Archiv der Kategorie: Gefühle nach Geburt

Am liebsten hätte ich sie nie wieder losgelassen.

Geburt von Jolina Melissa

So gegen 20.30 Uhr hat mir Birgit ( das ist meine Hebamme) die Fruchtblase aufgepieckst. Das Fruchtwasser lief dann nur so raus. Ab da ging dann auch alles ganz schnell. Ich musste mich dann mal zur Seite drehen, damit sich die kleine auf in Richtung Ausgang machen konnte.

Das ging dann alles wirklich Ruck-Zuck. Ich presste und presste und presste. Und siehe da, um 21.11 Uhr war sie dann da:

* Jolina Melissa *
Größe: 44 cm
Gewicht: 1810 g
Haarfarbe: dunkelblond
35. SSW

Ich kann Euch gar nicht beschreiben was das für ein tolles Gefühl war, als ich dann plötzlich meine Tochter im Arm hielt. Mir war in diesem Moment nicht wirklich klar das sie tot ist. Na ja zumindest nur im Unterbewusstsein. Für mich war wichtig das ich sie in meinen Armen halten konnte, sie anschauen konnte und ihr einfach nur zeigen kann, wie sehr ich sie liebe.

Swen hat die Nabelschnur abklemmen dürfen. Er war sehr gerührt als er die Kleine sah. Sie war so bildhübsch, einfach nur süß. Unsere Hebamme Birgit, eine wirklich tolle Frau, kümmerte sich sehr liebevoll um uns und auch um unsere Kleine Maus. Sie hat sie gewaschen, angezogen, Fotos gemacht und natürlich eine Karte mit Hand- und Fußabdrücken sowie einer kleine Locke.

Über Gefühle kann man meines Erachtens nicht so viel schreiben. Ich kann eigentlich nur sagen, das es die schönsten Momente meines Lebens waren, als ich meine Jolina geboren habe und sie dann in meinen Armen halten durfte.

Swen und ich verbrachten dann etwa 5 Stunden mit unserer Tochter im Kreißsaal. Am nächsten Tag haben wir sie dann auch noch besucht und uns richtig von ihr verabschiedet. Sie sollte zur Obduktion geschickt werden. Dies geschah auf unseren Wunsch hin. Wir wollten unbedingt wissen, was daran Schuld war, das unsere Tochter nicht bei uns sein durfte.

Ich musste dann noch bis zum 20.09.03 in der Klinik bleiben. Swen durfte die ganze Zeit bei mir sein.

Der Aufenthalt in der Klinik war für uns beide sehr angenehm. Die Ärzte, Schwestern und Hebammen waren alle sehr nett und einfühlsam. Bis zum Tag meiner Entlassung hatte sich das nicht geändert. Jolina wurde nicht wie „ein totes Baby“ behandelt, sondern wirklich sehr liebevoll. Halt wie „unser totes Baby“. Man kann das schlecht beschreiben. Wir haben uns jedenfalls gut aufgehoben gefühlt im EVK – Bergisch Gladbach.

Der Abschied fiel uns natürlich sehr schwer. Am Tag der Geburt verbrachten wir viele Stunden mit Jolina im Kreißsaal. Richtig verabschieden konnte ich mich jedoch nicht von ihr. Ich wollte einfach nicht begreifen, dass ich sie nie wieder sehen würde.

Am liebsten hätte ich sie nie wieder losgelassen. Am Tag nach der Geburt sind wir noch einmal in den Kreißsaal um uns nun von unserer Tochter zu verabschieden, da sie ja zur Obduktion geschickt werden sollte. Wir hatten vorher ausgemacht, das wir sie nicht mehr in den Arm nehmen und auch nur kurz bleiben würden. Das ging aber irgendwie nicht. Als wir sie sahen hatten wir einen unheimlichen Drang sie in den Arm zu nehmen und ganz nah bei ihr zu sein. Wir blieben auch viel länger als geplant bei ihr. Und schon wieder wollten wir sie nicht hergeben. Aber wir mussten. Irgendwie trennten wir uns dann doch schweren Herzens von ihr.

Es hat mir fast das Herz gebrochen als wir den Kreißsaal verließen.

Swen kümmerte sich dann um die Bestattung. Er rief das Bestattungsinstitut an und machte einen Termin für eine Beratung aus. Am Montag, den 22.09.2003 hatten wir dann den Termin beim Bestatter. Mir war ein wenig mulmig als wir dann dort ankamen. Wir wurden sehr nett begrüßt und dann in ein wunderschön hergerichtetes Zimmer gebeten. Der Berater war sehr nett und auch sehr einfühlsam. Wir besprachen dann die Einzelheiten. Swen und ich hatten uns dazu entschieden das wir alles selbst machen würden. Wir wollten den Sarg bemalen, den Sarg selbst ablassen und auch das Grab selbst schließen.  All das war bei diesem Bestattungsinstitut möglich. Die haben sich so ins Zeug gelegt für unsere kleine Jolina.

An diesem Tag durften wir unsere Kleine sogar noch einmal sehen. Wir hatten frische Sachen für die Bestattung rausgesucht. Während des Beratungsgesprächs wurde die kleine Maus hübsch gemacht und in einen schönen Sarg gelegt. Im Trauerzimmer durften wir dann noch ein wenig bei Ihr sein. Sie sah so friedlich aus. Es tat so gut sie noch einmal zu sehen.

Die Beerdigung wurde auf den 26.09.2003 gelegt. Wir sind dann noch zum Friedhof um einen Platz auszusuchen. Unser Friedhof hat eine kleine Stelle für Sternenkinder. Dort wird Joli es gut haben.

Silke
http://www.jolina-melissa.de.vu/
Diana30 (26.06.2003)

Ich empfinde sehr viel Wärme für Leonie, sie sah aus als würde sie nur schlafen.

 Leonie ist meine erste Tochter. Ich habe sie am 29.04.2002 still geboren.

Im siebten Monat haben Thomas und ich erfahren, das sie Trisomie 13 hat und keine Überlebenschance. Es gab 2 Möglichkeiten: entweder man bricht die Schwägerschaft ab oder man trägt das Baby aus. Ich habe mich für das Austragen entschieden. Ich konnte mir nicht vorstellen, sie her geben zu müssen. Meine Schwester hat eine Freundin, der sie das erzählt hat und die hat das denn ihrer Hebamme erzählt, die wie es der Zufall ist in meine Gegend gezogen ist. Sie war sehr neugierig, mich und Thomas kennen zulernen. Ich habe sie dann auch angerufen und wir habe unLeonies super verstanden. Sie hat mich den Rest der Schwangerschaft begleitet und auch Leonie auf die Welt gebracht. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Wovor ich angst hatte war, daß Leonie sich nicht drehen tut. Helga (meine Hebamme) meinte, ist doch egal, sie ist ja net so groß.

Am 28.04.02 um 20h habe ich sie das letzte Mal gespürt, da habe ich nur geweint!!! Am 29.04.02 hat mich Helga angerufen und ich habe es ihr erzählt. Sie kam auch gleich und hat versucht, die Herztöne zu hören, aber sie konnte leider nichts hören. Dann sind wir ins Krankenhaus. Dort wurde dann gegen 13 Uhr der Tod festgestellt.

Ich bekam ein Scheidenzäpfchen. Man meinte zu uns, daß ich so gegen 19h noch eins bekommen würde.  Ich würde dann auf die Frauenstation gebracht. Mein Mann ist dann nach Hause, um ein paar Sachen für mich zu holen. In der Zwischenzeit habe ich versucht, etwas zu schlafen, da ich sehr starke Kopfschmerzen bekam. So gegen 15h kam eine sehr liebe Freundin von uns zu mir ins Krankenhaus. Sie hat sich sehr lieb um mich gekümmert!!! Ca um 17h hatte ich auf einmal ganz starke Schmerzen, aber die Schwester kam nicht und so hat Thomas Helga angerufen. Sie war dann ca um 17:30h bei uns im Krankenhaus. Da die Schwestern mir verboten hatten Aufzug stehen blieb ich liegen. aber Helga meinte laufen würde mir besser tun. So liefen wir den Flur auf und ab. Helga hat dann den Arzt angerufen, damit man feststellen kann, wie weit der Muttermund schon auf ist. Aber der Arzt kam irgendwie nicht, so hat Helga das denn gemacht. Da war der Muttermund so um die 3 cm auf. Sie hat dann entschieden, daß wir in den Kreissaal gehen. Steffi und Thomas sind dann auch mit rüber.Wweil ich sehr starke schmerzen hatte, wollte ich eine Pda haben. Nach der Pda habe ich versucht, etwas zu schlafen, aber ich habe gehört, daß Thomas meinte, er wisse nicht, ob er das durchstehen werde mit der Geburt. Was ich gut verstehen kann, am liebsten wäre ich auch nicht dabei gewesen.

Steffi mußte dann um 22h nach Hause. Ich habe Thomas dann auch so gegen 22:15h nach Hause geschickt, damit er den Katzen was zu fressen geben konnte. Aber er wollte wieder kommen, das hat er mir versprochen. Er wollte mich in der schweren Stunde nicht alleine lassen. Die schmerzen wurden wieder unerträglich, so daß er Helga geholt hat, bevor er nach Hause ist. Sie hat dann noch mal nach dem Muttermund geschaut und da war er ca 6cm auf. Auf einmal meinte sie, ich solle mal pressen. Am 29. April 2002 um 22:37h war Leonie denn endlich da. Kurz danach kam auch Thomas wieder. Als er unser Baby sah hat er nur noch geweint. Sie war so perfekt. Helga hat sie dann gewogen und gemessen. Sie war 37 cm und stolze 1100g schwer. Leonie hatte die Füße von Thomas und die Ohren von mir. Thomas und ich hatten sie beide auf dem Arm. Ich empfinde sehr viel Wärme für Leonie.

Nach der Geburt bin ich dann duschen gegangen, Thomas und Leonie sahen mir zu. Das heißt ja eigentlich nur Thomas. Sie sah aus als würde sie nur schlafen. Wir haben uns dann bis 00:30h von ihr verabschieden können. Sie sah so perfekt aus. ich habe die Mundgaumenspalte gar nicht richtig war genommen. Am nächsten Tag haben wir noch Hand- und Fußabdrücke von ihr gemacht. Ich mußte ja die Nacht da bleiben wegen der pda, wäre lieber mit nach Hause. Steffi kam am nächsten Tag auch wieder zu uns. Sie hat mich keine Sekunde aus den Augen gelassen, was ich sehr schön fand.

Meine andere Schwester wollte dann ein Foto von Leonie haben, was ich ihr dann auch per e-mail geschickt habe. Im Mai haben wir sie beerdigt. einen Tag danach hab ich dann eine e-mail von meiner Schwester bekommen, wo dann drin stand, daß meine 6 jährige Nichte Alpträumt von Leonie bekommen habe. Ihr glaubt gar nicht wie ich mich da gefühlt habe!!!  Seit dem Tag ist sie unten durch bei mir. Habe das Foto dann noch meiner besten Freundin geschickt und ihre Kinder sind jünger als meine Nichte. Selina hat sich das Foto auch angeschaut und fand nichts dabei, was mich dann wieder etwas aufgeheitert hat.

Am 07. Mai 2002 haben wir sie dann beerdigt, was mir sehr schwer gefallen ist. Alle haben immer nur mich gefragt, wie es mir geht, aber nie Thomas. Dabei hat er doch auch ein Baby verloren!!!  Wir sind einmal die Woche bei ihr auf dem Friedhof

LeonieGrabMeine Gefühle zu dem Bild sehr warm, ich denke gerne an Leonie, auch wenn ich sie nicht so gekannt habe :(.und ihr Bild hängt bei uns in der Wohnung. bis jetzt hat noch keiner was dazu gesagt, daß wir das Bild aufgehängt haben. Toni schaut sich ihre Schwester sehr gerne an und gibt ihr dann immer einen Kuß. Leider hat sie sonst keiner gesehen,  weil sie ja um 22:37h auf die Welt kam. mein Dad hat das Holzkreuz für uns gemacht. und im August ist er auch gestorben, was mich sehr fertig gemacht hat. Damit konnte ich überhaupt nicht umgehen. Aber danach bin ich denn mit Antonia schwanger geworden und ich habe mir gedacht, daß Leonie und mein Dad nicht wollen, daß ich traurig bin!!!

Fast ein Jahr später kam Antonia auf die Welt, kerngesund. Meine größte Angst war, daß sie am 29.04 komme, aber sie wollte lieber einen Tag früher kommen.  Jetzt Weihnachten (2004) habe ich einen Schwangerschaftstest gemacht. Jetzt bekommt Leonie noch ein Geschwisterchen.

Kathleen
Dezember 2005
Diana30 (26.06.2003)

Die Sonne, die so warm und freundlich ins Zimmer schien, war für mich nicht zu ertragen…

Die Geburt von Patricia

Am 10. März 2003 ca. um Mitternacht löste sich der Schleimpfropf mit leichten Blutungen. Verunsichert riefen wir unsere Wahlhebamme Rotraud an. Sie beruhigte uns, meinte, dass das ein gutes Zeichen sei. Die Wehen werden bald einsetzen. Wir sollten noch einmal schlafen, denn am nächsten Tag werde unser Baby wohl kommen, und da bräuchten wir die Kraft. Sie vereinbarte mit uns, dass sie um 8 Uhr früh zu uns kommt. Dann würde sie sehen, wie weit die Geburt vorangeschritten wäre, ob wir schon gemeinsam ins Spital fahren sollten.

Tatsächlich begannen die Wehen in der Nacht, allerdings mit großen Abständen von 15 Minuten. Ich befand mich in einem eigenartigen Zustand zwischen Wachsein, Schlafen und Euphorie. All meine Aufmerksamkeit richtete sich auf die Abstände zwischen den Wehen. So fiel mir gar nicht auf, dass sich unser Baby nicht bewegte. Jetzt im Nachhinein allerdings habe ich mit anderen Müttern gesprochen, ob sie während der Wehen ihr Kind gespürt hätten. Einige sagten mir, dass sie es auch nicht gespürt hätten.

Am 11. März um 8 Uhr früh kam Rotraud. Ich hatte ungefähr alle 10 Minuten Wehen. Es herrschte eine angenehme, entspannte Stimmung, wir waren voll Vorfreude und richtig euphorisch. (Seltsamerweise hatte ich kaum Angst vor der Geburt, auch nicht in den Schwangerschaftsmonaten davor.) Ich erinnere mich noch, dass die Sonne gerade in unser Wohnzimmer schien, es versprach, ein wunderbarer, warmer, sonniger Tag zu werden.

Routinemäßig wollte sie die Herztöne des Kindes abhören. Sie fand keine…

Auch als ich mich auf den Rücken legte, als sie den Bauch ein bisschen schüttelte, konnten wir das Baby nicht aufwecken.

Gemeinsam fuhren wir in das Spital, da es dort noch leistungsstärkere CTG-Geräte gibt.

Rotraud hat mir später erzählt, dass ihr während dieser Autofahrt klar geworden ist, dass sie uns jetzt beim Gebären eines toten Kindes helfen muss. Herbert und mir war das keineswegs klar. Ich wusste, dass es ein sehr schlechtes Zeichen ist, plötzlich keine Herztöne zu finden, wo doch noch am Vortag die Herztöne ganz schnell gefunden wurden und ganz laut zu hören waren. Aber ich hatte die Hoffnung, dass die Ärzte unser Baby ganz schnell holen können, dass sie es noch retten können.

Auch im Spital konnten keine Herztöne mehr gefunden werden. Im Ultraschallzimmer kam ein Arzt nach dem anderen und schaute bestürzt den Bildschirm an. Der Primarius von der Geburtsstation wurde dann geholt und musste uns sagen, dass unser Kind leider gestorben ist…..

Dieser Satz konnte anfangs gar nicht zu mir durchdringen. Ich hatte doch Wehen, unser Kind kam doch gerade zur Welt, gestern war es noch so munter, und jetzt soll es auf einmal tot sein ????

Bewusst wurde mir diese grausame Realität, als ich Herbert aufschreien und weinen hörte. So kannte ich ihn nicht, so hatte ich ihn noch nie erlebt ! Ich merkte, dass etwas ganz Schlimmes passiert sein muss, wenn Herbert so ist…..

Meine erste Reaktion war, dass ich einen Kaiserschnitt wollte. (Immer hatte ich mich gegen einen Kaiserschnitt ausgesprochen, und jetzt verlangte ich einen – es war wirklich grotesk…) Von anderen betroffenen Müttern weiß ich mittlerweile, dass das eine Reaktion ist, die fast bei jeder vorkommt.

Gott sei Dank hatte ich Ärzte, die mir gleich sagten, dass das nicht gut für mich ist. Ich solle mein Kind auf natürliche Weise zur Welt bringen.

Damals empfand ich das als ungeheure Zumutung. Gleich danach und bis heute allerdings bin ich dankbar und froh, dass ich mein Mädchen bei vollem Bewusstsein geboren habe und gleich sehen konnte. Außerdem kann ich „wenigstens“ zum Thema Geburt mit anderen „glücklichen Müttern“ mitreden….

Wir bekamen ein eigenes Zimmer auf der gynäkologischen Station – entfernt von der Geburtenstation. Das saßen wir drei nun und warteten, dass mein Körper die Geburt „fortsetzt“… Denn mein Geist konnte die Geburt nicht mehr unterstützen. In meinem Kopf war ein einziges Chaos: Noch vor einer halben Stunde Vorfreude, Euphorie, jetzt nur noch Entsetzen… Ich muss in einen derartigen Schock geraten sein, dass ich mich nur noch an einige „Blitzlichter“ in diesen Stunden erinnern kann:

Ich willigte zu einer PDA ein. Die körperlichen Schmerzen zusätzlich noch ertragen zu müssen, das überstieg meine Kräfte. All meine Motivation, die Schmerzen auszuhalten, war verschwunden, denn sie brachten mich sowieso nicht näher zu meinem lebenden Kind…

Danach wieder ein Warten, bis der Muttermund geöffnet war – Heulen, Fragen nach dem Warum, Verzweiflung, Ausnahmezustand…

Ich hatte Angst, mein Kind zu sehen: Wie würde sie ausschauen ? (Der Primarius sagte, dass sie ganz normal aussehen werde, aber konnte ich dieser Aussage vertrauen ???).

Die Sonne, die so warm und freundlich ins Zimmer schien, war für mich nicht zu ertragen… Als wir in den Kreißsaal kamen, zog Rotraud die Vorhänge zu. Dieses gedämpfte Licht passte viel besser zu uns.

Zum Glück gab es keine andere Geburt zu diesem Zeitpunkt – wir mussten niemandem „zuhören“…

Die PDA wirkte groteskerweise nur auf der linken Seite, in der rechten Körperhälfte spürte ich die Geburtsschmerzen.

„Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr… warum… au…“ – Es war sicher für Herbert, Rotraud und unsere betreuende Ärztin eine immens schwierige Situation, mich da „durchzutragen“ !!

Der Wehentropf beschleunigte die Geburt, sodass nach einigen Presswehen unser Mädchen auf die Welt kam – um 18 Uhr 07.

Und plötzlich war die Scheu „verflogen“.

Weil sowohl die Hebamme als auch die Ärztin ganz natürlich mit unserem Kind umgingen, hatten auch wir keine Berührungsängste mehr. Natürlich haben wir sofort unsere Tochter angesehen. Sie wurde abgenabelt, ein bisschen abgetrocknet und gesäubert, in eine Windel und ein Kapuzenhandtuch gewickelt.

Dann habe ich sie sofort in die Hand bekommen….

Es war so, wie es jeder Mutter geht, die zum ersten Mal ihr Kind sieht:

Ich war begeistert. Alles war ganz normal – zwei kleine Ohren, eine winzige Stupsnase, helle Augenbrauen und Wimpern, alle Fingerchen mit langen Fingernägeln waren da, alle Zehen. Wir staunten, dass sie so groß und schwer war.

Alles war ganz normal – nein, leider doch nicht alles:

Sie machte nicht ihre Augen auf, um mich endlich anzusehen (so wie ich es mir all die Monate gewünscht hatte). Sie fing nicht an zu schreien, um uns deutlich zu zeigen, dass sie ab nun bei uns war. Sie bewegte nicht ihre Arme und Beine (so oft hatte sie mich getreten und auf sich aufmerksam gemacht – nie wieder sollten wir das spüren…). Ihre dunkelroten Lippen waren das einzige Zeichen, dass sie verstorben war…

Ein schöner Begriff für Kinder, die tot geboren sind, heißt: Sie sind still geboren. Genau so war es. Unser neugeborenes Kind war da, aber es war so still, still, still…

Wir gaben ihr den Namen Patricia. Sie wurde gewogen und gemessen: Sie war 4115 g schwer und 52 cm groß… (Ich konnte mir nie vorstellen, dass ich ein so schweres Kind auf die Welt bringen kann..)

Herbert bekam seine Tochter und durfte sie lange halten.

Es dämmerte uns langsam: Wir müssen uns alles ganz genau einprägen. Wir dürfen sie nicht mit uns nach Hause nehmen. Wir können sie nicht stolz allen anderen zeigen. Sie ist nur diese viel zu kurze Zeit bei uns…

Trotzdem: Wir spürten ganz stark, dass ihre Seele bei uns war. Sie berührte uns….

Da bekam sie auch einiges zu hören: „Warum durftest du nicht bei uns bleiben ? Warum ? Warum ?….“

Weinen, Klagen, Wissen um den Abschied, Nichtloslassenwollen, alles vermischte sich zu einem Ausnahmezustand….

Mein Bruder lernte seine Nichte kennen und konnte sie auch halten. Auf meine Mutter warteten wir lange, da sie in einem Konzert war. Das war aber gut so, denn so konnten wir Patricia noch bei uns behalten. Auch sie konnte ihre Enkelin aber begrüßen.

Wir übersiedelten dann wieder in unser Zimmer – mit Patricia – und hatten sie noch bis ca. 2 Uhr 30 in der Nacht bei uns. Dann waren Herbert und ich so erschöpft, dass wir uns schweren Herzens von ihr trennten.

8 Stunden mit ihr – es klingt so viel, und es war doch so wenig….

Herbert durfte bei mir übernachten. Ich hätte in diesen Stunden nicht allein bleiben wollen oder können !!!

Am nächsten Tag überkam uns das Elend.. Der Geburtsstress war vorbei, der Bauch war leer, kein Kind war da… diese Gefühle kann ich nicht beschreiben..

Ich wollte so schnell wie möglich nach Hause. Aber ich hatte unterschätzt, wie sehr eine Geburt den Körper auslaugt. Außerdem hatte ich den ganzen vorherigen Tag beinahe nichts gegessen und getrunken…

Auf dem Weg zum Ausgang fiel ich zum ersten Mal in meinem Leben in Ohnmacht.

Aber dank meiner Ärztin, die mir eine Infusion gab, konnte ich nach dem Mittagessen doch das Spital verlassen.

Der leere Kindersitz fuhr mit uns nach Hause…

Dietlinde Reischl
www.engelskinder.at
(dort auch ein Bericht aus der Sicht der Hebamme)
Diana30 (26.06.2003)

Die Geburt – unser schönstes ErlebnisIch nahm ihn ihr aus den Armen, und legte ihn in meinen Arm, da, wo er hingehörte.

Am Freitag, den 13. September 2001 (38.SSW) fiel mir auf, dass ich die Purzelbäume in meinem Bauch vermisste, machte mir jedoch keine Sorgen. Samstag mittag versuchte ich dann verzweifelt, mein Baby wachzurütteln – jedoch ohne Erfolg. Ich rief meine Hebamme an, die meinte, ich solle dann am Montag gleich zur Kontrolle zum Arzt gehen. Allerdings sagte sie, ich könne gern in die Klinik fahren, ein CTG schreiben lassen, um zu sehen, dass es dem Baby gut geht.

Also fuhr mich Pascals Papa, mit dem ich mich mittlerweile wieder ganz gut verstand, abends in die Klinik. Ich klingelte am Kreißsaal, und eine Hebamme brachte mich ins CTG-Zimmer. Aber es war zu spät. Mein kleiner Schatz hatte sich bereits auf den Weg zu den Sternen gemacht. Auf dem Ultraschall, der gemacht wuPascalmonirde, konnte ich mein Baby sehen, aber es bewegte sich nicht mehr. „Es tut mir leid“ sagte die Ärztin „aber ich fürchte, ihr Baby lebt nicht mehr.“

Das kleine Herz hatte aufgehört zu schlagen. Ich hatte meinen Sonnenschein verloren. Wie ich die nächsten Minuten (Stunden ? Tage ? ) überstanden habe, weiß ich nicht. Ich konnte nichts tun. Mich nicht bewegen, nicht reden, nicht weinen. Aber an die Decke starren – ja, das ging noch.

Ich wurde zu einer „normalen“ Geburt überredet und somit wurde sie am selben Abend noch eingeleitet. Abends kam meine Schwester, und wir unterhielten uns lange. Sie sollte bei der Geburt dabei sein. Auch der Papa durfte die ganze Zeit bei uns sein.

Am nächsten Morgen und auch mittags wurde mir noch einmal dieses wehenfördernde Mittel gegeben. Außerdem hing ich ständig am Antibiotika-Tropf. Und wenn ich mal nicht dran hing, schleppte mich meine Mutter über Gänge, Treppen und durch den Park. „Es soll doch endlich voran gehen“…..NEIN !!! Warum denn ?? Ich will mein Kind nicht hergeben….will es einfach nur behalten….

Irgendwann fingen die Wehen dann an, das Zeitgefühl hatte ich total verloren. Sie gaben mir Schmerzmittel. Jedoch meinten sie später, die Schmerzmittel halten nicht nur Schmerzen zurück, sondern auch die Wehen, und so hingen sie den Tropf dann ab.

Als die Wehen in wenigen Minutenabständen kamen, und sie mich in den Kreissaal brachten, war der Muttermund nur 2 Zentimeter geöffnet. Sie hingen mich wieder an den Tropf und ich war erleichtert, endlich wieder Schmerzmittel zu bekommen. Aber statt schmerzfrei zu werden kämpfte ich mit immer stärker werdenden Wehen. Sie hatten mir ein wehenförderndes Mittel gegeben, was auch sofort Erfog zeigte.

Schon eine Stunde später war mein Baby da. 23.36 Uhr, 49cm groß und 2300g schwer. Ich konnte es nicht gleich in den Arm nehmen, das ging alles viel zu schnell für mich. Die Hebamme wickelte es in ein Handtuch und fragte nach dem Namen. Lea-Celine, ja, das hatten wir für „sie“ ausgesucht, worauf die Hebamme uns dann sagte, dass er ein kleiner Junge sei….

Später fragte mich meine Hebamme noch einmal, ob ich meinen Kleinen jetzt in den Arm nehmen möchte, worauf ich antwortete, dass ich ihn erst mal nur sehen möchte. Als sie sich neben mich stellte, meinen kleinen Sohn auf dem Arm hatte, und ihn mir zeigte, nahm ich ihn ihr aus den Armen, und legte ihn in meinen Arm, da, wo er hingehörte. Das war ein unbeschreibliches Gefühl. Es war ein Gefühl, das jede Mutter auf dieser Welt wohl kennt. Viel Liebe, viel Freunde, viel Glück, Erleichterung und Wärme. Jedoch auch viel Traurigkeit, Unverständnis, Verzweiflung.

Aber in diesem Moment war mir nicht bewusst, dass das Baby, das ich da in den Armen hatte – MEIN Baby – tot ist. Für mich hat er einfach nur geschlafen. Sein Gesicht war so süß, und so friedlich. Er war warm, aber dass er nicht atmete, nahm ich nicht wahr. Ich war viel mehr damit beschäftigt, ihn mir genau anzusehen, die kleinen Hände zu streicheln, nachzudenken, wie schön alles hätte sein können.

Nur einen Namen hatte er noch nicht. Meine Schwester meinte, der Name, der mir als erstes einfällt. Ich sah mir meinen Kleinen an. Es war ohne Zweifel ein kleiner Pascal. Dass er doch kein Mädchen geworden war, interessierte niemanden mehr. Wir hatten uns alle auf Anhieb in ihn verliebt.

Zwei Stunden verbrachten wir alle noch gemeinsam im Kreißsaal, dann brachten sie mich wieder auf die Station, und Pascal wurde gebadet und angezogen.

PascalmonikorbchenNach ausdrücklichen Bitten meiner Mutter brachte die Hebamme mir Pascal später noch einmal ins Zimmer. Vor lauter Erschöpfung war ich eingeschlafen, wachte jedoch sofort auf, als sie die Türe aufmachte. Mittlerweile muss es ungefähr halb drei nachts gewesen sein. Sie hatten ihm den kleinen türkisfarbenen Strampler angezogen, den ich damals gekauft hatte (Meine Mutter muss wohl zwischendurch heimgefahren sein, und hat ihn und seinen Teddy geholt – Danke !!). Ich hätte nie gedacht, dass mein Baby jemals in dieses winzige Ding reinpassen würde. Und nun war er ihm viel zu groß. Er lag mit seinem Teddy in einem kleinen Körbchen. Ich nahm ihn wieder in den Arm und streichelte ihn. Eine viertel Stunde später ließen sie mich, Papa und Pascal alleine. Die nächste viertel Stunde verging wie im Fluge, und schon kam die Schwester, um Pascal wieder zu holen. Ich wollte ihn nicht hergeben, aber traute mich nicht, das zu sagen.

Sie brachte mir eine Mappe mit Unterlagen der „Initiative Regenbogen“, Pascals Armbändchen und eine Karte mit seinem Hand- und Fußabdruck. Darin standen noch mal seine ganz persönlichen Daten und der Spruch aus „Der kleine Prinz“.

„Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust,
wird es dir sein, als lachten alle Sterne.
Weil ich auf einem von ihnen wohne,
weil ich auf einem von ihnen lache.
Du allein wirst Sterne haben,
die lachen können !“

Was mich damals gequält hat, und mich heute immer noch belastet, ist das „WARUM ?“

Und vor allem: WARUM kann mir keiner eine Antwort auf die vielen Fragen geben ?

Dienstag, zwei Tage nach der Geburt von Pascal, kam Philip in die Klinik. Er war ein Kollege meiner Schwester, und nach anfänglichen Schwierigkeiten verstanden wir uns mittlerweile richtig gut. Er saß nur da, hielt meine Hand und verdrückte seine Tränen….

Von der Geburtsstation habe ich nach einem Zusammenbruch auch endlich ein Handtuch bekommen, das ich unbedingt haben wollte. Es ist wohl nur irgendein Handtuch, aber für mich ist es das, in das Pascal eingewickelt war. Ich brauchte einfach etwas zum festhalten, zum be-greifen. Auch heute liegt es immer bei uns im Bett.

Am Mittwoch durfte ich nach Hause. Es war ein komisches Gefühl. Mit Babybauch in die Klinik kommen und ohne irgendwas nach Hause zu gehen. Ohne Bauch. Ohne Baby. Ich hatte ihn zurückgelassen…. Nein !! Ich musste ihn zurücklassen ….

Moni
Diana30 (26.06.2003)

Ein sehr wichtiges Bild: Aufnahmen totgeborenen Babys und verstorbener Kleinkinder

aus einer Broschüre der Initiative Regenbogen “Glücklose Schwangerschaft” e.V.

Wir sind traditionell ein Volk von Fotografen. Viele Museen sind mit reizenden alten Fotos aus unserer Vergangenheit gefüllt. Überall gibt es Familienalben und der Fotoapparat ist seit Generationen schon ein traditionelles Geschenk. Während des Viktorianischen Zeitalters/ als die Fotografie bekannt wurde, kommt es häufig vor, das Bilder von verstorbenen Familienmitgliedern aufgenommen wurden. Diese Bilder wurden häufig an andere Familienmitglieder geschickt/ die zu weit weg waren, um bei der Beerdigung anwesend zu sein. Unsere Vorfahren schienen zu erkennen/ daß der Tod ein so wichtiges Ereignis war/ daß man es dokumentieren sollte. Die visuelle Aufzeichnung schien eine logische Folge.

Während der letzten fünf Jahre haben wir erkannt, daß beim Tod eines Babys die Familie ein Bild ihres Babys wertschätzt. Oft ist das Bild das einzige Andenken an ihre Erfahrung . . . die einzige greifbare Erinnerung. Das Fehlen solch eines Bildes wird im folgenden Absatz von Terry Morgan anschaulich dargestellt/ einem jünger Pastor aus Ohio/ dessen Mädchen als Baby an Anenzephalie starb.

“ Oh, Emily, ich entschuldige mich für aas, was ich als nächstes getan habe. Ich entschuldige mich, daß ich dem Arzt gesagt habe, daß ich es nicht wollte, daß Barbara Dich sieht und sie es deshalb auch nicht tat. Ich entschuldige mich, daß ich nach der Geburt die Einladung, in den Säuglingssaal zu kommen und Dich zu sehen, abgelehnt habe. Ich entschuldige mich, daß ich mich in einer fehlerhaften Welt, deren Fehler wir alle teilen, weigerte, die Deine anzuschauen. Ich entschuldige mich, daß ich Dich nicht in die Arme genommen habe, so als ob Du uns wirklich gehörtest und Du nicht irgendein abgeworfener Teil von uns warst. Ich entschuldige mich, daß wir , um uns an Dich zu erinnern, keine Bilder von Dir aufnahmen, wie Eltern von Neugeborenen es tun. Und ich entschuldige mich, daß ich nicht bei Dir war, als Du von dieser Welt in die nächste glittest, wo alle Entschuldigungen akzeptiert werden und keine nötig sind. Ann meisten entschuldige ich mich, daß ich Dir den Namen, der Dir gehörte, nicht gegeben habe, sondern ihnen sagte, Dich nur als ‚Mädchen Baby‘ in die Geburts- und Sterbeurkunde einzutragen. Wir haben Dir seitdem Deinen Namen zurückgegeben … haben Dich Wirklichkeit werden lassen … und Dich unser genannt… und um Deinen Tod getrauert … und sogar Dem Leben gefeiert, liebe Emily. Aber wir waren auf einem Weg ohne Karte und konnten die Richtung nicht finden und wußten nicht, was wir tun sollten.”

Postings Schmetterlingskinderforum

Die nachfolgenden Beiträge wurden im Forum der SchmetterlingskinderSchmetterlingskinder gepostet. Ich fand sie so interesant, daß ich sie hier wiedergeben möchte.

SaraK 02-06-2003, 14:17 Uhr 

Hallo ihr Lieben Frauen,
Ich habe eine Frage, die mich schon seit langem
und immer wieder beschäftigt.

Was habt ihr nach der Geburt eures Sternchens gefühlt?

Als ich Lukas geboren habe, wollten sie mir eigentlich
eine PDA geben. Ich wollte aber nicht und so habe ich ihn
so bekommen.Ich fand die Geburt, obwohl Lukas ja noch ganz klein war
sehr, sehr schmerzhaft.
Nachdem er dann da war war mein Gefühl gar nicht so wie
ich erwartet habe

Ich war froh, erleichtert und stolz, es geschafft zu haben.
Ich habe geweint
aber nicht aus Trauer.
Ich fand meinen Jungen so süß und ich war so froh,
dass er ein so niedliches, winziges Kind war und nicht
eine „späte Fehlgeburt und noch lange kein Kind“.
Der Tod meines Jungen wurde mir erst später so richtig bewusst.

Inzwischen kommt mir dieses Gefühl nach der Geburt
manchmal richtig befremdlich vor.

Wie ging es euch direkt nach der Geburt?

Grübelgrüsse von

Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

Eva Maria Langenbach 02-06-2003, 14:49 Uhr

Liebe Sara,
ich habe meinen Bernhard auch ohne Betäubung oder Schmerz-
mittel bekommen.
D.h. das stimmt nicht ganz. Ich habe nachdem das Prostaglandin
Gel begann seine Wirkung zu tun, und ich zum einen einen ganz
starken Allgemeinschmerz (andauernd, nicht wehenartig mit
Pausen ohne Schmerz) vor allem in der Region meines alten
KS, plus starken Wehen in immer kürzeren Abständen ein Schmerz-
mittel gespritzt bekommen. Ich weiss leider nicht was es war.
Aber danach würde mir so schwindlig und übel, das ich nachdem
die Wirkung vorüber war, lieber die Schmerzen und Wehen ertragen
habe, als mich so elend fühlen zu müssen.
Fast übergangslos kam dann plötzlich Wehe an Wehe, ich konnte
kaum noch atmen. Ich glaube ich habe nur geschrien. Plötzlich
war das Kind dann da, der Schmerz weg. Ich bekam meinen Sohn
auf die Brust gelegt. Erst hab ich mal garnichts gefühlt.
Weinen konnte ich auch nicht. Mein Mann hat fürchterlich ge-
weint. Er hatte sich so auf einen Sohn gefreut, wohingegen ich
davon überzeugt war, dass es ein Mädchen würde.
Mein Mann tat mir unsagbar leid. Ich hätte nie damit gerechnet,
dass ihn das so trifft. Ich fühlte mich furchtbar schlecht ihm
gegenüber und hatte das Gefühl im Unrecht getan zu haben, indem
ich gedacht hatte ihm würde nicht so viel wie mir an diesem
Baby liegen.
Dann haben wir überlegt wie er heissen soll. Über einen Jungen-
namen hatten wir uns bisher – trotz 35. SSW – wie wenigsten
Gedanken gemacht. Weil mein Mann so unglücklich war und ich
wusste dass er so gerne einen Bernhard gehabt hätte, machte
ich ihm den Vorschlag ihn Bernhard zu nennen.
Die Hebamme hat dann den Kleinen mit den Sachen die ich mit-
gebracht hatte angezogen. Ich bin duschen gegangen und 2 h
später, es war 6.00 h morgens, sind wir nach Hause gefahren.
Dort war die Situation auch noch recht o.K. für mich, so ver-
rückt das auch klingen mag. Unsere Kinder haben den Kleinen
dann gesehen und gehalten. Meine engsten Freundinnen waren auch
da und haben Bernhard gesehen. Erst nachmittags, als der Be-
statter kam und ihn abholte, da brach meine Welt zusammen,
erst da wurde mir richtig klar, was eigentlich geschehen war.
An diesem Tag und auch am nächsten, an dem die Beerdigung war,
verspürte ich keinerlei Schmerzen oder Nachwehen, das ging erst
am 2. Tag nach der Entbindung los. Und mir gings immer schlechter.
Normal finde ich meine Gefühle und mein Verhalten nach der
Geburt auch nicht! Vorher hatte ich unheimliche Angst ich
würde wenn das Baby da ist verrückt werden, zusammenbrechen
oder ich weiss nicht was. Und dann passierte eigentlich gar
nichts. Die Schmerzen waren weg, und ich hatte eigentlich
keine Gefühle. Es tat mir wohl leid das mein Kind nicht lebte.
Irgendwo hatte ich wohl doch noch gehofft das die Ärzte sich
geirrt haben und mein Kind doch lebt. Aber was ich vorher er-
wartet hatte trat nicht ein!
Heute 3,5 Monate später habe ich oft das Gefühl ich halt’s
nicht mehr aus. Vor allem wenn ich Mütter mit Babys sehe.
Aber man hält viel aus. Das wird mir auch jeden Tag bewusster.
Ob ich aber jemals zu dem Punkt komme das das Geschehene eine
schöne Erinnerung ist, und ich mich über die Zeit freue, die
mein Bernhard bei mir war – das kann ich mir noch nicht vor-
stellen!

Du siehst Du zweifelst nicht alleine!

Liebe Grüsse
Deine
Eva-Maria mit Julia, Christian, Kathrin,
Marie, Anna Lena und Alexander an der
Hand und Sternchen Bernhard ganz tief
im Herzen

SaraK 02-06-2003, 20:09 Uhr 

Liebe Eva-Maria,

Ich danke auch Dir für Deine Eindrücke nach der Geburt.

Es ist wirklich so, dass man zunächst wie betäubt ist
und alles automatisch abzulaufen scheint.
Mein Mann hat ähnlich reagiert wie Deiner.
Vorher hat er mich immer getröstet und gesagt: „Ein
Kind in dieser SSW ist noch kein richtiges Kind“.
Als er ihn dann gesehen hat, hat er sofort gesehen, dass
sein Kind, sein Sohn Lukas gestorben ist.
Das war so schwer für ihn – und trotzdem ist er in der
Zeit danach so völlig anders mit seiner Trauer umgegangen als ich.

Danke nochmal,

Viele Grüsse von

Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

MonikaSarah  02-06-2003, 15:43 Uhr

Liebe Sara!

Mit diesem Posting sprichst du mir einmal total aus dem Herzen.

Ich mache mir auch oft Gedanken, warum ich so „komisch“ reagiert habe. Man überredete mich, Valium zu nehmen gegen die Schmerzen, aber ich ließ es mir niedrig dosieren, um doch auch etwas zu spüren. Nach 5 Stunden war Sarah da und ich war wie du erleichtert, überglücklich, dass es ein Mädchen ist, stolz, die Geburt geschafft zu haben. Dass ich mein Kind an diesem Tage eigentlich verloren habe, habe ich irgendwie nicht wahrgenommen.

Die Hebamme sagte noch: Sie haben eine sehr hübsche Tochter – da sieht man schon ein paar schwarze Haare …. Dieser Satz klang wie Musik in meinen Ohren und ich war einfach nur stolz.

Einige Tage später ist mir am Krankenhausflur die Hebamme über den Weg gelaufen und ich habe ihr ganz verzweifelt versichern wollen, dass es mir um mein Kind so leid tut, sie müsse ja an meinem Verhalten den Eindruck gehabt haben, dass mir die Fehlgeburt nichts ausmache – weil ich so gar nicht verzweifelt oder weinerlich wirkte. Ich wollte mich regelrecht für diese Gefühle nach der Geburt „entschuldigen“ ….. die Hebamme versicherte mir natürlich, dass sie sehr wohl wisse, wie es im Herzen dieser Mütter aussieht und das die Tränen und der große Schmerz erst später kommen. So war es denn auch …

Ich bin eigentlich froh von dir zu hören, dass du auch in einer ähnlich Stimmung warst, ich denke, das sind die Geburtshormone, die einen noch gar nicht an den Tod erinnern wollen.

Liebe Grüße

Monika mit *Sarah

Hier noch einige Eindrücke:

– Ich fand die Geburt nicht so „schlimm“ wie andere oft annehmen. Der Gedanke, dass ich diesem Kind ja niemals in die Augen schauen kann, der war gar nicht so present. Ich war froh, es geschafft zu haben und dann war ich auch erschöpft. Ich lag einfach so da und war irgendwie glücklich, dass es ein Mädchen war (war mein heimlicher Wunsch gewesen).

Dann ließ uns die Hebamme alleine und ich hörte vom Raum nebenan eine Gebärende im Endstadion. Komischerweise wollte ich diesem „Mithören“ garnicht ausweichen, ich bedauerte sie insgeheim, weil sie schon seit vielen Stunden dahing und ziemlich heftig stöhnte und weil es mir dagegen ja viel besser ergegangen war (natürlich dank der Schmerzmittel, die bekommen hatte) und weil ich es eben schon hinter mir hatte. Nur als ich dieses Baby dann schreien hörte, konnte ich ganz kurz weinen, weil mir da der Verlust bewußt wurde. Aber dann fasste ich mich wieder.

Später zeigte uns die Hebamme unser Mädchen noch einmal. Ich war erstaunt, wie perfekt sie schon war, vor allem die langen Finger mit den Fingernägeln sind mir so gut in Erinnerung. Ich war stolz und erleichtert, es geschafft zu haben.

Diese Geburtshormone – sie wirkten noch ziemlich lange, erst nach zwei Tagen fiel ich in richtige Tiefs. Vorerst war ich richtig „überdreht“ , ja sogar humorvoll irgendwie – zumindest als ich am nächsten Morgen zur anschließenden Ausschabung (weil man mir noch die Spirale entfernen musste) gebracht wurde, da erinnere ich mich, dass ich mit dem Personal im Aufwachraum sogar witzige Bemerkungen gemacht habe. Ich habe mich dafür im nachhinein direkt geschämt, hatte immer das Gefühl, die Schwestern im KH müssten den Eindruck haben, dass mir die FG nicht viel ausmacht. Aber meine Reaktion, denke ich, hängt mit meiner Persönlichkeit zusammen. Ich versuche bei derartigen „Katastrophen“ immer, möglichst lange das Gesicht zu wahren, stark zu bleiben und verdränge vorerst das Negative. Erst Schritt für Schritt stelle ich mich dann dem ganzen und lasse mich auf Gefühlsausbrüche wie Weinen und Klagen ein. Und das auch nur im stillen Kämmerlein. So unter Menschen kommt mir nur selten mal eine Träne.

SaraK 02-06-2003, 20:13 Uhr 

Hallo Monika,
Ich lese grade in Deinem Profil,
dass wir eine ganz ähnliche Geschichte haben.
Es ist er so kurze Zeit vergangen, seit Dich Deine
Tochter verlassen hat.

Es tut mir sehr leid, dass sie nicht bei Dir sein darf!
Vor der Geburt von Lukas habe ich nicht geahnt, wie perfekt
ein so kleines Baby schon ist.
Es fehlte nichts an ihm – er hätte nur noch wachsen müssen.
Valium habe ich glaube ich auch bekommen (irgendeine Pille jedenfalls).

Ich weiß noch, wie die Krankenschwester sagte:“ Das schadet jetzt auch nicht mehr“ (Weil ich mich vorher geweigert hatte, die Tablette zu nehmen)

Sei lieb Gegrüsst,

Sara mit meinen drei Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

Diana30  02-06-2003, 20:27 Uhr

Liebe Sara!

Bei mir war es so:Bei mir wude die Geburt aus med. Gründen eingeleitet.Als ich das Gel bekam habe ich als erstes gedacht,ich weiß ja was jetzt auf mich zukommt.

Und auf einen Schlag waren sie da,fürchterliche Schmerzen:Kein Wehenschmerz,aber ein Schmerz der kaum auszuhalten war.Ich bekam zwar Schmerzmittel gespritzt,aber es hat nichts angeschlagen.Mir hat man dann manuell der Muttermund erweitert und dann ging alles ganz schnell.Auf einen schlag waren sie da die Preßwehen.

Ich hatte das Gefühl endlich kann ich etwas tun,aber zugleich die große Angst davor:Was mache ich wenn ich sie Schreien höre?????

Sie kann dann tot auf die Welt und ich hatte lange das Gefühl ich habe sie umgebracht.Für mich war während der Geburt immer der Gedanke da, ich mühe mich hier ab und habe keinen Erfolg im Arm.

Liebe Grüße

Diana mit Silvio an der Hand und Kim-Nova im Herzen (mehr zur Geburt hier)

SaraK  03-06-2003, 11:10 Uhr 

Liebe Diana,
ja, dieses Gefühl hatte ich auch – wofür die ganzen Schmerzen, wenn ich meinem Baby damit den Tod bringe.

Es ist so schwierig und im Nachhinein doch so wichtig und richtig, dass wir unsere Kinder gebären und und von ihnen verabschieden.

Stille Grüsse von

Sara mit meinen drei Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

CLAUDIA_JANETSMAMA 02-06-2003, 23:04 Uhr

Hallo liebe Sara ,

bei mir war es leider ganz anders
Janet´s Geburt war ja bis zum Zeitpunkt der Austreibungsphase ganz normal .Ich war zur Einleitung weil Janet über Et war und wir rechneten ja mit einem lebenden Kind .
Als dann Janet geboren war , und sie im Nebenzimmer lag war nur noch nackte Angst da . 20 min später fühlte ich mich nicht mehr als Mutter . Das war so schlimm so brutal von jetzt auf gleich .
Mein Kind war tot und ich keine Mutter mehr ……..
Dieses Gefühl das alles, alles weg war was innerhalb von 9 Monaten an Gefühlen in mir gewachsen war , war einfach nur grausam .
Leere abgrundtiefe Leere ……..
Nein , ich fühlte mich nicht als Mutter , es ist schwer zu beschreiben …..so haltlos….
Unwirklich ….ich war einfach nicht mehr …..
Stolz ???????? Kein bisschen …Muttergefühle …..nein  Es macht mich heute noch traurig und fassungslos das Da gar nichts war …… Das schlimme war , ich wusste wie man sich fühlt wenn man Mama wird ..dieser Stolz ……Ich habe ein Kind geboren ..diese Glückshormone ….man legt sich zurück und für Augenblicke ist da nur das vollkommene Glück ….. So Leer habe ich mich noch nie zuvor gefühlt …..
Ich habe solange diesem nicht vorhandenem Gefühl nach getrauert , war wütend und enttäuscht . Es hat solange gedauert bis ich Stolz war , stolz dieses wunderbare Kind geboren zu haben ….ich musste erst Trauerarbeit leisten bis ich an den Punkt kam wo ich sagen konnte ja Janet ist mein Kind , ja ich bin Mutter ……
Die Zeit fehlt mir auch heute noch …wie gerne hätte ich sie einfach nur angenommen ..wie gerne wäre ich stolz auf mich gewesen ……
Die Zeit nach der Geburt …..wird für mich noch lange der „ Knackpunkt“ das „unverarbeitete „ in meiner Trauer bleiben ……….
Aber ich bin froh das Du die Frage gestellt hast …so konnte ich wieder ein Stück zurückgehen .nachfühlen und vielleicht wieder ein kleines Stück aufarbeiten ….
Heute bin ich Stolz , Stolz auf mich und meine Zaubermaus
Ich wünsche Dir eine gute Nacht


Liebe grüße
Von Claudia

SaraK 03-06-2003, 11:04 Uhr 

Liebe Claudia,

Deine Gefühle erscheinen mir ganz verständlich.
Deine Janet wurde am Tag der Geburt mit so viel Freude erwartet. Alles kam so plötzlich und unvermittelt.

Mir fehlen die Worte!

Es ist klar, dass diese plötzlöiche Wendung stärkere Gefühle oder Fassungslosigkeit hervorgerufen hat, als das Glücksgefühl die Geburt Deines Kindes gechafft zu haben.
Zu begreifen, dass Deine Janet nicht bei Dir sein darf ist unglaublich…unmöglich.

Ich wusste ja, dass mein Lukas es nicht schaffen wird – und das Gefühl doch Mutter zu sein, doch ein Kind zu haben, ein niedliches, hübsches Kind und eben keine „Fehlgeburt“ war für mich ganz besonders.

Ich grüsse Dich ganz still – Danke!

Deine

Sara mit meinen drei Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

sandy29 03-06-2003, 00:17 Uhr 

Liebe Sara,

gleich nach der Geburt herrschte in mir das totale Gefühlschaos. Ich war einerseits erleichtert, dass ich meinen Jungen, nach drei unendlich langen, schrecklichen Tagen, auf die Welt gebracht hatte, andererseits aber war ich wie betäubt. Ich wusste, dass ich gleich noch in den OP zur AS musste, lag einfach nur da und konnte an nichts mehr denken.

Sowohl mein Mann als auch ich wurden vom Arzt vor der Geburt darüber aufgeklärt, dass Calvin das Priming, das mittlerweile ja drei Tage gedauert hatte, nicht überleben würde. So hatten wir uns ganz langsam von ihm, noch in meinem Bauch, verabschiedet. Aber es kam ganz anders. Nach der Geburt kam die Schwester ins Zimmer und fragte, ob wir unseren Jungen noch sehen wollten, er würde noch leben.

Und das war dann einfach zuviel für mich. Ich heulte und schrie nur noch, ich war völlig neben der Spur. Ich hatte damit nicht gerechnet und stand so unter Schock, dass unser Schatz das alles noch erleben musste und die Gedanken, dass unser Kleiner einen solchen Lebenswillen hatte und was wir ihm angetan hatten, brachte mich fast um den Verstand.

Und dann passierte, was ich mir bis heute nicht verzeihen kann. Ich konnte Calvin nicht zu uns nehmen. Auch mein Mann konnte es nicht, wir waren einfach völlig überfordert in dieser Nacht. In uns herrschte eine Panik, dass unser Schatz in unseren Armen sterben würde, die kaum auszuhalten war. Und so trafen wir diese immer noch völlig unbegreifliche Entscheidung.

Was gäbe ich heute darum, diesen Moment noch einmal ändern zu können. Aber es geht nicht. Diese Gedanken quälen mich seither ständig. Was sind wir für Eltern, die wir unser Baby bei der Schwester ließen, bis es für immer einschlief? Erst am frühen Morgen, nachdem ich nach der Narkose wieder bei mir war, haben wir Calvin zu uns geholt und uns von ihm verabschiedet.

Nun sitz ich wieder hier und heule ohne Ende, weil ich einfach keinen Weg finde, mit dieser Entscheidung klar zu kommen. Auch wenn ich heute Stolz empfinde und auch froh bin, dass es unseren kleinen Mann gab, überschattet das Gefühl, unseren Calvin so schmählich allein gelassen zu haben, doch alles. Und zwar mit einer solchen Intensität, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es sich jemals legt.

Traurige Grüße

Sandra mit Calvin im Herzen und Klein-Fraggle im Bauch (20+0)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Es ist viel dunkler, wenn ein Stern erlischt,
als es sein würde, wenn er nie gestrahlt hätte.

SaraK 03-06-2003, 10:53 Uhr

Liebe Sandra,

Las Dich mal drücken, wenn Du magst.

Es ist so verständlich, dass man in eurer Situation nicht
vorausschauend entscheiden kann.
Es kommt so viel zusammen. Die Trauer, die sowieso da ist,
dann das Wissen, dass euer Junge nicht lebt – und plötzlich
die Nachricht, dass er doch noch lebt.

Wie soll man es als Eltern schaffen, so schnell umzuschalten und zu erkennen, was richtig ist.
Ihr habt in eurer Situation gehandelt, wie ihr euch in dem Moment gefühlt habt und deshalb war es richtig und euer Junge weiß ganz sicher, dass ihr Beide ihn grenzenlos lieb habt!
Vielleicht hätte man von dem Personal im Krankenhaus erwarten können, dass sie euch mehr zur Seite stehen und dass jemand bei euch ist, der euch begleitet und euch hilft das durchzustehen und den für euch richtigen Weg zu finden.

Im Nachhinein gibt es so viel, was wir ändern wollen wenn wir es könnten aber wir können die Zeit nicht zurückdrehen, so sehr wir es uns auch wünschen.

Ich sende Dir ganz liebe, stille Grüsse,

Sara mit meinen drei Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

sandy29 03-06-2003, 11:35 Uhr

Liebe Sara,

danke für Deine lieben Worte. Mein Mann sieht es in etwa genau wie Du, nämlich dass wir diese Entscheidung in der Nacht aus dem Bauch heraus getroffen haben und es vielleicht auch gut so war, für uns. Er versucht mich immer damit zu beruhigen, dass unser Calvin nicht allein gewesen war, sondern bei der Nachtschwester, die sich um ihn gekümmert hat. Ein Trost ist es mir dennoch nicht.

Von dem Klinik-Personal hätte ich mir eigentlich keine bessere Betreuung wünschen können. Wir waren in den drei Tagen nie allein, immer sah jemand nach uns, redete mit uns, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, ob Ärzte oder Schwestern. Und eine Schwester saß lange bei uns und weinte mit uns. Von ihr bekamen wir das Buch von Hannah Lothrop.

Auch in der Nacht, als die Geburt anfing, sind wir keine Minute allein gelassen worden. Als gegen halb zehn die Wehen losgingen, kam die Nachtschwester und blieb ohne Unterbrechung bei uns und unterstützte uns so gut es ging, bis Calvin um 3.40 Uhr auf die Welt kam. Erst als wir nach der Geburt allein sein wollten, hat sie das Zimmer verlassen. Ich bin ihr noch heute für alles, was sie in dieser Nacht für uns getan hat, unendlich dankbar.

Als wir ihr sagten, dass wir Calvin nicht zu uns nehmen könnten, hat sie uns nicht bedrängt, sondern brachte uns sehr viel Verständnis entgegen. Ob das gut oder richtig von ihr war, mag ich heute nicht beurteilen. Vielleicht hätte sie ihn uns einfach bringen sollen, keine Ahnung. Dann würden mich heute nicht solche Vorwürfe plagen.

Aber so bleibt mir nur zu hoffen, dass ich irgendwann einmal besser mit der damaligen Entscheidung werde leben können.

Immer noch etwas traurige Grüße und auch eine liebe Umarmung an Dich

Sandra mit Calvin im Herzen und Klein-Fraggle im Bauch (20+0)

SaraK 04-06-2003, 10:39 Uhr 

Liebe Sandra,

Schön, dass ihr eigentlich doch so gut betreut wurdet! Es ist unheimlich wichtig, dass man nicht allein gelassen wird.

Du hast Recht – vielleicht hätte euch die Hebamme euren Sohn einfach bringen sollen – oder euch nochmal eindringlicher sagen, dass es zwar im Moment unüberwindbar schwierig zu sein scheint aber im Nachhinein doch wichtig ist.

Du hast damals nichts von Deinen heutigen Gefühlen gewusst. In dem Moment konntest Du nicht auch wenn Du heute sehr traurig darüber bist.

Ich kann das so gut verstehen!

Stille Grüsse von

Sara mit meinen drei Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

Claudi67 03-06-2003, 11:03 Uhr 

Liebe Sara,

direkt nach der Geburt – hm, das sah bei mir so aus:

Wir hatten nach der Nachricht, dass Sebastian nicht mehr lebt, 24 Stunden Zeit, bis es soweit war. Ich bekam zwar schon am Abend nach der letzten Untersuchung das erste Zäpfchen, aber es wirkte noch nicht, und die Hebammen, die dann Tagdienst hatten, ließen uns die Entscheidung, wann die nächste Medikamentengabe kommen sollte. (Da ich nach Annika schon das Buch von Hannah Lothrop gelesen hatte und wusste, wie wichtig das Geburtserlebnis ist, war ich irgendwie die ganze Zeit innerlich hellwach, wollte alles miterleben.)

Eine PDA wollte ich nicht, also bekam ich per Tropf Schmerzmittel, die aber auch nicht soo besonders wirkten. Die Wehen waren deshalb sehr heftig, aber es war trotzdem auch im Nachhinein die beste Entscheidung.

Die Geburt an sich war deshalb furchtbar schmerzhaft, weil Sebastian in Steißlage lag und Arzt und Hebamme wie wild auf meinem Bauch rumdrückten, um die Wehen mit zu unterstützen (ich hatte ja noch keinen Geburtsvorbereitungskurs mitgemacht…) und ihn herauszuziehen.

Kurz vor Ende der Geburt zog sich der MuMu plötzlich wieder zusammen – gerade, bevor das Köpfchen rauskam (… Was für eine Vorstellung!! Das war das Schlimmste für mich, auch wenn er nicht mehr lebte!); die Hebamme gab mir ein homöopathisches Mittel, um den Krampf zu lösen. Das wirkte dem Arzt wohl nicht schnell genug, ich wurde in den OP gefahren (wo sowieso noch anschließend eine AS gemacht werden sollte) – und auf dem OP-Tisch versuchte er es ein letztes Mal; ich bat Sebastian, doch dieses eine Mal noch mitzuhelfen – und schwupps, war er doch noch auf natürlichem Wege da. In diesem Moment war ich einfach nur glücklich, dass ich ihn ohne OP geboren hatte.

Als wir ihn dann im Körbchen gebracht bekamen, fühlte ich nur unglaubliche Liebe zu meinem Kind, war stolz, auf mich, dass ich ihn geboren hatte, und auf unseren Sohn – ganz überrascht, wie perfekt er doch schon aussah – so viel Ähnlichkeit mit seinem Vater! Leider traute ich mich damals nicht, ihn in den Arm zu nehmen (wusste nicht, ob das „erlaubt“ war, da keine Hebamme dabei war), hab ihm nur Köpfchen und Händchen gestreichelt.

Die Trauer begann erst, als die Hebamme ihn wieder holte und ich wusste, dass ich ihn nie wiedersehen werde…

Stille Grüße von einer in Erinnerung an diese Situation wieder unglaublich traurigen

Claudia mit Annika und Sebastian im Herzen

SaraK 04-06-2003, 10:32 Uhr

Liebe Claudia,

Ja – es ist so schwer, diese Liebe zu spüren und das Kind zu sehen, welches mein Kind ist und welches doch nicht bei mir bleiben darf.

Schade, dass man Dir nicht beigestanden hat und Dir gesagt hat, dass Du Dein Kind in den Arm nehmen darfst.

Aber Du durftest ihn streicheln und ihm einen kurzen und doch wichtigen Moment nah sein.

Ich bin froh, dass ich das auch durfte – ich könnte mir nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn sie mir Lukas einfach weggenommen hätten ohne dass ich Abschied nehmen konnte.

Viele liebe, stille Grüsse von

Sara mit meinen drei Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

Pirko 03-06-2003, 21:14 Uhr

Liebe Sara,

die Geburt unsers ersten Sohnes war selber leider nicht besonders schön, da ich keinerlei Betreuung im Krankenhaus hatte. Wenn Dich mehr interessiert kannst Du es auf unsere Website nachlesen:

Tobias Geburt

Als ich aber unsere Tobias im Arm hatte, da war und ist es auch noch heute, der schönste Augenblick in meinem Leben gewesen. Das hört sich sicher völlig paradox an, ein totes Kind im Arm zu halten, kann doch kein schöner Augenblick sein. Doch es war mein erstes Kind und ich war so überwältig von diesem Erlebnis. Also, auch wenn das meinen beiden jüngsten Söhnen gegenüber vielleicht etwas ungerecht ist, ich bleibe dabei. Allerdings waren die Geburten der anderen beiden so wunderschön, daß es mich dies für die erste Geburt entschädigt hat.

Liebe Grüße
Pirko

SaraK 04-06-2003, 10:29 Uhr

Liebe Pirko,

Ich habe eure Geschichte gelesen.

Es ist – ich habe es weiter oben auch schon geschrieben – wie so oft in der Trauer…sie hat so viele Seiten und auch „schöne“ Seiten, beeindruckende Seiten…widerspüchliche Grfühle die doch eins sind.

Es ist schon seltsam und ganz besonders, was wir durch und mit unseren Sternenkindern erleben, nicht wahr?

Viele Grüsse von

Sara mit meinen drei Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

ChristianeG  03-06-2003, 21:33 Uhr

Liebe Sara,

das ist eine sehr gute Frage..
die mich seit über zwei Jahren schon beschäftigt..

Vic hatte ja diesen Herzfehler,
ich erfuhr drei Wochen vor der Geburt diese Diagnose.
Bis zur Geburt stand bei mir die Frage offen,
behandeln oder ihn gleich gehen lassen…
Die Ärzte überliessen mir schon zu diesem Zeitpunkt,
drei Wochen vorher diese Entscheidung..

Sein Vater wollte ihn gleich gehen lassen…
Ich kämpfte..
Ich hatte eine sehr schmerzhafte Geburt, die mir bis heute noch in jedem Detail in Erinnerung
ist..
Vic war innerhalb von einer Stunde quasi rausgefallen,
doch als er da war..
war es für mich nur ein Gefühl von Glück, Frieden, Stolz.. er war für mich ein perfektes Baby..
Ich dachte nicht daran, dass er so krank war.. ohne Hilfe nur wenige Momente zu leben hätte…
Für mich war es mein kleiner Sohn.. er war so perfekt..
so wunderschön.. er war für mich in diesem Moment nicht krank..

Doch als die Ärzte ihn mir nach einem kurzen Augenblick wieder nahmen..
war ich plötzlich wie aus einem Nebel erwacht und in die Realität gesprengt worden..
„Helft meinem Baby, bitte helft ihm…!“
Tränen, Verzweiflung.. und kein Gedanke mehr daran ihn gehen zu lassen..

Noch heute höre ich oft meine eigenen Rufe..

Ich glaubte an Vic..
und jedesmal wenn ich an die letzten Worte meiner Hebamme dachte,
die während den Erstuntersuchungen von Vic zu mir kam..
überkommt mich ein Schauer..
„Frau Görtz, egal was die Zukunft ihnen bereit hält..

Ich denke.. Vic hat den Kampf weit vor seiner Geburt schon verloren …
und um so mehr ich über ihn nachdenke..
umso dankabarer bin ich über unsere drei geschenkten Tage..

Stille Grüsse
Christiane
mit Eric ganz fest an der Hand,
vielen vergossenen Tränen für *Victor*

SaraK 04-06-2003, 10:28 Uhr

Liebe Christiane,
Genau diesen Moment meinte ich – den Du beschrieben hast.
Einen kurzen Moment war ich einfach nur Mutter
und nichts anderes hat gezählt.
Es war wunderschön und es ist so traurig, dass dieser
Moment so schnell vorbei sein musste.

Du bist für Vic eine wunderbare Mutter.

Ich hatte in letzter Zeit Kontakt mit einer Redakteurin vom
ZDF. Sie macht eine Dokumentation über frühe Frühchen und wollte
eine Mutter finden, die es bereut hat, dass ihr Kind mit Intensiv-massnahmen am Leben gehalten wurde.
Deine Worte bestätigen mich darin, was ich ihr gesagt habe – wenn man sein Kind im Arm hält und bei sich hat würde man alles tun, um es bei sich behalten zu können.

Die klare Sicht hat man vielleicht vorher (wenn man mit diesen Fragen konfrontiert wird) und vielleicht auch eine Zeit später…aber wie soll man so weitgehende Entscheidungen treffen, wenn das geliebte Kind bei einem im Arm liegt und alles in einem danach schreit, es bei sich behalten zu wollen.

und ich weiß nicht, ob es Eltern gibt, die es bereuen, dass ihre Kinder leben?!?

Danke für Deine Worte,
eine liebe Umarmung von

Lukas, Ada und „Sternchen“ fest im Herzen und Jonas &Lennart im Arm

Susi2001 07-06-2003, 22:48 Uhr

liebe sara,

ich hatte zwar eine pda bei meikes geburt aber
an den schluß kann ich mich noch sehr gut erinnern….
ich war ja ende der 39ssw um genau zu sein 3tage vor
et.die geburt wurde eingeleitet…..obwohl man sagt das
eine erstgebärende für die geburt länger als 10 std. mit
allem braucht hatte ich meike in 6std. geboren.
ohne irgendwelche probleme.
ich habe erst geglaubt das sie nicht am leben ist,als ich
sie sah……etwas das mich auch heute noch fast
zerreisst war,daß ich ihr nicht in die augen schauen konnte!
ich hätte so gerne gewusst welche augenfarbe sie hat……
an diesem tag habe ich es noch nicht kapiert was los war.
als meine mutter später kam und weinte habe ich nur gedacht
„….warum weinst du denn es ist doch vorbei….“
ja es war vorbei…….aber für immer.
aber dafür war der nächste tag um so schlimmer!
mein kind wurde mir genommen und ich fühlte mich
als versager weil ich es nicht gemerkt habe als sie starb…..
das ich mich als versager fühle ist heute manchmal noch so.
ich weiß das ich es nicht hätte verhindern können aber
gegen diese ohnmacht kommme ich oft heute noch nicht an.
ich weiß nicht wie ich die schwere zeit danach und bei
meiner folge ss ohne meinen mann,meine familie und ganz
besonders CLAUDIAJANETSMAMA und der SHG geschafft hätte!
ich danke euch so sehr dafür!!!!

liebe meike,
ich vermisse dich so sehr!
aber ich könnte mir keine besseren schutzengen
für deine kleine schwester clara-marie vorstellen!!!!
bitte pass auf uns alle auf,ja?

liebe grüße

susanne, meike und clara-marie ganz fest im arm !!!