Carl Zuckmayer

Ich habe Angst vor dem Tod
Bein Einschlafen denke ich manchmal:
was wird mit mir sein, wenn ich nicht mehr aufwache?

Ich denke mir oft,
daß ich vor der Geburt
von meiner Mutter umgeben war,
in ihrem Leib, ohne sie zu kennen.
Dann brachte sie mich zur Welt,
und ich kenne sie nun und lebe mit ihr.

So, glaube ich ,
sind wir als Lebende von Gott umgeben,
ohne ihn zu erkennen.

Wenn wir sterben,
werden wir ihn erfahren,
so wie ein Kind seine Mutter,
und mit ihm sein.

Warum soll ich den Tod fürchten?

Carl Zuckmayer

Matthias Claudius

Im Jahre 1796 stirbt die zweitälteste Tochter Chrstiane Maria Augste mit erst 21 Jahren. Der erstgeborene Sohn Matthias ist bereits kurz nach der Geburt gestoben. Über diesen Schmerz und die Begegnung mit dem Tod kommt Claudius nicht so recht hinweg. In den vielen traurigen Zeilen, die sich Claudius zum Thema Tod von der Seele schreibt, ist jedenfalls kaum ein Trost zu finden.

Der Tod und das Mädchen

Das Mädchen:
„Vorüber! ach vorüber!
Geh wilder Knochenmann!
Ich noch jung, geh lieber!
Und rühre mich nicht an“.

Der Tod:
„Gib deine Hand, du  schön und zart Gebild!
Bin Freund und komme nicht zu strafen.
Sei guten Muts, ich bin nicht wild,
Sollst sanft in meinen Armen schlafen“

Matthias Claudius

Es stand ein Sternlein am Himmel,
Ein Sternlein guter Art;
Das tät so lieblich scheinen,
So lieblich und so zart!

Ich wußte eine Stelle
Am Himmel, wo es stand;
Tat abends vor die Schwelle,
Und suchte, bis ich’s fand;

Und blieb denn lange stehen,
Hatte große Freud in mir;
Das Sternlein anzusehen;
Und dankte Gott dafür.

Das Sternlein ist verschwunden;
Ich suche hin und her
Wo ich es sonst gefunden,
Und find es nun nicht mehr

Matthias Claudius

Mein kleiner Schmetterling

Zur Geburt unseres zweiten Sohnes Pascal haben wir von einer Freundin einen Schmetterlingsflieder mit dem Hinweis geschenkt bekommen:“Er wird, wenn er blüht, viele Schmetterlinge anlocken.“ Inzwischen sind drei Jahre vergangen und seit gestern blüht er wieder.Schmetterling

Über ein Duzend Schmetterlinge zähle ich darauf. Ein wunderbares Bild.

Es war kein Zufall, daß wir einen Schmetterlingsflieder bekommen haben. Genau vor 5 Jahren war ich so glücklich: Schwanger in der 20 Woche und dann wenige Wochen später, der Alptraum: Meinen ersten Sohn Tobias habe ich still geboren.

Während der zweiten Schwangerschaft, gut ein Jahr später, begleitete mich das Bild vom Schmetterling immer wieder. So beschreibt Elisabeth Kübler-Ross das Sterbeerlebnis:

Kann man es fassen
das Glück
intensiv
so stark
als wäre es unwirklich
kaum zu glauben
und doch
es ist da
es nimmt viel Platz ein
aber es ist noch Raum
für die Sehnsucht
und die einsamen stillen Tränen

aus der Geburtsanzeige von Pascal 03.05.1999

Das Sterbeerlebnis ist fast identisch mit der Geburt. Es ist eine Geburt in eine andere Existenz. Im Moment des Todes gibt es drei Stufen. Der körperliche Tod ist mit dem Geschehen identisch, wie wir es bei dem Heraustreten des Schmetterlings aus dem Kokon sehen können. Der Kokon samt seiner Larve ist der vorübergehende menschliche Körper. Diese sind aber nicht identisch mit Ihnen, sie sind nur ein vorübergehendes Haus, wenn Sie sich das so vorstellen können. Sterben ist nur ein Umziehen in ein schöneres Haus, wenn ich das symbolisch so sagen kann.

Elisabeth Kübler-Ross “Über den  Tod und das Leben danach”

Inzwischen habe ich bereits den dritten Sohn. Pascal und Gideon toben wie die Irren hier im Garten herum und Pascal begrüßt jeden Schmetterling voller Freude: „Eins, zwei, sieben, neun … ganz viele Metterlinge, Mama!“. Ich sitze hier, die Tränen laufen und denke doch glücklich: „Mein kleiner Schmetterling!“.

© Pirko Lehmitz, www.Stillgeboren.de 29.07.2002

Mein Engel!

Wie oft habe ich zu meinen Kindern gesagt:

„Mein Engel!“

Was bewegte mich eigentlich dazu, „mein Engel“ zu sagen?

Hier sitze ich und stelle mir diese Frage und lausche auf eine Antwort. LEERE!

Ich merke, dass ich es nicht d e n k e n kann. Ich kann es nur fühlend ertasten. „Mein Engel!“

Es ist Reinheit und Demut, es ist Sehnsucht und Liebe. Da ist etwas Unverlierbares, etwas Unvergängliches, etwas Immerwährendes. ENGEL!

Bote zwischen der dieseitigen und der jenseitigen Welt.

Nicht an Zeit und Raum gebunden. Fürsprecher und Schutz-Geber. SCHUTZ-ENGEL!

Es tauchen kindliche Gedanken und Gefühle auf. Textteile aus einem Nachtgebet. ENGEL, die ich mir zur Rechten und zur Linken, zu meinen Füssen und zum Haupte stellte. Eingehüllt in diese undruchdringliche Himmelsmacht, geschützt und gefeit gegen alles, was mir Böses zufügen könnte, konnte ich mich, in einem tiefen Gefühl von Geborgenheit, dem Schlaf hingeben.

Da ist es, dieses Kindliche, diese reine Gefühl der Gewissheit und des Behütetseins in Gott. Dieser Gott, der mich trägt und der mich hält.

Der, den ich angefleht und vor dem ich mich nieder geworfen hatte. Wie oft waren wir zu zweit und zu dritt in seinem Namen zusammen und haben ihn angerufen. Ich mußte auf graumsame Art lernen, dass weder die Anzahl noch die Intensität der Gebete eine Garantie zur Erfüllung unserer Wünsche sind.

Es ist auch der Gott, der selbst mich aushält!

Dieser Gott, der sich von mir anklagen und beklagen lässt.

Es ist dieser gleiche Gott, den ich nach dem Sterben meines Sohnes davon gejagt hatte. Der, von dem ich mich im Stich gelassen und verhöhnt gefühlt hatte.

Es ist aber auch der Gott, der geduldig vor der Tür meines Herzens stehen blieb und wartete, bis ich ihn wieder hinein ließ.

Heute weiß ich, ich kann nicht tiefer fallen als in seine Hand!

Danke mein Engel, dass Du mich heute berührt hast.

© Dieter Steuer, gehört am 23.3.203, Jahrestagung VEID

Wünsche

Nach dem Tod unseres Kindes, habe ich mir gewünscht, dass…

 

Was hättest Du Dir von nahestehenden Personen nach dem Tod Deines Kindes gewünscht?

… Du meine Tränen ertragen hättest.

…mich meine Hebamme auf die Geburt vorbereitet hätte

…Du mir zugehört hättest, als ich von Tobias sprechen wollte.

…Du an Tobias Geburtstag denkst,

…Du Dich über trauernde Eltern informiert hättest.

…Du meine Trauer auch als Trauer respektierst.

…Du einfach da gewesen wärest.

…ich meinen Sohn gebadet und angezogen hätte.

…Du uns vor “tröstlichen” Worten verschon hättest.

… sie in der Zeit als sie sterben musste in meine Hand nehmen und mich von ihr intensiver verabschieden zu können. (P.Engler)

…mir die Ärztin meine kleine in die Hand gegeben gibt (S.Engler)

…Du mich ein einziges Mal gefragt hättest, wie es mir nun geht. (Sandra Müller)

…Ihr mir einfach mal gesagt hättet:“Wenn du uns brauchst; wir sind für dich da!“ (Sandra Müller)

…mich einfach mal jemand in den Arm genommen und weinen lassen hätte. (Sandra Müller)

… ich mich von unserer Tochter verabschiedet hätte (Hoffmann)

…du unser nächstes Kind bitte bei uns läßt. (Wunsch an Gott von Theresia Jost)

…wir gemeinsam unsere Trauer gelebt hätten….

…mir mehr Zeit für meine Trauer gegeben worden wäre…. (Simone)

…Du für mich da gewesen wärst;

…Mir die Gelegenheit gegeben wird, meine Kleine zu sehen und mich von ihr zu verabschieden;

… sie nicht Tod geschwiegen wird;

…sie ein Teil unseres Lebens bleibt;

(Mayer Jeanette)

…mir jemand mit schonenden Worten gesagt hätte, was da eigentlich passiert ist.

…nach 3 fehlgeschlagenen schwangerschaften irgendjemand überhaupt bemerkt hätte, dass ich ein kind verloren habe!! alle sagten nur das das ja noch keine richtigen kinder waren und schweigen mich an und lassen überhaupt das thema zu. niemand der mich versteht oder der mir mal zuhört… weinen kann ich nur hier oder bei den schmetterlingskinder – und das auch nur wenn ich alleine bin.
cy

…Du nicht das Thema wechselst, wenn ich seinen Namen nenne

…Du mir nicht das Gefühl gibst, ich müsste mich noch entschuldigen, weil ich Dich mit diesem „Thema“ belästige

…Du das was ich sage, einfach so stehenlässt, auch wenn

…Du es nicht nachvollziehen kannst

(Birgit S.)

… dass ich richtig Abschied von Dir genommen, und damit ich heutewenigstens ein Bild von Dir hätte. Aber ich hörte auf andere…

(Katja A.)

…nicht nur ich um dich geweint hätte

…man mir gesagt hätte , ob es ein Mädchen oder ein junge gewesen wäre.

…dass wenigstens ein Arzt, versucht mir eine Erklärung zu geben, beide male

….dass Du mich weinen lässt, wann immer ich das Bedürfnis danach habe, beide male

….dass Du mit mir gemeinsam durch diese schlimme Zeit gegangen wärst, beide male

….dass Gott, wenn nachdem er mir meinen ersten Sohn genommen hat, mir nichtauch noch nach neun Monaten meine zweiten Sohn nimmt.

…vom Vater meiner Töchter, daß er meiner unendlilche tiefe Trauer versteht und mich unterstützt wenn wieder geschmacklose Kommentare Dritter gekommen wären.

… das der Vater ins Krankenhaus gekommen wäre,um sich von seinem Sohn zu verabschieden!

… meine Eltern die Möglichkeit bekommen hätten ihre Enkeltochter nochmal zu sehen, da sie es sich sooooo sehr gewünscht haben (was nicht möglich war, weil wir in Frankreich leben und sie in Deutschland).

Ich habe Rebecca niemals gesehen. Sie war einfach aus meinem Leben verschwunden.

Dann auf einmal passiere „es“, ohne dass ich so recht einverstanden war. Die ganze Zeit war ich noch in der Sorge, ob auch alles gut gehen würde. Die ersten Vorsorgeuntersuchungen waren aber völlig unauffällig. Erst gegen Mitte der Schwangerschaft trug der Arzt in meinen Mutterpass unter „Besonderheiten“ eine Abkürzung mit drei Buchstaben ein und umkreiste sie rot. Als ich ihn darauf ansprach, erklärte er mir, dass die Plazenta im vorderen, unteren Becken liege und dies nicht sehr günstig für die Geburt sei. Es bestünde die Gefahr, dass bei Wehen und Öffnen des Muttermundes Blutungen von der Plazenta ausgingen.

Außerdem veränderte sich mein damaliger Ehemann durch diese Schwangerschaft in ein unvorstellbares Scheusal. Wir waren inzwischen in ein neues Haus mit viel Platz und Komfort gezogen. Aber er fing an mich zu verspotten, wie ich aussähe mit meinem dicken Bauch. Es war so erniedrigend. Immer öfters kam er jetzt völlig betrunken nach Hause, weckte mich dann mitten in der Nacht auf und fand immer Gründe mich zu demütigen und zu beleidigen. In meiner Hilflosigkeit setzte ich mich im Badezimmer zwischen Toilette und Badewanne auf den Boden und weinte … weinte … weinte.

Alles das hat meine Tochter Rebecca mit erlebt. Alle diese Worte und Beschimpfungen, alle diese Erniedrigungen, hat sie gehört. Sie hat sich wohl gedacht, dass draußen eine traurige Welt auf sie warten würde.

Der Geburtstermin war für Ende Mai. An Fasching waren wir mit meiner Tochter zusammen auf einem Umzug in dem kleinen Ort. Von den geschmückten Wagen wurden Bonbons geworfen. Ich stand mit meinem damaligen Ehemann und meiner Tochter am Straßenrand, um zuzusehen. Auf einmal traf mich eines oder mehrere Bonbons mit voller Wucht auf meinem schwangeren Bauch. Mir tat das sofort weh und als ich zu dem Wagen hinsah, waren dort einige Jugendliche, die lachten, ich schließe daraus, dass sie absichtlich auf meinen Bauch gezielt hatten.

Ob dies die Ursache für das weitere war, weiß ich bis heute nicht. Ende Februar kam ein Bekannter, um das Babyzimmer zu tapezieren und anschließend wollte ich es einrichten, die Babysachen waschen, mich auf das Baby vorbereiten.

An diesem Abend, als wir mit der Renovierung gerade fertig waren, lag ich im Bett, meine damals 6-jährige Tochter im Kinderzimmer nebenan, der Vater der beiden war wie meistens „unterwegs“. Kurz bevor ich einschlief sah ich auf einmal einen kleinen weißen Kindersarg, aber nicht im Traum, sondern, so als hätte mir jemand dieses Bild „eingespielt“. Ich dachte, was ist das denn? Wachte einen Moment noch mal ganz auf. Aber dann schlief ich wieder ein.

In der Nacht wurde ich auf einmal davon geweckt, dass ich Fruchtwasser verlor. Ich wurde völlig panisch, weil ich dachte, das wäre alles Blut und das Baby würde gleich hinterher rutschen.

Ich rief nach meiner kleinen Tochter, weil ich nicht wagte, aufzustehen. Sie kam dann auch aus ihrem Zimmer, ich sagte, sie solle einfach am Telefon eine Nummer wählen und sagen, dass ihre Mama ein Baby bekommt, blutet und Hilfe bräuchte. Aber das klappte nicht, dann fiel mir zum Glück die Notruf-Nummer ein. Ich versuchte, so gut ich konnte, meine Tochter zu beruhigen, bat sie ganz langsam einzeln die Ziffern 110 zu wählen und sagte ihr den Text nochmals vor, den sie sagen sollte, mit unserem Namen und der Anschrift.

Dann kamen auch ziemlich zeitgleich ein Polizei- und ein Krankenwagen, eine Nachbarin, die sich zum Glück um meine Tochter kümmerte und mein betrunkener Ehemann. Ich kam in das Krankenhaus, wo ich auch schon meine erste Tochter entbunden hatte und wo alle Vorsorge-Untersuchungen stattgefunden hatten. Man stellte dort fest, dass ich einen Riss in der Gebärmutter hätte und schlug mir vor, einen Wehentropf anzuhängen und zu hoffen, dass er sich wieder verschließt. Von diesem Moment an fing ich richtig an, um Rebecca zu kämpfen. Ich dachte, meine erste Tochter sei ein Weihnachtsmädchen und wenn dieses Kind es bis Ostern schaffen würde, dann hätte sie eine gute Chance zu überleben. Ein Kaiserschnitt kam durch meine Vorgeschichte nicht in Frage, also hoffte ich Tag für Tag, dass das Baby wachsen würde und so lange in meinem Bauch bleiben, bis es groß und stark genug wäre für die Welt draußen.

Nach einigen Wochen stellten die Ärzte bei einer Ultraschall-Untersuchung fest, dass das Baby nicht mehr weiter wuchs. Zudem waren bei meinem nächsten EKG die Werte so schlecht, dass mir die Ärzte nahe legten, die Infusionen zu beenden. Ich wollte das auf keinen Fall, aber die Ärzte beharrten auf dieser Entscheidung. Sie versprachen, mir die höchst-mögliche Dosis dieses Medikamentes oral zu verordnen. Aber gleich einen Tag nach dem der Tropf entfernt war, bekam ich Wehen.

Der Oberarzt kam und sagte mir, dass das Baby sehr schlechte Chancen hätte. Ich bettelte um einen Kaiserschnitt, der aber auch abgelehnt wurde. Als mir die Tränen kamen, bekam ich von dem Oberarzt gesagt, ich solle mich nicht so anstellen, ich wäre noch jung und könnte noch viele Kinder bekommen, was denn andere Frauen in meiner Situation sagen würden, wo das nicht mehr möglich wäre.

Ich kam in den Kreissaal, wurde an den Wehenschreiber gehängt und hatte regelmäßige Wehen. Noch immer hatte ich die Hoffnung, dass alles doch noch gut gehen könnte, nicht aufgegeben. Aber dann hörte ich an den Herztönen des Babys, dass sie immer leiser wurden, immer weniger, immer unregelmäßiger. Ich hörte, wie mein Baby in meinem Bauch starb.

Auf mein entsetztes Gesicht hin, stellte die Hebamme den Ton des Gerätes ab. Kurze Zeit später erschien der Oberarzt und versuchte, das Baby zu holen, aber es ging nicht. So bekam ich eine Narkose. Als ich wieder erwachte, war das Baby weg.

Ich habe Rebecca niemals gesehen. Sie war einfach aus meinem Leben verschwunden. Das Personal der Klinik wusste viel besser, was für mich das Richtige wäre, wenn ich anfragte, ob ich meine Tochter nicht einmal sehen könnte, wurde das verneint. Auf meine Frage nach einer Beerdigung, damit ich wenigstens ein Grab für sie hätte, wurde gesagt, das ginge nicht. Das einzige, was ich durchgesetzt habe war, dass sie nicht als „Totgeburt“ eingetragen wurde, sondern als Rebecca. Ihr Vater, der bei der Geburt anwesend war, mich sogar, als ich die Narkose bekam, im Arm hielt und als ich wieder aufwachte, war er so noch immer da, hatte sie gesehen und mir erzählt, dass sie ausgesehen hätte, wie unsere große Tochter. Um die Nabelschnur hätte sie eine Entzündung am Bauch gehabt. Sonst wäre sie sehr hübsch gewesen und hätte ausgesehen, als ob sie schliefe.

Ich lag nun zwischen Wöchnerinnen in der Klinik, die regelmäßig ihre Babys zum Stillen gebracht bekamen. Besucht wurde ich außer von meinem damaligen Ehemann von den Ehefrauen der Kollegen meines Ex-Mannes, von den Töchtern meines ältesten Bruders, die als Jugendliche verlegen um mein Bett standen, von einem Pfarrer, der mir irgend etwas von Hiob erzählte und von meiner Mutter, die obwohl ich sie darum gebeten hatte, nichts von meinem Kummer und meiner Trauer nach außen zu tragen, glücklich war, endlich mal in unserem Ort die Nummer eins zu sein, die direkt vom Ereignis berichten konnte. Sie war wer …

Ein einziger Besuch war mir eine Wohltat, ein befreundeter Psychologe setzte sich neben mich, wir waren alleine in einem Raum, er stellte mir seine Schulter zur Verfügung. Ich lehnte mich daran und weinte. Wir wechselten sonst kein Wort, das war auch nicht nötig.

Das Personal der Klinik so wie die anderen Frauen der Station behandelten mich zum Teil mit Verlegenheit, zum Teil, dass ich das Gefühl bekam, ich sei Schuld, Allen so viele Unannehmlichkeiten gemacht zu haben. Jeden Tag bekam ich wort- und kommentarlos eine Tablette angeboten „zur Beruhigung“, auf meine Frage, wie lange ich diese zu Hause einnehmen solle, bis man davon ausgehen könnte, dass mir das Erlebte nichts mehr ausmachte, bekam ich keine Antwort. Auch meine Entscheidung, diese Mittel nicht einzunehmen wurde einfach nur zur Kenntnis genommen.

Nach meiner Rückkehr aus dem Krankenhaus war ich völlig damit überfordert, wie ich mit meiner damals sechsjährigen Tochter umgehen sollte, wie ihr erklären, wo das Baby beblieben ist, wenn man selbst noch voller Schmerz und Trauer ist? Bis zum heutigen Tag ist dies ein Thema, über das meine Tochter und ich kaum reden. Ich vermute, dass sie selbst ein großes Trauma durch all das erlebt hat, aber ich respektiere ihre Entscheidung und denke, dass sie in dem für sie richtigen Moment an diesen Teil ihres Lebens zurück geht. Zum Glück haben wir eine so liebevolle Mutter-Tochter-Beziehung, dass sie sich der Tatsache, dass sie auch hier auf mich bauen kann, sicher bewusst ist.

Das einzige, das sich positiv veränderte, war die Beziehung zu meinem damaligen Mann. Durch diesen Schock wurde er plötzlich richtig häuslich und zuverlässig, sogar mit dem Trinken hörte er auf.

Ungefähr drei Monate nach der Geburt von Rebecca hatte ich aus heiterem Himmel einen sehr schlimmen Migräne-Anfall. Ich leide schon seit vielen Jahren unter Migräne, aber dies war nicht vergleichbar, mit dem was ich kenne. Ich legte mich ganz flach auf mein Bett, meine Tochter wurde von ihrem Vater versorgt, der selbst ganz erschrocken war, wie schlecht es mir auf einmal ging. Trotz dieser heftigen Attacke fiel ich auf einmal in einen Schlaf, als ich davon aufwachte, waren meine Kleidung, mein Bettzeug, alles vollkommen nass-verschwitzt. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich etwas geträumt habe, oder was genau passiert ist, aber ich weiß, dass ich danach aufstand und das Gefühl hatte, jetzt sei der schlimmste Schmerz über Rebeccas Tod überstanden.

Danach traf ich bei einer Nachsorge-Untersuchungen eine ehemalige Freundin wieder. Sie machte mir Mut, baute mich auf und sagte, ich solle so schnell als möglich wieder schwanger werden.

Sie empfahl mir ihren Frauenarzt, zu dem ich nun auch wechselte. Ich verhandelte mit ihm, wie schnell ich wieder schwanger werden könnte. Von den Ängsten vor der Schwangerschaft mit Rebecca vor einer Thrombose keine Spur mehr. Auch in meiner Ehe war auf einmal alles ganz anders. Und so wurde ich fünf Monate später wieder schwanger.

Doch durch diese Schwangerschaft wurde mein Ex-Mann wieder der alte, bzw. noch schlimmer, als vorher. Jetzt wurde er auch körperlich gewalttätig. Ich lebte jeden Abend, wenn er nicht nach Hause kam, und das war meist der Fall, mit der Angst, in welchem Zustand er nachts nach Hause kommen würde. Einmal stieß er mich so heftig an einen Türrahmen, dass mein ganzer Rücken voller blauer Flecken war. Ich erzählte einer Freundin davon, ihr kamen die Tränen und sie überredete mich, damit zu einem Arzt zu gehen, damit er diese Verletzungen sieht. Aber mir wurde gleich gesagt, dass das nicht viel nützt, weil er nur aussagen könnte, welche Verletzungen ich hätte, nicht wie ich dazu kam.

Ich hielt noch etwas über ein halbes Jahr nach der Geburt meines gesunden Sohnes in dieser Ehe aus. Als Höhepunkt hatte er mich nach der Geburt im Krankenhaus mit seiner damaligen Freundin gemeinsam besucht. Zur Geburt wollte ich eigentlich alleine fahren, meine Tochter war zu dieser Zeit bei meiner Schwester untergebracht. Leider kam er noch so rechtzeitig von der Gaststätte nach Hause, dass er mit mir in die Klinik fuhr. Dort führte er sich so katastrophal auf, dass ihm die Ärzte und das Personal androhten, ihn hinaus zu werfen. Ich schämte mich so für ihn und mit ihm.

Als ich aus der Klinik kam, war nichts für mich oder das Baby vorbereitet. Niemand freute sich. Es gab keine Blumen. Nur eine Wohnung, die aufgeräumt werden musste, wo von der ganzen Woche, die ich im Krankenhaus war, das verdreckte Geschirr zu spülen war.

Und das war erst der Anfang. Der Vater meiner Kinder lehnte jeden Kontakt zu seinem eigenen Sohn ab. Er nahm ihn nicht in den Arm, um ihn zu füttern. Er behandelte ihn so, dass ich anfing, nachts mit einem Messer unter dem Sofa im Wohnzimmer zu schlafen und zu hören, in welches Zimmer er nach seiner Rückkehr gehen würde und bereit zu sein, falls nötig, meinen kleinen Sohn vor seinem eigenen Vater zu schützen.

Mir gegenüber wurde er nun nicht mehr gewalttätig, denn ich hatte ihm gesagt, dass ich alles den Kollegen in seiner Firma sagen würde. Er wusste, dass dies keine leere Drohung von mir war.

Als mein Sohn ca. acht Monate alt war, trennte ich mich endlich von ihm.

„Erlaubnis“ dafür hatte ich mir davor von einem Pfarrer geholt, dem ich dies alles geschildert hatte und der mir sagte, ich solle sofort gehen. Nicht morgen – nicht übermorgen – sondern sofort.

Seither habe ich in all den Jahren in der Zeit von Ende Januar bis zu Rebeccas Geburts- bzw. Todestag am 14. März ein seelisches Tief. Egal, was ich auch versucht habe, ich schaffte es nicht, dies zu überwinden. Einmal zum Beispiel hatte ich die Idee, diesen Tag nicht als ihren Todestag zu begehen, sondern die Tatsache zu würdigen, dass dies ja auch ihr Geburtstag ist. Ich lud meine beiden Kinder und meinen Schwiegersohn für abends zum Essen ein. Wir saßen in einem Lokal, wo auch ein Platz für Rebecca frei gehalten wurde. Mein Schwiegersohn stellte mir viele Fragen zu Rebecca, die ich ihm alle gerne beantwortete. Aber da er meine sowie meiner Kinder tiefe Trauer dazu fühlte, war er sehr vorsichtig. Wir waren in einem asiatischen Lokal, meine große Tochter mag dieses Essen so gerne. Es lief eine leise Hintergrundmusik auf Band und auf einmal hörten wir den Titel: „Happy birthday“, uns allen standen die Tränen in den Augen.

Durch eine Talkshow-Sendung im Fernsehen wurde ich eines Tages auf die Internet-Seite der Schmetterlings-Kinder aufmerksam. Dort fand ich zum ersten Mal Menschen, mit denen ich über alles dies offen reden konnte, wo ich mich sofort angenommen und verstanden fühlte. Ich bin all den Menschen dort, die ich nicht einmal persönliche kenne, besonders, denen, die diese Seite eingerichtet haben, unendlich dankbar.

Mir fiel zwar auf, dass die meisten Eintragungen dort von Betroffenen waren, die ihre Kinder vor nicht so langer Zeit verloren haben, wie das bei mir der Fall ist, aber ich dachte nicht wirklich darüber nach. Mein Eindruck war, dass wir alle dasselbe Leid und Schicksal zu tragen haben und jeder das auf seine Art in der für sich richtigen Art und Weise tut.

Mit wurde erst klar, dass ich es noch nicht wirklich geschafft habe, dieses Erlebte wirklich zu verarbeiten, als ich im letzten Sommer durch ein ganz alltägliches Erlebnis, nämlich, dass ein kleines Mädchen aus dem Auto an der Ampel vor mir ausstieg und sich von seiner Mutter verabschiedete, wahrscheinlich um zur Schule zu gehen, eine Panikattacke bekam.

Ich wurde in einer psychosomatischen Klinik behandelt und dort wurde mir durch ein Gespräch mit der Oberärztin klar, dass ich noch weit davon entfernt war, mit all dem Erlebten Frieden zu schließen. In erster Linie war und ist es für mich noch immer furchtbar, dass Rebecca aus meinem Bauch verschwunden war und für mich einfach weg. Ich habe bis heute keine Ahnung, wo sie ist, was mit ihr passiert ist. Wurde sie verbrannt? Wurde eine Obduktion durchgeführt? Ich habe kein Grab, nichts. Erstaunlich ist auch, dass ich, obwohl ich so fest an Wiedergeburt glaube und davon überzeugt bin, dass es zum Beispiel Engel gibt, keine Idee hatte, wo meine Rebecca ist.

In der Klinik schenkte mir eine junge Frau, ohne meine Geschichte zu kennen, einen kleinen wunderschönen Engel. Als ich ihn in der Hand hielt, so friedlich schlafend, da hatte ich zum ersten Mal eine Idee, wo meine Tochter ist und wie sie jetzt aussieht.

Und noch etwas sehr tröstliches für meine Seele habe ich in dieser Klinik von einem katholischen Geistlichen geschenkt bekommen (obwohl ich evangelisch bin), er hat mir gesagt, dass meine Tochter direkt unter meinem Herzen aus der Liebe ihrer Mutter in die liebenden Hände GOTTES gefallen ist. Weil sie nichts anderen kennt, ruft sie von dort: „Mama, komm auch her – hier ist es so schön“.

Mit dem Engel und einigen anderen Dingen, die mir am Herzen liegen habe ich nun innerhalb unserer Wohnung einen Platz für Rebecca eingerichtet. In der Klinik habe ich inzwischen die Befunde angefordert und nachgefragt, was mit ihrem Leichnam passiert ist. Ich habe das Gefühl, ihr dies schuldig zu sein.

Meine beiden lebenden Kinder sind inzwischen erwachsen. Meine Tochter ist verheiratet und hat selbst ein wundervolles Mädchen geboren. Ich hätte nie erwartet, dass zwischen Oma und Enkelin eine solche tiefe Liebe möglich wäre. Eine Freundin hat mir einmal erklärt, in ihrer Heimat Griechenland bedeute Oma Zweimal Mutter. Und das stimmt für mich genau. Ich bin jetzt zweimal Mutter für dieses kleine Menschenkind.

Mein Sohn sucht noch nach seiner Lebensspur. Aber ich bin nicht mehr ganz so voller Sorge um ihn und habe inzwischen mehr Vertrauen und Hoffnung, dass er diese findet.

Ja – und Rebecca. Rebecca habe ich keinen Tag meines Lebens vergessen und werde das auch nie. Durch den Kontakt mit anderen betroffenen Müttern, die ein Schmetterlings-Kind haben, habe ich gelernt, dass ich nie wieder sagen werde: ich habe zwei Kinder. Nein, ich habe drei Kinder, zwei sind einzigartige, erwachsene Menschen geworden und eines ist mein Schmetterlings-Engel Rebecca. Vielleicht finde ich mit ihr eines Tages meinen Seelenfrieden. Was ich nach vielen Jahren gefunden habe ist, dass ich sie genau so lieb haben darf, wie meine beiden lebenden Kinder.

Vor wenigen Wochen fand nun das Gespräch in der Klinik statt, wo ich Rebecca am 14.03.1982 tot geboren habe.

Für dieses Gespräch und für die Hilfe, das Verständnis und Mitgefühl, das ich von Seiten der heutigen Klinik-Leitung und des Oberarztes, der mit mir die damalige Akte durchgesehen und wirklich ALLE meine Fragen ehrlich beantwortet hat, bin ich sehr dankbar und berührt. In diesen Unterlagen befanden sich zwei Ultraschall-Bilder, die beide recht kurz vor der Geburt erstellt worden waren. Diese Bilder habe ich bei mir. Auf einem davon ist fast nichts zu erkennen, es sieht aus, wie ein dunkler Punkt mit Umrissen und diese Umrisse wurden vermessen und mit einer Zahl versehen. Aber auf dem anderen Foto habe ich auf einmal das Gesichtchen meiner Tochter zum ersten Mal gesehen. Mein erster Gedanke war, dass es so aussieht, als hätte sie es „absichtlich in die Kamera gehalten“.

Traurig ist, dass Rebecca mit dem heutigen Stand der Technik und des medizinischen Fortschritts eine Überlebens-Chance von ca. 80 % hätte.

1982 betrug diese Chance nur 20 % und hiervon wieder eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie anschließend behindert gewesen wäre.

Ich weiß jetzt um die Hintergründe, die den damaligen Blasensprung ausgelöst haben und denke, dass es ein Fehler war, meine Tochter nach dem Blasensprung so lange zu halten, dadurch ist es zur Entzündung der Plazenta gekommen und letzt-endlich zu ihrem Tod. Auch die Tatsache, dass ich (obwohl ich darum gebeten hatte), keinen Not-Kaiserschnitt erhielt, ist nach meiner Meinung eine traurige Falsch-Behandlung der damaligen Ärzte. Sie haben meiner Tochter noch nicht einmal die kleine Chance von 10 %, dass sie eben doch diesen Start gesund hätte überstehen können, gegeben.

Und warum ich für die Geburt selbst (auch wenn sie mit Saugglocke ausgeführt wurde) eine Vollnarkose erhielt und dies für mich zur Folge hatte, dass ich anschließend aufgewacht bin – und mein Kind war einfach weg … auch dafür gibt es keine heute nachvollziehbare Erklärung.

Gestern habe ich in einem sehr freundlichen Brief von Seiten des Krankenhauses erfahren, dass sie mir selbst bei der Ermittlung des Grabes erfolgreich geholfen haben, in dem meine kleine Tochter anonym beerdigt wurde. Ohne diese Hilfe wäre mir das nicht möglich gewesen, denn in dem zuständigen  Beerdigungsinstitut konnte man mir nicht weiter helfen, dort existieren keine Aufzeichnungen mehr über diesen Zeitraum und der damalige Chef ist inzwischen verstorben. Auch für diese rasche Mühe und Hilfe danke ich der Klinik-Leitung und dem zuständigen Oberarzt sehr.

Ich glaube, dass ich JETZT für mich an einem sehr wichtigen Ziel angekommen bin: Meine Tochter Rebecca ist nun Teil meines Lebens geworden, sie hat ihren Platz, der ihr durch die damaligen Umstände nicht eingeräumt wurde, erhalten. Und ich kann endlich auch an ihrem Grab für sie beten, mit ihr reden und ihr auch dort hin Blumen bringen.

Durch all dies habe ich zum einen noch einmal ein wirkliches Meer von Tränen gefühlt aber auch diese Hoffnung: NUN IST ES GUT. (weiter Grab)

Ulrike
www.beepworld.de/members69/ulrikeyannah/rebecca.htm

Wenn ein Mensch gestorben ist – wie gehen wir mit dem Toten um?

TauschBickelnUntersuchungen haben dann jedoch folgendes ergeben:

Frauen, die Gelegenheit hatten, das tote Kind noch einmal- zu sehen, vielleicht auch zu berühren oder zu streicheln und ihre Gefühle von Schmerz, Trauer und Wut zuzulassen und auch hierbei Hilfe bekamen, fühlten sich weniger lange von Trauer belastet.

So unterstützt das Pflegepersonal heute Mutter und Väter, Abschied von ihrem Kind zu nehmen. Ein Arzt in einer Frauenklinik:

Nach unseren Erfahrungen möchte etwa ein Drittel aller Frauen ihr Kind sehen oder m den Arm nehmen. Ein weiteres Drittel betrachtet oder berührt ihr totes Kind auf unser eindringliches Zuraten hm. Das letzte Drittel will das Kind nicht sehen, betrachtet es aber häufig am nächsten Tag in unserer Begleitung oder will jedenfalls eine Fotographie anschauen (Gottfried Lutz und Barbara Künzer-Riebel, Nur ein Hauch Leben].

Mit sehr viel Würde, Zeit und Achtung war es einer Freundin von uns möglich, ihr totgeborenes Baby zu verabschieden. So konnten sie und ihr Mann trotz des Schmerzes um den Verlust auch das Wunder dieses Lebens spüren:

»An einem Morgen in der 21. Schwangerschaftswoche leitete die Hebamme die Geburt ein. Noch me habe ich so wahnsinnige Schmerzen gehabt. Doch endlich gleitet sie, unsere Tochter, aus mit hinaus. Sie ist tot.

Mein Mann und ich betrachten den kleinen Körper mit Scheu und doch voller Neugier. Anfangs getrauen wir uns kaum, ihn zu berühren. Ich ermuntere Bern, meinen Mann. das Kind aufzunehmen und mir auf die Brust zu legen. Der kleine Körper ist noch ganz warm, kühlt dann aber erstaunlich schnell ab. Alles an diesem Kind ist perfekt ausgebildet. Es ist ein wunderschönes Mädchen. unvorstellbar, daß sie nicht leben kann. Die Haut ist extrem dünn, durchsichtig fast, schmettelingsartig fein. An mehreren Stellen hat sich die Haut dunkelviolett verfärbt, wie wenn sich das Mädchen an etwas gestoßen hatte. Die Augen sind geschlossen. Wir legen den kleinen Körper so auf meine Ernst, daß es bequem auf die Seite liegt. Die winzig kleinen, perfekten Hände legen sich mit den Handinnenflächen nach oben und bilden eine schalenartig Form. Wir entdecken kleinste Handlinien, und das berührt uns tief. Die Öhrchen liegen dicht am Köpfchen an. Das Kind hörte selbst etwa eine Woche Töne. Ich ließ es häufig Mozarts Wiegenlied hören. Noch einmal spielen wir ihr dieses Lied. Wir streichelten das Kind, dankten ihm für seis Dasein, für die Freude, die es uns gebracht hat, für die Hoffnung, die es leben ließ. Wir danken ihm auch für seine Schönheit und versuchen unter all dem Schmerz anzunehmen. daß es nicht lange leben wollte.

Die Hebamme ist während die ganzen Zeit mit uns, teilt mit uns die Freude und den Schmerz. Sie hat es mir ermöglicht, das Kind daheim zu gebären und mm zu verabschieden.

Nach zwei, die Stunden nehmen wir Abschied. Die letzte Blicke, das letzte Wort, die letzte Berührung und ein letzter Dank. Beni hat die marmorierte. wunderschöne Schachtel, die ich von einer Reise aus Venedig mitgebracht habe, mit Papier ausgelegt, und wir legen unser Kind hinein. Die Hebamme nimmt das Kind mit in das Geburtshaus und wird den Leichnam dort aufbewahren, solange, bis wir den Krematorionsschein bekommen und das Kind in das Krematorium bringen können. Es ist mir selbst wichtig zu wissen, wo das Kind

bis zur Verbrennung aufbewahrt wird.

Ein paar Tage später gehen die Hebamme und ich zum Bestattungsinstitut. Das Mädchen tragen wir in die Schachtel wohlbehütet mit uns. Dei Mann vom Bestattungsinstitut übergibt uns den kleinsten Sarg, den sie haben. Ei ist schneeweiß. Für Kinder haben sie weiße Särge. Wir sagen das Kind ein. Ich nehme es behutsam aus die Schachtel. Es sieht immer noch wunderschön aus, tiefgeforen ist es nun. Doris, die Hebamme, sagt, sie hatte es manchesmal betrachtet. Das empfinde ich schon. Ich bette das Mädchen in den weißen Satin des Sarges.

‚Wir fahren in das Krematorium. Hier muß ich den Sarg abgeben. unser Mädchen wird morgen kremiert. Da es mir, trotz intensivster Bemühungen meinerseits, nicht gestattet wild, bei der Kremation dabei zu sein, zeigt mir die Mann, die die Kremation vornehmen wird, die Leichenhalle, wo das Kind aufbewahrt wild, und die Krematorionsöfen. Ich bin ihm dafür dankbar, so kann ich morgen das Geschehen besser in Gedanken begleiten.

Am nächsten Tag holen dann mein Mann und ich die Urne ab. Auf dem Karton steht: Dubs, Mädchen, Nummer 100007. Unser Mädchen! Wir fahren zu uns nach Hause und glauben das kleine Tännchen aus, das ich aus dem Wald geholt und in unserem Garten gepflanzt habe, als ich die Gewißheit hatte, daß ich schwanger bin.

Es ist schon sehr gewachsen. Dann gehen wir in den Wald und suchen uns eine schöne Stelle aus mit viel Licht und Blick ins Weite, etwas erhöht. In die Nähe steht eine große, alte Tanne, sie soil das kleine Tännchen und unser Mädchen beschützen. Wir graben ein Loch, legen die Asche von unserem Mädchen hinein und setzen das Tännchen. Die Kerzen brennen an ihrem Grab, und Beni und ich beten ein Vaterunser.“

Daniela Tausch-Flammer, Lis Bickel
“Wenn ein Mensch gestorben ist – wie gehen wir mit dem Toten um?”, S. 94 ff .

„Ich möchte euch gerne meinen Sohn zeigen“

Manu 02-03-2004, 10:40 Uhr 

Ihr Lieben,

ich möchte euch gerne meinen Sohn Maximilian zeigen, denn ich bin soooo stolz auf ihn. ich finde, er sieht einfach nur toll aus. Man könnte denken, er schläft nur.

Ich hoffe, ihr seid nicht böse, dass ich ihn hier zeige, aber ich möchte meinen Sohn „der ganzen Welt“ zeigen. Und ihr schaut die Sternenkinder auch mit dem herzen an und nicht nur mit den Augen.

Mein Maximilian ist das Beste, was ich jemals geleistet habe !!!

MaximilianIch dachte früher immer, das alle Babys gleich aussehen und ich meinen Sohn nicht erkennen würde. Aber als ich ihn gesehen habe, da dachte ich es nicht mehr. er hat doch sehr typische, ausgeprägte Gesichtszüge. Die „Schnute“ und das Kinn (ja es ist ein Grübchen) hat er von meinem Mann, die kleine Stubsnase und der dunkle Lockenkopf ( sind nicht rot ) ist von mir.

Auch ich habe ein Bild von meinem kleinen Mäxchen in der Geldbörse und die Leute, die ich kenne und ihn sehen wollen, kann ich jederzeit das Bild zeigen. Ich finde das auch nicht komisch, man hat ja auch Bilder von anderen Personen dabei.

Liebe Grüße

Manu mit *Maximilian* im Herzen

Am liebsten hätte ich sie nie wieder losgelassen.

Geburt von Jolina Melissa

So gegen 20.30 Uhr hat mir Birgit ( das ist meine Hebamme) die Fruchtblase aufgepieckst. Das Fruchtwasser lief dann nur so raus. Ab da ging dann auch alles ganz schnell. Ich musste mich dann mal zur Seite drehen, damit sich die kleine auf in Richtung Ausgang machen konnte.

Das ging dann alles wirklich Ruck-Zuck. Ich presste und presste und presste. Und siehe da, um 21.11 Uhr war sie dann da:

* Jolina Melissa *
Größe: 44 cm
Gewicht: 1810 g
Haarfarbe: dunkelblond
35. SSW

Ich kann Euch gar nicht beschreiben was das für ein tolles Gefühl war, als ich dann plötzlich meine Tochter im Arm hielt. Mir war in diesem Moment nicht wirklich klar das sie tot ist. Na ja zumindest nur im Unterbewusstsein. Für mich war wichtig das ich sie in meinen Armen halten konnte, sie anschauen konnte und ihr einfach nur zeigen kann, wie sehr ich sie liebe.

Swen hat die Nabelschnur abklemmen dürfen. Er war sehr gerührt als er die Kleine sah. Sie war so bildhübsch, einfach nur süß. Unsere Hebamme Birgit, eine wirklich tolle Frau, kümmerte sich sehr liebevoll um uns und auch um unsere Kleine Maus. Sie hat sie gewaschen, angezogen, Fotos gemacht und natürlich eine Karte mit Hand- und Fußabdrücken sowie einer kleine Locke.

Über Gefühle kann man meines Erachtens nicht so viel schreiben. Ich kann eigentlich nur sagen, das es die schönsten Momente meines Lebens waren, als ich meine Jolina geboren habe und sie dann in meinen Armen halten durfte.

Swen und ich verbrachten dann etwa 5 Stunden mit unserer Tochter im Kreißsaal. Am nächsten Tag haben wir sie dann auch noch besucht und uns richtig von ihr verabschiedet. Sie sollte zur Obduktion geschickt werden. Dies geschah auf unseren Wunsch hin. Wir wollten unbedingt wissen, was daran Schuld war, das unsere Tochter nicht bei uns sein durfte.

Ich musste dann noch bis zum 20.09.03 in der Klinik bleiben. Swen durfte die ganze Zeit bei mir sein.

Der Aufenthalt in der Klinik war für uns beide sehr angenehm. Die Ärzte, Schwestern und Hebammen waren alle sehr nett und einfühlsam. Bis zum Tag meiner Entlassung hatte sich das nicht geändert. Jolina wurde nicht wie „ein totes Baby“ behandelt, sondern wirklich sehr liebevoll. Halt wie „unser totes Baby“. Man kann das schlecht beschreiben. Wir haben uns jedenfalls gut aufgehoben gefühlt im EVK – Bergisch Gladbach.

Der Abschied fiel uns natürlich sehr schwer. Am Tag der Geburt verbrachten wir viele Stunden mit Jolina im Kreißsaal. Richtig verabschieden konnte ich mich jedoch nicht von ihr. Ich wollte einfach nicht begreifen, dass ich sie nie wieder sehen würde.

Am liebsten hätte ich sie nie wieder losgelassen. Am Tag nach der Geburt sind wir noch einmal in den Kreißsaal um uns nun von unserer Tochter zu verabschieden, da sie ja zur Obduktion geschickt werden sollte. Wir hatten vorher ausgemacht, das wir sie nicht mehr in den Arm nehmen und auch nur kurz bleiben würden. Das ging aber irgendwie nicht. Als wir sie sahen hatten wir einen unheimlichen Drang sie in den Arm zu nehmen und ganz nah bei ihr zu sein. Wir blieben auch viel länger als geplant bei ihr. Und schon wieder wollten wir sie nicht hergeben. Aber wir mussten. Irgendwie trennten wir uns dann doch schweren Herzens von ihr.

Es hat mir fast das Herz gebrochen als wir den Kreißsaal verließen.

Swen kümmerte sich dann um die Bestattung. Er rief das Bestattungsinstitut an und machte einen Termin für eine Beratung aus. Am Montag, den 22.09.2003 hatten wir dann den Termin beim Bestatter. Mir war ein wenig mulmig als wir dann dort ankamen. Wir wurden sehr nett begrüßt und dann in ein wunderschön hergerichtetes Zimmer gebeten. Der Berater war sehr nett und auch sehr einfühlsam. Wir besprachen dann die Einzelheiten. Swen und ich hatten uns dazu entschieden das wir alles selbst machen würden. Wir wollten den Sarg bemalen, den Sarg selbst ablassen und auch das Grab selbst schließen.  All das war bei diesem Bestattungsinstitut möglich. Die haben sich so ins Zeug gelegt für unsere kleine Jolina.

An diesem Tag durften wir unsere Kleine sogar noch einmal sehen. Wir hatten frische Sachen für die Bestattung rausgesucht. Während des Beratungsgesprächs wurde die kleine Maus hübsch gemacht und in einen schönen Sarg gelegt. Im Trauerzimmer durften wir dann noch ein wenig bei Ihr sein. Sie sah so friedlich aus. Es tat so gut sie noch einmal zu sehen.

Die Beerdigung wurde auf den 26.09.2003 gelegt. Wir sind dann noch zum Friedhof um einen Platz auszusuchen. Unser Friedhof hat eine kleine Stelle für Sternenkinder. Dort wird Joli es gut haben.

Silke
http://www.jolina-melissa.de.vu/
Diana30 (26.06.2003)

Ich empfinde sehr viel Wärme für Leonie, sie sah aus als würde sie nur schlafen.

 Leonie ist meine erste Tochter. Ich habe sie am 29.04.2002 still geboren.

Im siebten Monat haben Thomas und ich erfahren, das sie Trisomie 13 hat und keine Überlebenschance. Es gab 2 Möglichkeiten: entweder man bricht die Schwägerschaft ab oder man trägt das Baby aus. Ich habe mich für das Austragen entschieden. Ich konnte mir nicht vorstellen, sie her geben zu müssen. Meine Schwester hat eine Freundin, der sie das erzählt hat und die hat das denn ihrer Hebamme erzählt, die wie es der Zufall ist in meine Gegend gezogen ist. Sie war sehr neugierig, mich und Thomas kennen zulernen. Ich habe sie dann auch angerufen und wir habe unLeonies super verstanden. Sie hat mich den Rest der Schwangerschaft begleitet und auch Leonie auf die Welt gebracht. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Wovor ich angst hatte war, daß Leonie sich nicht drehen tut. Helga (meine Hebamme) meinte, ist doch egal, sie ist ja net so groß.

Am 28.04.02 um 20h habe ich sie das letzte Mal gespürt, da habe ich nur geweint!!! Am 29.04.02 hat mich Helga angerufen und ich habe es ihr erzählt. Sie kam auch gleich und hat versucht, die Herztöne zu hören, aber sie konnte leider nichts hören. Dann sind wir ins Krankenhaus. Dort wurde dann gegen 13 Uhr der Tod festgestellt.

Ich bekam ein Scheidenzäpfchen. Man meinte zu uns, daß ich so gegen 19h noch eins bekommen würde.  Ich würde dann auf die Frauenstation gebracht. Mein Mann ist dann nach Hause, um ein paar Sachen für mich zu holen. In der Zwischenzeit habe ich versucht, etwas zu schlafen, da ich sehr starke Kopfschmerzen bekam. So gegen 15h kam eine sehr liebe Freundin von uns zu mir ins Krankenhaus. Sie hat sich sehr lieb um mich gekümmert!!! Ca um 17h hatte ich auf einmal ganz starke Schmerzen, aber die Schwester kam nicht und so hat Thomas Helga angerufen. Sie war dann ca um 17:30h bei uns im Krankenhaus. Da die Schwestern mir verboten hatten Aufzug stehen blieb ich liegen. aber Helga meinte laufen würde mir besser tun. So liefen wir den Flur auf und ab. Helga hat dann den Arzt angerufen, damit man feststellen kann, wie weit der Muttermund schon auf ist. Aber der Arzt kam irgendwie nicht, so hat Helga das denn gemacht. Da war der Muttermund so um die 3 cm auf. Sie hat dann entschieden, daß wir in den Kreissaal gehen. Steffi und Thomas sind dann auch mit rüber.Wweil ich sehr starke schmerzen hatte, wollte ich eine Pda haben. Nach der Pda habe ich versucht, etwas zu schlafen, aber ich habe gehört, daß Thomas meinte, er wisse nicht, ob er das durchstehen werde mit der Geburt. Was ich gut verstehen kann, am liebsten wäre ich auch nicht dabei gewesen.

Steffi mußte dann um 22h nach Hause. Ich habe Thomas dann auch so gegen 22:15h nach Hause geschickt, damit er den Katzen was zu fressen geben konnte. Aber er wollte wieder kommen, das hat er mir versprochen. Er wollte mich in der schweren Stunde nicht alleine lassen. Die schmerzen wurden wieder unerträglich, so daß er Helga geholt hat, bevor er nach Hause ist. Sie hat dann noch mal nach dem Muttermund geschaut und da war er ca 6cm auf. Auf einmal meinte sie, ich solle mal pressen. Am 29. April 2002 um 22:37h war Leonie denn endlich da. Kurz danach kam auch Thomas wieder. Als er unser Baby sah hat er nur noch geweint. Sie war so perfekt. Helga hat sie dann gewogen und gemessen. Sie war 37 cm und stolze 1100g schwer. Leonie hatte die Füße von Thomas und die Ohren von mir. Thomas und ich hatten sie beide auf dem Arm. Ich empfinde sehr viel Wärme für Leonie.

Nach der Geburt bin ich dann duschen gegangen, Thomas und Leonie sahen mir zu. Das heißt ja eigentlich nur Thomas. Sie sah aus als würde sie nur schlafen. Wir haben uns dann bis 00:30h von ihr verabschieden können. Sie sah so perfekt aus. ich habe die Mundgaumenspalte gar nicht richtig war genommen. Am nächsten Tag haben wir noch Hand- und Fußabdrücke von ihr gemacht. Ich mußte ja die Nacht da bleiben wegen der pda, wäre lieber mit nach Hause. Steffi kam am nächsten Tag auch wieder zu uns. Sie hat mich keine Sekunde aus den Augen gelassen, was ich sehr schön fand.

Meine andere Schwester wollte dann ein Foto von Leonie haben, was ich ihr dann auch per e-mail geschickt habe. Im Mai haben wir sie beerdigt. einen Tag danach hab ich dann eine e-mail von meiner Schwester bekommen, wo dann drin stand, daß meine 6 jährige Nichte Alpträumt von Leonie bekommen habe. Ihr glaubt gar nicht wie ich mich da gefühlt habe!!!  Seit dem Tag ist sie unten durch bei mir. Habe das Foto dann noch meiner besten Freundin geschickt und ihre Kinder sind jünger als meine Nichte. Selina hat sich das Foto auch angeschaut und fand nichts dabei, was mich dann wieder etwas aufgeheitert hat.

Am 07. Mai 2002 haben wir sie dann beerdigt, was mir sehr schwer gefallen ist. Alle haben immer nur mich gefragt, wie es mir geht, aber nie Thomas. Dabei hat er doch auch ein Baby verloren!!!  Wir sind einmal die Woche bei ihr auf dem Friedhof

LeonieGrabMeine Gefühle zu dem Bild sehr warm, ich denke gerne an Leonie, auch wenn ich sie nicht so gekannt habe :(.und ihr Bild hängt bei uns in der Wohnung. bis jetzt hat noch keiner was dazu gesagt, daß wir das Bild aufgehängt haben. Toni schaut sich ihre Schwester sehr gerne an und gibt ihr dann immer einen Kuß. Leider hat sie sonst keiner gesehen,  weil sie ja um 22:37h auf die Welt kam. mein Dad hat das Holzkreuz für uns gemacht. und im August ist er auch gestorben, was mich sehr fertig gemacht hat. Damit konnte ich überhaupt nicht umgehen. Aber danach bin ich denn mit Antonia schwanger geworden und ich habe mir gedacht, daß Leonie und mein Dad nicht wollen, daß ich traurig bin!!!

Fast ein Jahr später kam Antonia auf die Welt, kerngesund. Meine größte Angst war, daß sie am 29.04 komme, aber sie wollte lieber einen Tag früher kommen.  Jetzt Weihnachten (2004) habe ich einen Schwangerschaftstest gemacht. Jetzt bekommt Leonie noch ein Geschwisterchen.

Kathleen
Dezember 2005
Diana30 (26.06.2003)