gelegenheit nutzen, im Gottesdienst dies „Candle Lighting“ vorzustellen.

Anbei finden Sie ein Flugblatt zu dem Gedenktag.

Ich werde versuchen, Sie in den nächsten Tagen telefonisch zu erreichen.

Herzliche Grüße

Pirko Lehmitz

Er meldete sich daraufhin prompt per Telefon und einen Tag später besuchte ich ihn und wir besprachen alles. Er ermutigte mich, dann auch selbst im Gottesdienst den Weltgedenktag vorzustellen und hatte selber die Idee, daß wir im Gottesdienst Kerzen verteilen an jeden, die er am Abend anzünden sollte. Er erklärte, daß er in der Predigt das Thema „Advent, warten auf was…“ habe und bat mich dann, seine Predigt zu beenden.

 

Es war ein wunderschöner Gottesdienst, denn er hatte zusammen mit dem Gospelchor extra Lieder herausgesucht, die zum Thema „Licht“ paßten. Wie zum Beispiel das Lied „Little light of mine“.

THIS LITTLE LIGHT

This little light of mine
I’m gonna let it shine.
Oh, this little light of mine
I’m gonna let it shine.
This little light of mine
I’m gonna let it shine.
Let it shine
Let it shine
Let it shine

Wie besprochen setzte ich dann seine Predigt mit fort (Text).

Text für den Gottesdienst am 08.12.2002

Auch ich habe gewartet.

Vor 5 Jahren war ich zum ersten Mal schwanger. Mein Baby sollte am 22. Dezember, d.h. so um Weihnachten herum kommen. Viele bedauerten mich : „Da wirst Du Heilig Abend wohl im Krankenhaus verbringen müssen“ Ich antwortete immer darauf: „ Was kann der liebe Gott mir schöneres zu Weihnachten schenken, als ein Baby!“

Doch dann kam alles ganz anderes. Mein Sohn kam zu Früh und starb während der Geburt. Für mich brach eine Welt zusammen. Statt zu sehen, wie er aufwächst, mußte ich ihn beerdigen. Ich zweifelte an allem, ganz besonders an mir. Ich habe dann lange auf den ersten Tag ohne Tränen warten müssen. Der Verein Verwaiste Eltern hat mir dabei unglaublich geholfen. Die ersten Weihnachten waren kaum auszuhalten: Ein leerer Bauch und leere Arme, nur ein Grab. Auch heute noch empfinde ich die Advents- und Weihnachtszeit als ganz schwierig, wie für alle Eltern, die ein Kind verloren haben. Das Fest der Familie, aber es fehlt einer.

Doch gerade in dieser für uns Verwaiste Eltern so dunklen Zeit gibt es einen Lichtblick – im wahrsten Sinne des Wortes : Heute – wie an jedem 2. Sonntag im Dezember – ist der weltweite Gedenktag für verstorbene Kinder und Geschwister.

Damit ihr Licht für immer leuchte, stellen heute um 19:00 Betroffene rund um die ganze Welt im Gedenken an ihre verstorbenen Söhne, Töchter, Brüder und Schwestern brennende Kerzen in die Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so daß eine Lichterwelle die ganze Welt umringt. Begleitet wird dieses „Candle Lighting“ weltweit von Aktionen wie Gedenkgottesdiensten, Lesungen, Zeitungsberichten, … Allein in der Bundesrepublik sind uns mehr als 60 Gedenkgottesdienste bekannt.

Ihnen wurden gerade Kerzen ausgeteilt. Wir möchten Sie einladen heute um 19 Uhr für jeden, der dieses Jahr nicht mehr bei Ihnen Weihnachten feiern kann, eine Kerze anzuzünden. Und ich wünsche Ihnen, daß Sie, wie ich spüren, sie sind nicht allein.

Nach dem Gottesdienst wurde vor der Kirche Glühwein verteilt und so bleiben viele Besucher noch eine Weile zusammen stehen. Ich bekam viele positive Rückmeldungen und eine Anfrage einer anderen Pastorin, die selber einen Gottesdienst plante und noch Texte suchte, der ich weiterhelfen konnte.

Text für den Gottesdienst am 12.12.2002

So einen Engel des Lichtes hat eine Mutter gemalt, die ihr Baby so wie ich still geboren hat. Als sie mir diesen Engel schickte, schrieb sie dazu, er soll Mut machen und sein Licht streuen.

Der Engel des Schopfungsengel2klLichts ist für Trauernde etwas ganz besonderes: Er zeigt ihnen, daß um sie herum nicht nur Dunkelheit herrscht und führt sie mit seinem Licht aus der Einsamkeit heraus. Aus diesem Grund ist auch das Anzünden einer Kerze für Trauernde ein ganz wichtiges Ritual. Mein Mann und ich haben in den ersten Monaten nach dem Tod unseres Sohnen Tobias immer, wenn wir unser Wohnzimmer betraten eine Kerze angezündet.

Ein ganz besonderer Tag für uns ist daher auch der heutige Weltgedenktag für verstorbene Kinder. Jedes Jahr am 2. Sonntag im Dezember stellen Betroffene rund um die ganze Welt um 19.00 Uhr brennende Kerzen in die Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so daß eine Lichterwelle 24 Stunden die ganze Welt umringt. Diese Lichterwelle zeigt den Eltern, daß sie nicht alleine sind.

Zusammen mit meinen anderen Söhnen werde ich heute Abend um 19 Uhr diese Kerze für Tobias anzünden und ins Fenster stellen. Vielleicht zünden auch sie heute Abend eine Kerze für ein verstorbenes Kind an und stelle sie ins Fenster.

Auch die anderen Jahre habe ich wieder in der Gemeinde auf den Weltgedenktag hinweisen dürfen (Text 2004).

Gemeindebrief03

Vielleicht habt Ihr ja auch guten Kontakt zu Euer Gemeinde und fragt einmal, ob nicht am Sonntag im Gottesdienst auf das Candlelighting hingewiesen werden könnte. Dieses Jahr ist es mir gelungen, schon vorher im Gemeindeblatt einen Hinweis mit einem eigenem Text unterzubringen.

Als wir vor ein paar Monaten nach Buchholz gezogen sind, habe ich dennoch mir ein Herz gefaßt und beim Pastor angerufen, ob ich in seinem Gottesdienst am 11.12.05 auf den Gedenktag hinweisen dürfte. Er war erst etwas unsicher, sagte es mir aber zu. Da ich gleich beim Gemeindebrief mitmachte, war es auch nicht schwer dort einen entsprechenden Artikel zu plazieren. Die Pastorin, die dort mitmacht, meldete mir sehr postive Rückmeldungen auf meinen Artikel und erklärte auch gleich, sie übernehme den Gottsdienst am 11.12.05 worüber ich mich freute. Heute also saß ich mit ihr zusammem im Gottesdienst. Da es eine neue Gemeinde ist – in meiner alten hatte ich das schon zweimal gemacht – war ich aufgeregter als sonst. Als ich an der Reihe war, ging ich nach vorne und sprach folgenden Text:

Text für den Gottesdienst am 11.12.2005

Haben Sie schon einmal beobachtet, welche Wirkung das Anzünden einer Kerze auf Sie hat? (Ich ging nach vorne zum Altar und zündete eine Kerze an) Es hat etwas ungemein beruhigendes, fast friedliches. Zur Zeit zündet jeder von uns tagtäglich eine oder auch mehrere Kerzen an. Kerzen des Adventskranzes, Kerzen der Weihnachtspyramide und am Heiligen Abend Kerzen des Weihnachtsbaumes.

Auch ich werde heute Abend wieder eine Kerze anzünden. Eine ganz besondere Kerze, die allerdings nichts mit der Adventszeit zu tun hat. Eine Kerze, die für meinen ersten Sohn Tobias brennen wird, der bei der Geburt starb. So wie viele verwaiste Eltern, denn heute ist der Weltgedenktag für verstorbene Kinder und Geschwister. Es ist sicher nicht zufällig, daß dieser Tag im Advent liegt, denn die Weihnachtszeit ist für uns verwaiste Eltern eine nicht ganz einfache Zeit: Das Fest der Familie, aber einer fehlt und wird immer fehlen. Daher ist dieser Weltgedenktag für uns so wichtig:

Jedes Jahr am 2. Sonntag im Dezember stellen Betroffene rund um die ganze Welt um 19.00 Uhr brennende Kerzen in die Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so daß eine Lichterwelle 24 Stunden die ganze Welt umringt. Diese Lichterwelle zeigt den Eltern, daß sie nicht alleine sind.

Zusammen mit meinen anderen Söhnen werde ich daher heute Abend um 19 Uhr diese Kerze für Tobias anzünden und ins Fenster stellen. Vielleicht gibt es auch in Ihrer Familie oder Bekanntenkreis ein verstorbenes Kind, für das sie heute Abend eine Kerze anzünden.

Als der Gottesdienst zu Ende war, hörte ich hinter mir auf der Bank eine ältere Dame sagen:“Ich habe drei Kinder verloren, aber von so einem Tag habe ich noch nie gehört:“ Die andere Dame drückte ihre Hände. Im Ausgang wurde ich von einer Frau aus dem Kirchenvorstand angesprochen. Sie hätte das sehr bewegt und würde gerne nächsten Samstag (dort sehen wir uns in der Kinderkirche) mit mir näher sprechen. Ich glaube, heute haben in Buchholz zumindest vier Kerzen mehr gebrannt als sonst. Und im Gedenkgottesdienst in Adendorf habe ich für die drei Kinder der älteren Dame auch drei Kerzen angezündet.

Pirko Silke Lehmitz Dezember 2005

Weltgedenktag
für alle verstorbenen Kinder,
Sonntag, 14. Dezember 2008

Manchmal ist einem gar nicht Bewusst, wie wichtig einen Dinge sind.

Tobiasgrab06Mein Sohn Tobias, den ich vor 11 Jahren still geboren haben, ist in Großhansdorf begraben, also fast 100 km von uns entfernt. Deshalb fahren wir nicht so oft zum Grab. Aber wir fahren jedes Jahr auf dem Rückweg aus unserem Urlaub, den wir ja schon seit vielen Jahren an der Ostsee verbringen, bei ihm vorbei. Im Urlaub kaufe ich dann immer etwas für das Grab, wie eine kleine Figur oder so was. Dies sowie einige von seinen Brüdern gesammelte Muscheln, bringen wir ihm dann mit. Natürlich zünden wir auch immer einen Kerze an. Dies Jahr leider nicht. Durch meinen Achillessehnenriss konnte ich nicht Auto fahren und da wir keinen 7-Sitzer mehr haben, musste ich mit der Bahnfahren. Erst als wir in Scharbeutz waren, wurde mir auf einmal klar, was das eigentlich bedeutet – ich werde nicht zum Grab können. Ich hatte noch nicht mal Lust, etwas dort für’s Grab zu kaufen. Ich hatte total unterschätzt, wie mir das fehlt und es ging mir nicht besonders damit.

Mir war einfach nicht bewusst gewesen, wie wichtig mir in den letzten 11 Jahren bestimmte Rituale geworden waren. Aber ein Ritual ist mir  ganz besonders wichtig: Jedes Jahr am zweiten Sonntag im Dezember, dem Weltgedenktag für verstorbene Kinder, zünde ich um 19 Uhr eine Kerze an für Tobias und stelle sie ins Fenster. So wie Betroffene in der ganzen Welt.  Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so dass eine Lichterwelle 24 Stunden die ganze Welt umringt. Für mich ist diese Lichterkette rund um die Welt eine schöne Vorstellung.

Pirko Silke Lehmitz
(Paulusbrief 2008)