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Gezeiten der Trauer – Rituale

Artikel aus Ratgeber Frau und Familie

Fast alle Kulturen haben spezielle Trauerriten, die helfen, den Verstorbenen zu ehren und gleichzeitig die Trauer in allgemein akzeptierte Bahnen zu lenken, ihr einen Rahmen zu geben. Rituale, gleich welcher Art, bieten auch die Möglichkeit, sich  – eventuell in der Gemeinschaft mit anderen – neu auf den Toten zu besinnen und ihm die gebührende Ehre zu erweisen. Das hilft den Trauernden, über ihren direkten Schmerz hinwegzukommen.

Uns aber kommen mehr und mehr Rituale abhanden und damit die Gabe, öffentlich und in der Gemeinschaft mit anderen zu trauern — von der verhältnismäßig kurzen Zeremonie der Bestattung und der Trauerfeier einmal abgesehen. Auch da zeichnet sich eine Wandlung ab, die die beherrschende Rolle der gesellschaftlichen Konvention deutlich macht. Besonders krass zeigt sich dies am Verhalten nachfolgender Generationen in den USA, die Einwanderer verschiedener ethnischer Gruppen aus allen Teilen der Welt integrieren musste. Äußerten z.B. italienische Einwanderer ihre Trauer ausdrucksstark und gefühlsbetont, so halten sich ihre Kinder und Enkel bereits zurück. Von ihren Emotionen ist äußerlich nicht mehr viel zu spüren. Auch sie bleiben jetzt mit ihrer Trauer allein — wie wir..

Rituale als Lebenshilfe

Aus “Gute Hoffnung – jähes Ende” von Hannah Lothrop, (6. Auflage 1998,S. 102)

Rituale scheinen zu unserem Menschsein zutiefst dazuzugehören. Rituale bauen Gemeinschaft auf und werden andererseits auch von ihr getragen. Wenn die Bedeutung von Ritualen in einer Kultur abnimmt, steigt oft die Orientierungslosigkeit.

Wir können uns ganz eigene oder familienbezogene Rituale schaffen. Rituale dienen dazu, innere Prozesse durch rituelle Handlungen im Außen sichtbar zu machen. Die stille Sprache der Symbolik fördert unser Verstehen und Verarbeiten auf einer tieferen — bzw. höheren — Ebene und hilft unserem inneren Wesen, die Veränderung, die Verwandlung zu integrieren. Rituale helfen uns, die Bedeutung besonderer Situationen hervorzuheben und ihnen Raum und Würde zu geben.

In allen Kulturen gibt es eigene Rituale — rites depassage — für alle großen Übergänge von einer Lebens- oder Daseinsstufe zur anderen. Sie sollen diese erleichtern und gelingen lassen. Denn Altes loszulassen ist oft nicht leicht, und Neues, Unbekanntes erhöht zunächst die Spannung in uns. Da ist etwas Hilfe schon angebracht. Teil aller fruchtbaren Übergangsrituale ist es, Gewesenes anzuschauen, zu erkennen, was es einem gebracht hat, es zu verabschieden und es loszulassen, um Raum zu schaffen für Neues. Gute Rituale stützen sich auf verlässliche, vertraute Muster, lassen aber Raum für Spontaneität und Individualität.

In unserer Situation fallen zwei der wesentlichsten Übergänge im Leben der Menschen — Geburt und Tod — zusammen. Dies fordert ungeheuerlich viel von uns als Einzelnen oder als Paar, und da ist es sehr verständlich, dass häufig ein starkes Bedürfnis nach einem Ritual besteht, durch das wir ein Eingebundensein in der Gemeinschaft unserer Familie, Freunde und Mitmenschen erfahren können.

Vielen trauernden Eltern, mit denen ich gesprochen habe, war es ein ungemein wichtiges Anliegen, dass andere die Existenz ihres verstorbenen Kindes wahrnahmen und anerkannten. Gerade wenn unser Kind nicht auf dieser Erde gelebt und es sonst niemand gekannt hat, kann eine Beerdigung anderen bekunden: Wir hatten ein Kind, und dieses Kind lebt nun nicht mehr. »Die nicht beerdigten oder durch eine Handlung verabschiedeten Kinder lassen Mütter und Väter oft nicht bzw. nur mühsam zur Ruhe kommen und erschweren ihnen die Trauerarbeit«, stellt die Seelsorgerin Dorothea Bobzin fest.

Manchmal werden tote Babys beerdigt, bevor die Mutter das Krankenhaus verlassen konnte. Doch alles Gesagte zeigt, dass es gut ist, wenn beide Eltern zugegen sind. Bei dem Ritual der Beerdigung geben wir den Körper des Kindes der Erde zurück. Dieser äußerst schmerzhafte Schritt hilft uns, die Endgültigkeit und Realität seines Todes wirklich zu begreifen —als erste Aufgabe auf dem Weg zum Heilen. Was dieses gestorbene Kind uns bedeutet, was es uns gebracht hat, können wir erst im Lauf der Zeit ermessen.

Rituale sind Menschen also Lebenshilfe. Es ist gut, sie am Leben zu erhalten. Wo Rituale leer geworden sind, müssen wir sie vielleicht mit neuem Sinn füllen oder uns durch das Schaffen eigener Rituale den Umgang mit diesem Tod erleichtern. Je mehr ein Ritual für uns stimmig ist und uns in der Tiefe entspricht und anspricht, desto mehr wird es uns auf unserem Weg hilfreich sein.

Wenn ein Mensch gestorben ist – wie gehen wir mit dem Toten um? (Rituale)

TauschBickelnDaniela Tausch-Flammer, Lis Bickel S. 181 ff.

In der gegenwärtigen Zeit haben aber viele Menschen den Zugang und das Verständnis für die traditionell gepflegten Rituale und kultischen Handlungen im Rahmen der Kirche verloren. Die Traditionen und die mit ihnen verbundene Geborgenheit haben sich vielerorts besonders in großstädtisch Bevölkerungskreisen immer mehr aufgelöst. Damit ist Entfremdung zwischen uns und den kultischen Handlungen eingetreten und das damit verbundene Gefühl des Befremdlichen ihnen gegenüber.

Andererseits können wir aber auch festzustellen, daß es in vielen Menschen ein neu erwachte Sehnsucht nach ebendiesen und erfüllten Ritualen gibt.

Das bedeutet: daß es einerseits zu einer Erneuerung des Verständnisses von Ritualen und andererseits ein erneuertes Bewußtsein von seiten deren geben sollte, die kultische und rituelle Handlungen vollziehen.

Wir erleben oft, daß gerade in solchen Zeiten tiefer Erschütterung, wie sie Sterben und Tod mit sich bringen, die Sensibilität für Echtheit und Tiefe und die Aufnahmefähigkeit für die heilende“ Wirkung solcher Handlungen besonders gesteigert ist. Das heißt also, daß rituelle Handlungen auch in der Zukunft hilfreich, sinnstiftend und ordnend sein und damit Kraft und wirklichen Trost spenden können, wenn sie erfüllt und wahrhaft mitvollzogen werden. Wir meinen, daß Trauer und wirkliche Verzweiflung nicht durch Zeremonien und Traditionen zugedeckt und verdrängt werden sollten, daß durch sie nicht eine Verpflichtung entstehen sollte, ,,tapfer zu sein“ oder ,,getröstet“ wo dieses noch gar nicht sein kann oder sogar Drohungen von Strafe, Verdammnis, Schuld und Sünde uns nicht noch zu unserer ohnehin schon schweren Last des Verlustes auferlegt werden. Glauben darf nicht gleichgesetzt werden mit einer unechten Haltung, die meint, daß der Schmerz ja gar nicht so groß sein dürfe. Vielmehr wünschen wir, daß es uns wieder vermehrt gelingt, religiöses Handeln und Erleben so zu gestalten und zu erfahren, daß wir in ihnen eine ganzheitliche Ordnung und Geborgenheit empfinden und erfahren können. Eine Ordnung, in der wir uns trotz unserem Schmerz, unserer Wut, unserer Trauer und der Vielfalt unserer Gefühle aufgehoben erleben. Wir wünschen uns eine zukünftige Gestaltung der Bräuche und Rituale, die aus echtem Empfinden kommt und vollzogen wird und uns behutsam zu Vorstellungen des nachtodlichen Seins hinführt und uns Handlungen zeigt, die uns in die geistig-seelische Nähe der Verstorbenen bringen können.

Der ursprüngliche Sinn ritueller Handlungen war der, daß Menschen durch solches Tun ihren Hoffnungen, Wünschen, Angsten, Gefühlen und Gedanken Ausdruck geben konnten, sie verdichteten, ihnen Form gaben und sie erhöhten. Profanes und Alltägliches wurde in einem erhöhten, besonders klaren und liebenden Bewußtsein vollzogen. Sie wurden in einer ganz und gar aufmerksamen und zugewandten Art und Weise ausgeführt, das heißt zelebriert. Die so ausgeführten Handlungen verändern sich in ihrem Charakter und werden zu kultischen Handlungen. Dadurch, daß Handlungen auf solche Weise vollzogen werden, kann sich das ursprünglich nur chaotische, schmerzhafte Empfinden klaren und ordnen und eine heilende Form des Ausdrucks finden.

Ritus und Kult schenken uns die Verbindung zum Heilenden und Heiligenden in uns und außerhalb von uns.

Viele Menschen mag die Frage bewegen, was denn eigentlich Heilung oder auch Linderung bewirkt. Darüber hinaus beschäftigt uns vielleicht die Frage, welche Bedeutung die Rituale, über uns selbst hinaus, denn tatsächlich auch für den Verstorbenen haben. Was können wir über diese Vorgänge und Kräfte, über die Wirkung solch kultischer Handlungen in heutiger Zeit verbindlich aussagen?

Rituelles und sakramentales Geschehen haben immer eine Dimension, die sich auf den religiösen, kosmischen, übersinnlichen, spirituellen Zusammenhang ausrichtet. Das bedeutet, daß Menschen, denen ihr Eingebettetsem in ein höheres, sinnvolles Ganzes nicht mehr zugänglich ist, eben auch von der inneren Bedeutung kultischer oder ritueller Handlungen entfremdet sind.

Andererseits können wir immer wieder feststellen, daß Menschen, die in das Erleben von Sterben und Tod gestellt sind, oft einen ganz neuen Zugang, eine ganz neue Öffnung zum Religiösen, Spirituellen erleben. Manchmal kann es sogar geschehen, daß Menschen durch solche Handlungen, die in große Liebe und Bewußtheit vollzogen werden, wieder eine Ahnung einer religiösen Dimension erfahren.

So sagte uns eine Mutter, die durch die areligiösen Lebensgewohnheiten der ehemaligen DDR geprägt war, nach einer Feierlichkeit für ihren an Krebs Verstorbenen Sohn:

,Ich spürte plötzlich so etwas Besondeies im Raum, und ich hatte das Gefühl, daß Ralph an all dem, was da geschah, teilnahm und er dadurch bei uns war.“

Im Ritual werden an und für sich unsichtbare Kräfte durch Worte im Gebet, Körperhaltungen, Düfte zum Ausdruck gebracht, oder es wird darum gebeten, daß diese unsichtbaren, geistigen Kräfte zur Entfaltung und Wirkung kommen mögen. Das, was unsichtbar erscheint, kann durch Handlung etwas in die Sichtbarkeit kommen. So kann zum Beispiel das Bitten und das Empfangen durch Gesten lebendig werden, Verehrung kann sich durch eine bestimmte Körperhaltung ausdrücken, Kraft und Segen kann empfangen und gespendet werden, und innerlich Erlebtes, Gefühle, Lasten und Fragen können ausgedrückt oder überantwortet werden.

Im rituellen Geschehen ist oft das Element der Wiederholung enthalten. Wir können dann erleben, daß bewußt Wiederholtes und wiederholt Erlebtes uns ein starkes Gefühl der Ordnung, des Schutzes und der Geborgenheit vermitteln. Andererseits erfahren wir, daß Inhalte, die mit Hingabe wiederholt vollzogen werden, immer neu und verändert erscheinen, daß das eigentlich Wirkende sich auf immer neue Weise in ihm ereignet. Das regelmäßig Wiederholte erfahren wir dann als verwandelnd und heilend.

Der Zugang zu neuen Ritualen

Manchen Menschen entspricht es, daß sie in der Begleitung eines Verstorbenen nicht mehr auf die herkömmlichen Brauchtümer und Traditionen zurückgreifen möchten. Sie wollen entweder neue oder auch persönlichere Formen des Handelns für sich finden. Wir wünschen uns, daß wir durch die folgenden Abschnitte solchen Menschen, die für ihre Verstorbenen und auch für sich selber neue Rituale und zeremonielle Handlungen vollziehen möchten, Mut und einige Anregungen geben können.

Durch diese ,,Zurücknahme“ solchen Handelns in die Kraft der eigenen Gestaltung wird einerseits ein Großteil der Entfremdung gegenüber Ritualen und die Tabuisierung gegenüber Sterben und Tod überwunden, andererseits kann es den Hinterbliebenen ein Gefühl tiefer Befriedigung schenken, das ihnen auch im Prozeß der Trauer hilft.

Auf der Suche nach solchen Formen haben wir eine noch gar nicht ausgeschöpfte Quelle in den Bräuchen und Traditionen anderer Völker und Kulturen. Da gibt es die Sitte:

  • den Toten selber zu richten und zu schmücken;
  • Sarg- oder Grabbeigaben mitzugeben;
  • die Totenwache auf eine gemeinschaftlicher Art und Weise durchzuführen, wie zum Beispiel mit den Mitbewohnern eines ganzen Hauses;
  • die Feierlichkeiten auf unterschiedlichste Weise zu gestalten;
  • das Niedersenken des Sarges selber zu übernehmen;
  • das Grab selber zuzuschaufeln;
  • das Grab gemeinschaftlich zu schmücken;
  • besondere Essenszubereitung;
  • und andere Formen eines längeren Beisammenseins und Begleitens in den Tagen nach der Beisetzung.

Paul Tillich schreibt in seinen Religionsphilosophischen Schriften:

Kultus ist die Inbegriff derjenigen Handlungen, durch die das Unbedingte (das Ewige Göttliche – Transzendente /Anmerkung der Verfasserinnen) im Praktischen realisiert weiden. Alles religiöse Handeln ist kultisches Handeln. Religiöses Handeln aber ist gläubiges Handeln, Alles gläubige Handeln ist darum kultisches Handeln!…

Für den Glauben kann es keinen (!) praktischen Akt geben, der nicht durch ein Symbol hindurch auf das Unbedingte gerichtet wäre…

Der Kultakt ist nichts als die höchst konzentrierter Form gläubigen Handelns“ (Paul Tillich, Hauptwerke Band 4).

Wir möchten das für uns in folgender Weise ausdrücken:

Jede Handlung kann zu einer kultischen Handlung erhoben werden.

Um eine profane Handlung zu einer kultischen Handlung werden zu lassen, bedarf es:

  • der Gerichtetheit auf das  Göttliche,
  • die konzentrierte Hingabe an das Geschehen
  • und die Reinheit der Motive un der Ausführung.

Wenn wir in dieser äußeren und inneren Haltung Handlungen vollziehen, haben sie einen kultisch-rituellen Charakter.

Alle Beteiligten sollten solche Rituale mit wachem und liebenden Herzen vollziehen oder nachvollziehen, dann werden sie selber die Bedeutsamkeit und Kraft eines solchen Tuns erfahren. Das kann für einen einzelnen Menschen gelten oder auch für eine Gruppe von Menschen, die sich in diesem gemeinsamen Anliegen miteinander verbinden. Das ganz persönliche Erleben kann in solch gemeinschaftlichem Tun als eine uns allen gemeinsame Lebenserfahrung erlebt werden, damit kann der eigene subjektive Schmerz als ,,normal“ allen Menschen gemeinsam, eingebettet, erlebt und verstanden werden. Auf diese Weise kann das Leiden ein Stück weit begreifbarer werden.

Alles, was einen Weg des Ausdrucks, eine Form oder Gestaltung findet, erfährt damit schon Wandlung im Sinne von Heilung.

Inwieweit solche rituellen Handlungen unsererseits auch für den Verstorbenen ,,positiv“, das heißt hilfreich und wichtig sind, kann in solchen Situationen ahnend erfahren werden. Wir haben dann vielleicht in unserem eigenen Inneren das Erleben, daß etwas ,,lichter“ oder ,,leichter“ um den Verstorbenen wird, oder wir haben möglicherweise das Gefühl, daß sich etwas Fehlendes zu einem Ganzen schließt, abrundet und vollendet. Wenn wir den Verstorbenen sowohl in seiner Lebensgeschichte als auch in der Tiefe seines Wesens kannten, können wir in solchen Handlungen eine Übereinstimmung mit seinen Wünschen erahnen, oder wir erleben, daß wir in uns das ganz deutliche Gefühl haben, noch etwas in seinem Sinne für ihn vollzogen zu haben.

Bis wir uns im Himmel wiedersehen

AmselnGrunAmseln Grün

Frühere Generationen haben für die Trauerzeit Rituale entwickelt, die ihnen helfen sollten, ihre Trauer auszudrücken und durch die Trauer zu neuer Lebensfreude zu finden. Heute tun wir uns schwer mit solchen Ritualen. Aber vielleicht kannst du dir selbst Rituale ausdenken, die dir in deiner Trauer gut tun. Es könnte ein Abschiedsritual sein, ein Versöhnungsritual oder ein Vergebungsritual. Du könntest auf verschiedene Blätter schreiben, an welche Begegnungen und Erlebnisse mit dem Verstorbenen du dich gerne erinnerst, was dir Schuldgefühle macht, wo du dich über den Verstorbenen geärgert hast, wo er dich verletzt und wo du ihn verletzt hast und was du ihm heute gerne sagen möchtest. Du kannst aufschreiben, für welche Erfahrungen mit ihm du Gott danken willst. Und dann kannst du dir überlegen, was du mit den Papierblättern machen möchtest. Du kannst sie aufbewahren und in die Gebetsecke legen, in der du meditierst. Dann wird das Gebet alles verwandeln, was du da aufgeschrieben hast. Du kannst die Zette! auch verbrennen und so den Abschied zelebrieren von allem, was war. Und dann kannst du ein Gebet formulieren, in dem du Gott darum bittest, das Vergangene zu lassen und offen zu sein für das, was Gott dir beute durch den Verstorbenen sagen möchte, in dem du Gott dankst für alles, was er dir durch ihn geschenkt bat.

Für mich gehört es zum persönlichen Trauerritual, dass ich jedes Mai, wenn ein lieber Mitbruder aus unserer klösterlichen Gemeinschaft stirbt, die Arie aus Händels Messias höre: ,,Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und dass er erscheint am letzten Tage dieser Erd‘. Wenn Verwesung mir gleich drohet, wird dies mein Auge Gott doch sehn.“ Vielleicht hast du auch solche persönlichen Trauerrituale. Der eine geht immer wieder den Weg, den der geliebte Verstorbene mit ihm oft gegangen ist. Ein anderer hört die Kantate oder die Symphonie, die der Verstorbene so geliebt bat. Und indem er sie hört, fühlt er sich eins mit ihm. Solche Trauerrituale sind nicht dazu da, den Toten festzuhalten, sondern die Trauer auf eine Weise auszudrücken, die in eine neue Beziehung führt. Für mich ist die Musik ein Fenster zum Himmel. Ich lasse mich hineinfallen und ahne, dass diese Musik jetzt bei Gott auf neue und unerhörte Weise erklingt. So verbindet mich mein Hören mit den Toten, die im Himmel Gottes Wort nicht nur mit ihren Ohren, sondern mit ihrem ganzen Wesen hören und für die ihr Horchen Seligkeit ist.

Suche dir das Musikstück aus, das dem Verstorbenen am liebsten war, horche dich in die Musik hinein und lass dich von ihr zu Gott tragen, den der Verstorbene nun mit unverhülltem Auge schaut.